Alex Rider 1: Stormbreaker: Alex Riders erster Fall
aufgetaucht war. »Friedhöfe machen mir Angst. Sie erinnern mich immer an Horrorfilme.«
»Ja«, murmelte Alex. »Und ein paar Horrorgestalten waren ja auch tatsächlich hier.«
Sie zogen sich still und leise zurück und verließen den Friedhof. Der Wagen, der sie zur Beerdigung gefahren hatte, wartete auf sie, aber sie zogen es vor, zu Fuß nach Hause zu gehen. Sie benötigten eine Viertelstunde. Als sie um die Ecke in die Straße einbogen, in der sie wohnten, bemerkte Alex plötzlich einen Speditionswagen, der vor ihrem Haus hielt. Auf der Seite stand in großen Lettern STRYKER & SON.
»Was macht denn dieser ...«, begann Alex, als plötzlich der Motor aufheulte und der Transporter so schnell davonschoss, dass die Räder durchdrehten.
Alex sagte nichts, während Jack die Haustür aufschloss und sie ins Haus traten. Doch als Jack in der Küche verschwand, um Wasser für den Tee aufzusetzen, ging Alex schnell durch das ganze Haus.
Ein Brief, der auf dem kleinen Tisch im Flur gelegen hatte, lag nun daneben auf dem Teppich. Eine Tür, die vorher halb offen gestanden hatte, war nun geschlossen. Kleinigkeiten – aber Alex’ Blick entging nichts. War jemand im Haus gewesen?
Ganz sicher war Alex sich nicht – bis er das Dachgeschoss erreichte. Die Tür des Arbeitszimmers, die immer – immer! – verschlossen gewesen war, ließ sich jetzt öffnen. Alex stieß sie auf und betrat den Raum. Er war leer. Ian Rider war für immer verschwunden, und verschwunden war auch alles, was sich in diesem Raum befunden hatte. Der Schreibtisch, die Ablagen, die Regale – alles, was Alex Aufschluss über die Beschäftigung seines verstorbenen Onkels hätte geben können, war verschwunden.
»Alex!«, rief Jack von unten.
Alex ließ den Blick noch einmal durch das leere Zimmer gleiten und fragte sich erneut, was für ein Mensch sein Onkel eigentlich gewesen war. Dann schloss er die Tür und ging ins Erdgeschoss.
Autofriedhof
A lex wandte sich von der Themse ab, als er die Hammersmith-Brücke vor sich liegen sah, und radelte durch das verblassende Lichtermeer und über den Hügel zur Brookland-Schule hinunter. Sein Fahrrad war ein Condor Junior Roadracer, ein speziell für ihn maßgeschneidertes Rennrad, das er von Ian Rider zu seinem zwölften Geburtstag bekommen hatte. Es war zwar ein Jugendrad – es hatte eine leicht verkleinerte Version des 531er Rahmens von Reynolds –, aber die Räder waren in Normalgröße, sodass er seine volle Geschwindigkeit mit einem Minimum an Reibungswiderstand fahren konnte. Er raste an einem Mini vorbei und bog ins Schultor ein. Ziemlich traurige Sache, dass er bald zu groß für das Rad sein würde. In den vergangenen zwei Jahren war es fast so etwas wie der untere Teil seines Körpers geworden.
Im Schuppen für die Fahrräder sicherte er das Rad doppelt an den Ständern und trat auf den Schulhof hinaus. Die Brookland-Schule war eine Gesamtschule, ziemlich neu, mäßig modern und absolut hässlich – aus rotem Backstein und Glas gebaut.
Alex hätte auch eine der schicken Privatschulen besuchen können, die in und um Chelsea lagen, aber Ian Riderhatte ihn in Brookland angemeldet, da er die Überzeugung vertrat, dass diese Schule härter sei und somit eine größere Herausforderung darstellte.
Heute hatte Alex zuerst Mathematik. Als er ins Klassenzimmer kam, schrieb der Mathelehrer, Mr Donovan, bereits eine komplizierte Gleichung an die Tafel. Im Raum war es schon jetzt sehr warm, denn die frühe Morgensonne schien durch die riesigen, vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster – die offenbar von Architekten entworfen worden waren, die entweder nie in ihren eigenen Bauten hatten schwitzen müssen oder null Ahnung von ihrem Job hatten. Andernfalls hätten sie wissen müssen, dass die Sonne in Räumen mit so riesigen Fensterflächen ungefähr die Hitze eines mittelgroßen Waldbrands entfalten würde. Alex ließ sich auf seinen Sitz fallen und fragte sich schon nach zwei Minuten, ob er diese Stunde überhaupt durchsitzen oder vielmehr durchschwitzen könnte. Außerdem: Wie sollte er sich auf Algebra konzentrieren, wenn ihm so viele andere Fragen durch den Kopf tobten?
Die Pistole bei der Beerdigung. Wie Blunt ihn gemustert hatte. Der Kombi mit der Aufschrift STRYKER & SON. Das ausgeräumte Arbeitszimmer. Und dann die eine, die wichtigste Frage überhaupt, das eine Detail, das ihm nicht aus dem Kopf gehen wollte: die Sache mit dem Sicherheitsgurt. Ian Rider war nicht angegurtet
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