Alex Rider 08: Crocodile Tears
Geschichte zweier italienischer Kannibalen, bedeutete aber in Wirklichkeit: Ich strebe und vollbringe.
»In den Gängen wird nicht gerannt, Alex!«
Die Schulsekretärin Miss Bedfordshire begrüßte Alex mit einem ihrer Lieblingssprüche, obwohl er keineswegs gerannt, sondern nur schnell gegangen war. Sie war aus einem Klassenzimmer getreten und verstellte ihm den Weg.
»Tag, Miss Bedfordshire.«
»Schön, dich zu sehen. Hattest du erholsame Ferien?«
»Ja, danke.«
»Und willst du das restliche Schuljahr bei uns bleiben? Es wäre mal eine Abwechslung.«
Alex hatte im letzten Jahr fast die Hälfte der Zeit gefehlt und Miss Bedfordshire hatte die vielen Atteste über seltsame Krankheiten immer etwas verdächtig gefunden.
»Ich hoffe es«, sagte er.
»Vielleicht solltest du mehr Obst essen. Du weißt schon, einen Apfel am Ta g …«
»Ich versuch’s.« Alex ging rasch weiter. Er spürte den Blick der Sekretärin im Rücken. Manchmal fragte er sich, wie viel sie wusste.
Die nächsten zwanzig Minuten vergingen mit dem üblichen Small Talk. Tom Harris kam wie immer zu spät und sah in seiner neuen Uniform, die ihm eine Nummer zu groß war, richtig verwahrlost aus. Seine Eltern hatten sich vor Kurzem scheiden lassen und er hatte die Weihnachtsferien bei seinem großen Bruder in Neapel verbracht. Alex hatte die beiden bei seinen Nachforschungen zu Scorpia kennengelernt – und Tom wusste als einziger Mitschüler von seiner Arbeit für den MI6. Mit Tom kamen zwei Mädchen. Zusammen drängten sie sich in die Turnhalle zur Schülerversammlung.
Sie begann wie immer mit einem Lied aus dem Gesangbuch. M r Bray, der Direktor, bestand darauf, obwohl alle anderen Schulen diese Tradition längst abgeschafft hatten. Die dreihundert Schüler, die sich in die Halle gezwängt hatten, sangen schrecklich falsch. Nachdem der letzte Akkord verklungen war, setzten sie sich und lauschten einer erbaulichen Rede des Direktors, die wie gewöhnlich zu lang war. Diesmal ging es um den Respekt vor anderen, vor sich selbst und besonders vor der Gemeinschaft. Tom schien aufmerksam zuzuhören und stützte dabei den Kopf auf die Hand. Nur Alex sah das weiße Kabel des iPod in Toms Ärmel verschwinden und hörte das leise Tisch-ta-ta-tisch .
M r Bray war bei den Personalien angelangt. Er stellte einen neuen Schülerbetreuer vor und verabschiedete zwei Lehrer.
»Eins bleibt noch zu erwähnen«, schloss er. »Ich freue mich, euch mitteilen zu können, dass die Labore, in denen es letztes Jahr aus ungeklärter Ursache gebrannt hat, endlich wieder zur Verfügung stehen.«
Alex rutschte unbehaglich auf seinem Platz hin und her. Er hatte das Feuer aus nächster Nähe erlebt und kannte den Grund dafür. Zum Glück hörte Tom nicht zu. Er hätte Alex’ Unruhe bemerkt und mit dem, was er sonst noch über ihn wusste, vielleicht zwei und zwei zusammengezählt.
»Ich wünsche euch viel Spaß mit den neuen Räumen und erfolgreiches Arbeiten.«
Die Versammlung war zu Ende und der Unterricht begann. In Alex’ Fall hieß das Geschichte, gefolgt von Mathematik und Gemeinschaftskunde, eine abwechslungsreiche Mischung für den ersten Vormittag nach den Ferien. Am Nachmittag hatten sie Erdkunde bei Mike Gilbert, einem jungen Lehrer, der noch voller Elan war. M r Gilbert hatte krause Locken und eine Brille und trug als Markenzeichen knallbunte Krawatten. Er hatte der Klasse die Hausaufgabe zur Gentechnik aufgegeben, an der Alex in Schottland gearbeitet hatte. Sie gehörte zum Jahresthema »Rohstoffe und Nahrungsmittel«.
»Ich hoffe, ihr habt alle über Gentechnik nachgedacht. Das ist ein sehr ernstes Thema«, sagte M r Gilbert. »In ein bis zwei Monaten solltet ihr eure Aufsätze abgeben. Ich habe übrigens eine gute Nachricht.« Er hob einen Brief hoch. »Vor Weihnachten habe ich das Greenfields Bio Centre in Wiltshire angeschrieben. Ihr habt bestimmt schon davon gehört. Die Nachrichten berichten ständig darüber. Es handelt sich um ein privates, in Pflanzenwissenschaften und Mikrobiologie führendes Institut, das sich besonders in der Entwicklung neuer Gentechniken hervorgetan hat und am Rand der Salisbury Plain eine große Forschungseinrichtung betreibt. Ich habe angefragt, ob wir das Institut besichtigen und vielleicht mit einigen Wissenschaftlern sprechen dürfen – und sehr zu meinem Erstaunen eine Zusage erhalten. Ich hatte nicht erwartet, dass der Besuch von Schülern genehmigt würde, weil ein großer Teil der Forschungsarbeit geheim ist.
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