Alex Rider 1: Stormbreaker: Alex Riders erster Fall
Tränen in den Augen. »Was wird jetzt aus uns?«, fragte er.
»Wie meinst du das?«
»Na, was wird mit dem Haus? Mit mir? Mit dir?«
»Ich weiß nicht, Alex.« Sie zuckte die Schultern. »Ian wird ein Testament gemacht haben.« Sie sah ihn ruhig an. »Wenn es eröffnet wird, wissen wir mehr.«
»Sollten wir uns sein Arbeitszimmer ansehen? Vielleicht finden wir irgendetwas.« Alex’ Stimme zitterte.
»Ja, aber nicht heute, Alex. Eins nach dem anderen.«
Ians Arbeitszimmer befand sich direkt unter dem Dach und erstreckte sich über die gesamte Länge des Hauses. Als einziges Zimmer war es immer abgeschlossen – Alex war in all den Jahren nur drei- oder viermal in dem Zimmer gewesen, aber nie allein. Als Kind hatte er sich manchmal vorgestellt, dass dort oben etwas Seltsames vor sich ginge – dass dort eine Zeitmaschine wäre oder ein UFO. Aber es war ein ganz normales Arbeitszimmer mit einem Schreibtisch, ein paar Aktenschränken und Regalen voller Papiere und Bücher. Eben Sachen aus der Bank – jedenfalls hatte das Ian behauptet.
»Die Polizei sagt, er sei nicht angeschnallt gewesen«, wandte sich Alex wieder an Jack.
Sie nickte. »Stimmt, das haben sie gesagt.«
»Kommt dir das nicht seltsam vor? Du weißt doch, wie vorsichtig er war. Er hat immer den Sicherheitsgurt angelegt. Er wollte ja nicht mal um den Block fahren, solange ich nicht den Gurt angelegt hatte.«
Jack dachte einen Augenblick lang nach, dann zuckte sie wieder die Schultern. »Yeah, das ist komisch«, gab sie zu. »Aber es muss wohl so gewesen sein. Warum sollte die Polizei lügen?«
D er Tag zog sich quälend langsam dahin. Alex war nicht in der Schule, obwohl er gerne gegangen wäre. Er hätte es vorgezogen, aus dem leer wirkenden Haus zu fliehen, wenigstens ein paar Stunden lang ein »normales« Leben zu führen – das vertraute Pausenläuten, die Scharen bekannter Gesichter. Stattdessen saß er wie ein Gefangener zu Hause. Doch er musste zu Hause bleiben, um die Besucher zu empfangen, die am Vor- und Nachmittag zu ihm kamen.
E s waren fünf Besucher. Ein Rechtsanwalt, der nichts von einem Testament wusste, aber anscheinend den Auftrag hatte, die Beerdigung zu arrangieren. Ein Leichenbestatter, den der Rechtsanwalt empfohlen hatte. Ein Pfarrer – ein großer ältlicher Mann, der versuchte beruhigend auf Alex einzureden. Eine Nachbarin von gegenüber – woher wusste sie überhaupt, dass jemand gestorben war? Und schließlich ein Mann von der Bank.
»Wir von Royal & General sind alle zutiefst schockiert«, begann der Mann. Er war etwa Ende dreißig und trug einen Polyesteranzug und eine billige Krawatte. Sein Gesicht war von der Art, die man sofort wieder vergisst. Er hatte sich als Mr Crawley von der Personalabteilung vorgestellt. »Wenn es vielleicht irgendetwas gibt, was wir für dich tun können ...«
»Was wird jetzt aus mir?«, fragte Alex, schon zum zweiten Mal heute.
»Darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen«, sagte Crawley. »Die Bank wird sich um alles kümmern. Das ist mein Job. Du kannst alles mir überlassen.«
Der Tag verging. Am Abend spielte Alex ein paar Stunden lang mit seinem Nintendo 64, um die Zeit totzuschlagen, und fühlte sich ein wenig schuldig, als ihn Jack dabei ertappte. Aber was hätte er sonst tun sollen? Später ging sie mit ihm zu einem Hamburger-Restaurant. Alex war froh, aus dem Haus zu kommen, aber sie sprachen kaum miteinander. Er war überzeugt, dass Jack nach Amerika zurückkehren müsse. Schließlich konnte sie nicht ewig in London bleiben. Wer würde sich dann um ihn, Alex, kümmern? Er war zu jung, um schon allein leben zu dürfen. Seine gesamte Zukunft schien total unsicher; er hatte keine Lust, jetzt darüber zu reden. Eigentlich wollte er jetzt überhaupt nicht reden.
Und dann kam der Tag der Beerdigung. Alex trug einen schwarzen Anzug und wartete auf den schwarzen Wagen, der aus dem Nichts auftauchte und ihn abholte. Alex war umgeben von schwarz gekleideten Menschen, die er nichtkannte. Ian Rider wurde auf dem Friedhof Brompton an der Fulham Road beerdigt, ganz in der Nähe des Fußballstadions von Chelsea, und Alex wusste, dass Ian an diesem Mittwochnachmittag gerne im Stadion gewesen wäre. Die Trauergemeinde umfasste etwa dreißig Menschen, aber Alex kannte fast niemanden. Direkt neben dem breiten Hauptweg, der sich durch den gesamten Friedhof zog, war ein Grab ausgehoben worden. Die Trauerandacht hatte gerade begonnen, als ein schwarzer Rolls-Royce den Weg
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