Alex Rider 08: Crocodile Tears
würde er eine Ausrede erfinden. Wenn er Glück hatte, wusste hier niemand von den Ereignissen des Vortags. Und die Wachen in Greenfields waren zwar bewaffnet gewesen, aber dass sie in unmittelbarer Nähe eines großen internationalen Flughafens Pistolen trugen, war unwahrscheinlich.
Doch niemand hielt ihn an. Auch Kameras gab es definitiv nicht. Alex ging an einigen übervollen Müllcontainern vorbei. Sie waren überwiegend mit ausgedientem Hausrat gefüllt – alten Schachteln und kaputten Möbeln. Dazu kamen allerdings auch ein paar seltsame Dinge wie ein Plastikkaktus, ein Schwertfisch und eine verkleinerte Nachbildung der Freiheitsstatue ohne die Hand mit der Fackel. Hinter einigen Büschen sah er ein parkendes Auto. Er wollte sich schon ducken, da merkte er, dass es sich um einen ausgebrannten, auf Ziegeln statt Rädern stehenden schwarzen BMW aus den Vierzigerjahren handelte. Der BMW befand sich zwischen anderen Requisiten alter Filme, die hier gedreht und längst vergessen worden waren. Elms Cross war einmal eine Traumfabrik gewesen, allerdings schon längst stillgelegt worden.
Alex kam zur ersten Halle. Auf der Wellblechwand stand in gelben Schablonenbuchstaben STUDI O A. Das riesige Schiebetor war offen, die Halle selbst war abgesehen von einer ölig glänzenden Wasserpfütze und einem Haufen alter Bretter leer. Irgendwo zwischen den Dachbalken gurrte eine Taube. Das Geräusch hallte überlaut durch den Raum. Auch die zweite Halle war leer. Alex begann schon zu fürchten, dass er umsonst hergekommen war. Hier war niemand. Was sollte jemand wie Desmond McCain auch mit einem ehemaligen Filmstudio anfangen? Der Reverend hatte wohl ein anderes Elms Cross gemeint.
Alex sah auf die Uhr. Viertel nach elf. Jack war jetzt auf dem Heimweg. Er holte sein Handy heraus, um sie anzurufen. Doch er hatte keinen Empfang.
»Es ist alles bereit.«
»Dann überlasse ich den Rest euch.«
Die zweite Stimme gehörte einer Frau. Alex duckte sich instinktiv hinter ein niedriges Mäuerchen, ein weiteres Filmrequisit aus bemalter Pappe und Holz. Er hatte die Stimme von Dr . Myra Bennett sofort erkannt. Im nächsten Augenblick sah er, wie sie aus dem dritten Studio trat. Sie trug einen Regenmantel, den sie sich mit einem Gürtel eng um die Hüften gebunden hatte. Zwei Männer begleiteten sie. Alex schaute sich nach weiteren Anwesenden um, sah aber niemanden. Offenbar waren die drei allein.
Dr . Bennett nickte den Männern zu. »Wir sehen uns dann in Greenfields wieder.«
Alex bemerkte erst jetzt die zwei Autos, die in der schmalen Einfahrt zwischen Studio B und C parkten. Myra Bennett stieg in eins davon und fuhr weg. Die beiden Männer kehrten ins Studio zurück. Was hatten sie dort zu tun? Alex wusste, dass er in den vergangenen Tagen schon für genug Wirbel gesorgt hatte. Jack würde ihn umbringen, wenn sie erfuhr, was er tat. Aber er konnte jetzt nicht einfach verschwinden. Er musste herausfinden, was hier vorging.
Er huschte zum Eingang des Studios. Die Männer konnten jederzeit wieder auftauchen. Vorsichtig spähte er hinein. Das Studio schien noch in Betrieb zu sein. Er sah eine riesige, auf einen metallenen Rahmen gespannte Leinwand und dahinter gewaltige Scheinwerfer. Die Leinwand versperrte die Sicht auf das, was hinter ihr geschah, aber wenigstens war es auf seiner Seite dunkel. Er hörte, wie die beiden Männer sich in einiger Entfernung unterhielten, und wusste, dass er vorerst sicher war. Lautlos schlüpfte er in die Halle.
»Einige von diesen Sachen müssen ein Vermögen wert sein.«
»Lass das! Du hast gehört, was sie gesagt hat.«
Die Stimmen waren klar und deutlich. Alex schlich hinter der Leinwand entlang. McCain wollte dieses Studio schließen. Vielleicht hatte der Rektor Alex in Wirklichkeit einen Gefallen getan. Wenn er ihn nicht vom Unterricht ausgeschlossen hätte, hätte Alex womöglich nie die Gelegenheit gehabt herauszufinden, was hier gespielt wurde.
Die beiden Männer tauchten wieder auf. Zum Glück war es dunkel, sonst hätten sie ihn sofort entdeckt. Alex schlüpfte hinter einen Stapel Kisten und duckte sich. Die Männer gingen an ihm vorbei. Sie kamen ihm so nahe, dass er sie mit der ausgestreckten Hand hätte berühren können. Dann verschwanden sie durch den Ausgang.
Gut, jetzt war er allein.
Die Tür schlug zu und das Echo knallte wie ein Schuss durch die Halle. Alex fuhr herum, aber es war schon zu spät. Draußen wurde eine rasselnde Kette durch die Griffe gezogen, dann schnappte
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