Alex Rider 08: Crocodile Tears
treten?
Fußstapfen, die ihn hierhergeführt hatten.
»Alex Rider?«
Sie mussten sich von hinten angeschlichen haben, während er neben dem Grab hockte. Ohne den Kopf zu heben, wusste Alex, dass ihm Ärger ins Haus stand. Es lag an der Stimme – sie klang weich und drohend und hatte einen schwachen ausländischen Akzent.
Ganz langsam drehte Alex sich um und blickte auf. Drei Männer standen am Fuß des Grabes, Chinesen in Jeans und locker sitzenden Jacken. Sie wirkten ganz ruhig, als machten sie einen Spaziergang über den Friedhof und seien dabei zufällig auf Alex gestoßen. Doch Alex ließ sich nicht täuschen. Vielleicht waren die Männer ihm nach der Schule gefolgt. Oder sie wussten, dass er manchmal diese Abkürzung nahm, und hatten hier auf ihn gewartet. Jedenfalls war die Begegnung mit Sicherheit kein Zufall. Sie hatte nur einen einzigen Zweck.
»Tut mir leid«, sagte er, »ich bin James Hale. Sie sind an den Falschen geraten.«
Beim Sprechen sah er verstohlen nach rechts und links. Die Sonne ging bereits unter und der Friedhof war menschenleer – nirgends ein vorbeispazierender Pfarrer oder Kinder auf dem Heimweg von Brookland. Alex hatte nur seinen Rucksack dabei. Eine Waffe würde er auf einem Friedhof nicht finden. Höchstens einen Spaten, den ein nachlässiger Totengräber vergessen hatte.
Doch er hatte Pech. Sechs Gräber weiter links wartete zwar ein offenes Grab auf seinen Bewohner, aber eine Schaufel war nicht zu sehen. Was kam sonst infrage? Neben ihm stand ein kleiner steinerner Engel zum Andenken an einen großartigen Vater, schmerzlich vermissten Opa und wunderbaren Ehemann . Warum gab es über die Toten immer nur Gutes zu sagen?
Der Mann, der Alex am nächsten stand, lächelte hämisch. Nikotin hatte seine Zähne braun gefärbt. »Du bist Alex Rider«, beharrte er. »Das ist das Grab deines Onkels.«
»Sie irren sich. Das ist mein früherer Nachbar.«
Die drei Männer wirkten einen Moment lang verunsichert. Ihr Anführer fasste sich als Erster. »Du kommst jetzt mit!«, sagte er entschlossen.
»Warum? Wohin wollen Sie mich bringen?«
»Keine Fragen. Komm!«
Alex blieb neben dem Grab hocken. Was würde als Nächstes passieren? Die Antwort erfolgte prompt. Auf ein Zeichen des Wortführers hin hielten die Männer wie durch Zauberei plötzlich Messer in den Händen. Alex betrachtete die silbernen Klingen, die aus drei Richtungen auf ihn zeigten. Sie waren gezahnt und rissen deshalb besonders hässliche Wunden. Die Männer hatten sich um ihn verteilt und waren in Kampfstellung gegangen. Sie hatten das Gewicht gleichmäßig auf beide Füße verteilt und hielten ihre Messer auf gleicher Höhe. Er hatte es mit Profikillern zu tun, die so etwas nicht zum ersten Mal machten.
»Was wollen Sie?«, fragte er betont gleichgültig. »Ich habe kein Geld.«
»Wir wollen kein Geld.« Einer der beiden anderen Männer spuckte ins Gras. Seine Augen glitzerten, die Lippen waren zu einem bösen Dauergrinsen verzerrt.
»Major Yu schickt uns«, sagte der Anführer.
Winston Yu! Er steckte also dahinter. Der Chef der Snakehead-Bande, an deren Zerschlagung Alex in Thailand mitgewirkt hatte, meldete sich aus der Hölle, in die man ihn geschickt hatte. Offenbar hatte er posthume Rachepläne hinterlassen.
»Major Yu ist tot«, erwiderte Alex.
»Du hast ihn getötet.«
»Nein. Als ich ihn das letzte Mal sah, war er auf der Flucht. Wenn Sie mich fragen, ist der Tod das Beste, was ihm passieren konnte. Aber ich habe damit nichts zu tun.«
»Du lügst.«
»Was ist der Unterschied? Mit Major Yu ist es aus und vorbei. Mir nachzulaufen macht ihn nicht wieder lebendig.«
»Du wirst für seinen Tod büßen. Deshalb sind wir hier.«
Die Männer konnten jede Sekunde angreifen. Alex sah ihre Messer schon auf sich niedersausen. Sie würden ihn in Bauch und Brust treffen und auf dem Friedhof verbluten lassen. Dann war die nächste Beerdigung seine eigene. Das musste er verhindern.
Er ergriff die Initiative. In der Hand hielt er noch die verwelkten Rosen, die er vom Grab seines Onkels aufgelesen hatte und deren spitze Dornen sich in seinen Handteller bohrten. Er zog den Arm nach oben und schleuderte sie dem ersten Mann ins Gesicht. Der Mann zuckte zusammen, als die Dornen ihn trafen, und er einen Moment lang nichts mehr sah. An seinem Lid hing eine verwelkte Rose. Alex sprang auf, trat mit dem Fuß nach hinten und rammte ihm den Fußballen in den Magen. Der Mann riss erschrocken die Augen auf und ging ächzend zu
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