Alex Rider 08: Crocodile Tears
eine kurze Antwort erhalten. Alex’ Gesundheit sei aufgrund einer Virusinfektion enorm geschwächt, schrieb der Arzt namens Blunt. Man müsse sogar damit rechnen, dass Alex in Zukunft noch viel häufiger fehlen werde.
Dabei wirkte Alex keineswegs krank. Stattdessen sah er aus, als sei er in eine Schlägerei geraten. Er hatte Schnittwunden auf der Stirn und den Wangen und stand krumm da, als habe er Schmerzen in der Schulter. Sein Erdkundelehrer M r Gilbert hatte ihn geschickt. Alex schien sich keineswegs zu schämen oder vor einer Strafe zu fürchten. Stattdessen wirkte er wütend.
M r Bray seufzte. »Alex, du hast die neunte Klasse erfolgreich angefangen und gute Noten geschrieben. Und ich kenne deinen persönlichen Hintergrund. Du hast deinem Onkel wahrscheinlich sehr nahegestanden.«
»Ja, Sir.«
»Dazu kamen deine vielen Fehltage wegen all dieser Krankheiten. Das berücksichtige ich natürlich. Aber was gestern passiert is t … Ich bin offen gesagt entsetzt. So wie ich es verstehe, hatte der Bus einen Notausgang und du hast ihn geöffnet und bist dabei herausgefallen. Stimmt das?«
»Ja, Sir.«
»Dein verantwortungsloses Handeln enttäuscht mich. Du hättest dich ernsthaft verletzen können. Und es saßen noch andere junge Menschen in diesem Bus. Hast du nicht daran gedacht, dass du damit vielleicht einen Unfall verursachst? Mir ist wirklich schleierhaft, wie jemand so etwas tun kann.« M r Bray nahm seufzend die Brille ab und legte sie auf seinen Schreibtisch. Das tat er immer, bevor er die Strafe verkündete. »So bedauernswert ich es finde, wenn du noch mehr Stunden versäumst, doch diesmal muss ich hart durchgreifen. Ich schließe dich für einen Tag aus der Schule aus. Du gehst jetzt gleich wieder nach Hause. Ich habe eine entsprechende Mitteilung geschrieben, die du mitnehmen wirst.«
Eine halbe Stunde später schlurfte Alex über den Schulhof. Er fühlte sich ungerecht behandelt. Er hatte giftige Pflanzen und Insekten, einen Zweikampf und Maschinengewehrfeuer überlebt, den gesamten Inhalt von Straiks Computer heruntergeladen und eine Probe der Substanz mitgehen lassen, die Straik in Greenfields herstellte. Bestimmt hatte Jack sie schon im Quartier des MI6 in der Liverpool Street abgegeben. Und was war sein Lohn? Er wurde wie ein ungezogener Schüler behandelt und mit einem Verweis nach Hause geschickt.
Die erste Unterrichtsstunde hatte bereits begonnen und niemand sah Alex durch das Schultor treten. Im Gehen rekapitulierte er noch einmal die Ereignisse des Vortages. Desmond McCains Auftauchen stellte ihn vor ein Rätsel. Was hatte der Chef einer internationalen Hilfsorganisation in einem gentechnischen Forschungszentrum in Wiltshire zu suchen? McCain steckte mit Straik unter einer Decke. Die beiden hatten über die Lieferung von zweitausend Litern einer Flüssigkeit gesprochen, die irgendwie lebendig war. Was war das für eine Substanz und wozu sollte sie dienen? Je länger Alex darüber nachdachte, desto weniger verstand er den Zusammenhang.
Im Mittelpunkt stand für ihn McCain. Der Mann war schon einmal im Gefängnis gewesen und schien sich nicht gebessert zu haben. Alex war inzwischen überzeugt, dass der schwere Autounfall, den er mit Sabina und ihrem Vater in Schottland durchstanden hatte, kein Zufall gewesen war. Er hatte sowieso nie ernsthaft daran gezweifelt. McCain hatte sie umbringen wollen. Er ging über Leichen, wenn es dem Schutz seiner Interessen diente. Der MI6 ermittelte gegen Leonard Straik, weil Straik vielleicht ein Sicherheitsrisiko darstellte. In Wirklichkeit aber benutzte McCain Greenfields für seine Zwecke – und die gingen weit über das hinaus, was der MI6 bisher vermutete.
Alex fiel eine Bemerkung ein, die er in Straiks Büro gehört hatte. McCain wollte Dr . Bennett am folgenden Tag – also heute – zu einem Ort namens Elms Cross schicken. Der Name kam Alex irgendwie bekannt vor. Er steuerte ein Internetcafé unweit des Friedhofs von Brompton an. Der Kaffee schmeckte dort scheußlich, aber eine halbe Stunde an einem der Uraltcomputer kostete nur ein Pfund. Und die Rechner hatten wenigstens einen Breitbandanschluss.
Alex zahlte und setzte sich an einen Computer ganz hinten, so weit wie möglich vom Fenster entfernt. Der Besitzer warf ihm einen flüchtigen Blick zu und vertiefte sich dann wieder in ein zerknittertes Exemplar der Sun.
Alex gab Elms Cross bei Google ein und wartete darauf, dass die Seite sich aufbaute. Das Ergebnis war ernüchternd. In Warminster
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