Alex Rider 02: Gemini-Project: Alex Riders zweiter Fall
breiten Schultern, dunklem Haar und Pickeln zum Wagen schlenderte, auf der Fahrerseite stehen blieb, sich hinunterbeugte, dann weiterging. Plötzlich spürte er, wie Wut in ihm aufstieg. Der Junge hieß Colin und noch vor zwölf Monaten war er Alex’ bester Freund gewesen. Damals war Colin bei allen beliebt gewesen. Aber dann hatte sich alles geändert. Er war launisch und verschlossen und in der Schule immer schlechter geworden. Plötzlich wollte niemand mehr etwas mit ihm zu tun haben – und das lag an den Drogen. Alex hatte sich nie viele Gedanken über Drogen gemacht. Er wusste nur, dass er selber nie welche nehmen würde. Aber es war ihm klar, dass der Mann im weißen Auto nicht nur ein paar hirnlose Schüler vergiftete, sondern allmählich die ganze Schule.
Ein Polizist auf Patrouille tauchte auf und ging auf das Tor zu. Einen Moment später war der weiße Wagen verschwunden und hinterließ nichts als eine schwarze Wolke aus seinem löchrigen Auspuff. Alex hatte sich aufs Rad geschwungen, trat in die Pedale und fuhr schnell über den Schulhof, vorbei an der Schulsekretärin, die auch gerade auf dem Heimweg war.
»Nicht so schnell, Alex!«, rief sie ihm hinterher und seufzte, als er sie nicht weiter beachtete.
Miss Bedfordshire hatte schon immer eine Schwäche für Alex gehabt, wusste allerdings nicht genau, warum. Sie war die Einzige in der Schule, die sich Gedanken darüber machte, ob hinter der angeblichen Grippe nicht noch mehr steckte.
Der weiße Skoda gab kräftig Gas, bog erst links ein, dann rechts und Alex fürchtete schon, er würde ihn aus den Augen verlieren. Aber dann schlängelte sich das weiße Auto durch das Gewirr der Seitensträßchen, die zur King’s Road hinaufführten. Er geriet in den Vier-Uhr-Berufsverkehr und blieb ungefähr zweihundert Meter weiter vorn stehen.
Zu Beginn des 21 . Jahrhunderts ist die Durchschnittsgeschwindigkeit im Londoner Straßenverkehr wahrscheinlich niedriger als vor hundert Jahren. An einem normalen Arbeitstag überholt ein Fahrrad jedes Auto – auf jeder Strecke. Und Alex fuhr nicht irgendein Fahrrad. Er besaß immer noch seinen Condor Junior Roadracer , ein Rad, das extra für ihn hergestellt worden war. Erst vor Kurzem hatte Alex es mit einer integrierten Bremse und einem Schalthebel für die Lenkstange aufrüsten lassen, und er brauchte nur mit dem Finger zu schnipsen, um zu spüren, wie das Rad einen Gang hochschaltete und das federleichte Titaniumzahnrad sich geschmeidig unter ihm drehte.
Er holte den Wagen in dem Augenblick ein, als dieser gerade um die Ecke bog und sich in den Verkehr auf der King’s Road einfädelte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass Skoda in der Stadt blieb, aber irgendwie hielt Alex es nicht für wahrscheinlich, dass er allzu weit fahren würde. Der Drogendealer hatte die Brookland-Schule nicht nur deshalb gewählt, weil er sie früher selbst besucht hatte. Sie lag sicherlich auch in seiner Nachbarschaft – nicht zu nah von zu Hause entfernt, aber auch nicht zu weit davon entfernt.
Die Ampel wurde grün und der weiße Wagen schoss vor, Richtung Westen. Alex trat langsam in die Pedale, blieb ein paar Autos zurück, für den Fall, dass Skoda zufällig in den Rückspiegel schaute. Sie gelangten zu der Ecke, die World’s End genannt wird, und plötzlich war die Straße frei. Alex musste in einen anderen Gang wechseln und kräftig treten, um das weiße Auto nicht aus den Augen zu verlieren. Der Wagen fuhr weiter, durch Parson’s Green und hinunter Richtung Putney. Alex wechselte die Spur und schnitt einem wütend hupenden Taxi den Weg ab. Es war ein milder Tag und er spürte die schweren Schulbücher in seinem Rucksack. Wie weit würden sie noch fahren? Und was würde er tun, wenn sie am Ziel waren? Alex fing an, sich zu fragen, ob das Ganze so eine gute Idee gewesen war, als der Wagen plötzlich anhielt.
Skoda war auf einen Parkplatz neben der Themse nicht weit von Putney Bridge eingebogen. Alex blieb auf der Brücke und beobachtete, wie der Drogendealer ausstieg und sich in Bewegung setzte. Die Gegend wurde gerade saniert, ein Häuserblock mit ›prestigeträchtigen Wohnobjekten‹, wie das Bauschild anpries, verschandelte die Londoner Skyline. Im Augenblick war das Gebäude nicht mehr als ein hässliches Skelett aus Stahlträgern und vorgefertigten Betonblöcken, auf denen es von Männern mit Schutzhelmen wimmelte. Es gab Bulldozer, Betonmaschinen und über dem Ganzen einen riesigen kanariengelben
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