Alex Rider 08: Crocodile Tears
Flusses. Alex betrachtete das silberne Wasser, das in kleinen Wellen an ihm vorbeiströmte. Am Steilufer auf der anderen Seite ragte eine dichte grüne Wand auf. Das Camp lag in einer herrlichen Landschaft. Über ihm ertönte Schnattern. Eine Großfamilie grauer Affen sprang unter Einsatz ihrer Hände und Schwänze über die Äste eines Wacholderbaums. Kleine Babys klammerten sich am Bauch ihrer Mütter fest.
»Diese Affen sind eine Plage«, schimpfte Dr . Bennett. Sie gab einen barschen Befehl in einer anderen Sprache und ein Wachmann, der am Rand des Weges stand, hob gleich darauf sein Gewehr und feuerte. Ein Affe fiel tot aus dem Baum und schlug auf dem Boden auf. Die anderen Tiere flohen in alle Richtungen. »Die Wachen treffen mit dem Gewehr genauso gut wie mit dem Speer«, erklärte Dr . Bennett. »Sie sorgen dafür, dass die Affen nicht überhandnehmen.«
»Wo sind wir?«, fragte Alex. Er zeigte keine Reaktion auf das, was eben geschehen war. Dr . Bennett schien ihn damit beeindrucken zu wollen.
»Im Simba River Camp. Es gehört Reverend McCain. Du weißt vermutlich, in welchem Land wir uns befinden?«
»Kenia.«
»Richtig.« Wieder die Andeutung eines Lächelns, als hätte sie vergessen, wie man richtig lachte. »Das Simba River Camp liegt am Rand des Großen Afrikanischen Grabenbruchs. Es war früher ein erstklassiges Safari-Camp mit Besuchern aus Amerika, Europa und Japan. Brad Pitt war einmal hier. Dann fiel es leider der globalen Wirtschaftskrise zum Opfer. Es kamen keine Besucher mehr und die Anlage ging bankrott.«
Alex sah sich um und nickte. Nur noch sein Zelt wirkte bewohnbar. Die anderen waren leer und in einem schlechten Zustand. Der Weg, dem sie folgten, war schon lange nicht mehr gerichtet worden und von Gras und Unkraut überwuchert. Sie kamen an einem Schwimmbecken vorbei, aber es war leer und der Beton hatte Risse. Die üppige Vegetation bedrängte die Anlage von allen Seiten. Wenn sie noch länger sich selbst überlassen blieb, würde sie ganz verschluckt werden und im Busch verschwinden.
Sie erreichten einen verbeulten Landrover mit schmutzigen Fenstern. Aus dem Armaturenbrett hingen Drähte heraus. Njenga kletterte auf den Fahrersitz, Dr . Bennett setzte sich neben ihn, Alex nahm hinten Platz. Zu seiner Erleichterung konnte er sich wieder völlig normal bewegen. Vielleicht ergab sich auf der kurzen Fahrt eine Gelegenheit zur Flucht.
»Bis zum nächsten Camp sind es über hundert Kilometer und du würdest es wahrscheinlich nie finden«, sagte Myra Bennett. Sie musste seine Gedanken gelesen haben. »Komm also bitte nicht auf dumme Ideen. Die Kikuyu sind exzellente Spurenleser. Sie könnten deiner Fährte auch bei Nacht und sogar in strömendem Regen folgen. Und Njenga würde dich liebend gern in Stücke reißen. Er neigt zu Gewalttätigkeit. Ich würde ihn an deiner Stelle lieber nicht reizen.«
Sie bretterten einen holprigen Weg entlang, fuhren durch das rostige Tor eines Maschendrahtzauns und ließen das Camp hinter sich. Kurz darauf kamen sie zu einer Flugpiste, einer staubigen Bahn, die orangefarben durch das hohe Gras schnitt. Daneben stand eine baufällige Holzhütte, an einer Stange hing schlaff ein Windsack. Hier mussten sie gelandet sein, als man ihn zum Simba River Camp gebracht hatte. Erinnern konnte Alex sich allerdings nicht daran.
Auf dem Gras reihten sich etwa dreißig Ölfässer aneinander, daneben parkte ein Flugzeug. Es sah aus wie ein überdimensionales Spielzeug mit zwei hintereinander angeordneten Sitzen, drei Rädern und einem Propeller am Bug. Eine Kabine oder ein Cockpit gab es nicht. Lediglich eine geneigte Scheibe schützte den Piloten. Der Beifahrer saß mehr oder weniger im Freien und bekam den Wind voll ins Gesicht. Darüber hing von einigen Streben gestützt der einzige Flügel. Verschiedene Gummischläuche liefen an ihm entlang bis zu den beiden Enden. Sie waren an zwei Kunststoffbehälter angeschlossen, die unmittelbar hinter dem Beifahrersitz am Rumpf festgemacht waren.
Es handelte sich um ein Sprühflugzeug, allerdings ein uraltes, museumsreifes Exemplar. Alex fragte sich, ob es überhaupt noch fliegen konnte.
»Das ist eine Piper J-3 Cub«, sagte Dr . Bennett. Sie hatte ihre Brille abgenommen, setzte sich die Fliegerkappe auf und befestigte sie unter dem Kinn. Außerdem hatte sie eine Lederjacke aus dem Landrover genommen und angezogen. Alex bekam keine warmen Sachen angeboten. »Sechseinhalb Meter lang, Fünfundsechzig-PS-Motor. Solche Maschinen
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