Alex Rider 4/Eagle Strike
einfachen, weiß getünchten Wänden hingen mittelalterliche Altargemälde. Sechs dicht nebeneinanderliegende Fenster gingen zur Terrasse hinaus, hinter der sich der Garten erstreckte. An den Fenstern hingen weiße Musselinvorhänge, die von der Decke bis zum Boden reichten und sich in der Brise leicht bewegten.
Damian Cray saß in einem kunstvoll geschnitzten antiken Holzstuhl; auf seinem Schoß hatte sich ein weißer Pudel zusammengerollt. Cray blickte auf, als Alex den Raum betrat.
»Ah, da bist du ja, Alex.« Er streichelte den Hund. »Das hier ist Bubbles. Ist er nicht wunder…?«
»Wo ist Sabina?«, unterbrach ihn Alex grob.
Cray runzelte verärgert die Stirn. »In diesem Ton redest du nicht mit mir!«, sagte er. »Schon gar nicht in meinem eigenen Haus.«
»Wo ist sie?«, wiederholte Alex im selben Tonfall.
»Also gut!« Crays momentane Wut schien bereits wieder verflogen zu sein. Er stand auf. Der Hund sprang herunter und lief aus dem Raum. Cray ging zum Schreibtisch und drückte auf einen Schaltknopf. Sekunden später öffnete sich eine Tür und Yassen Gregorovich trat ein. Er führte Sabina neben sich her. Ihre Augen wurden weit, als sie Alex erblickte, aber sie konnte nicht sprechen. Über ihren Mund hatte man einen Klebestreifen geklebt und ihre Hände waren gefesselt. Yassen stieß sie auf einen Stuhl und blieb dicht neben ihr stehen. Alex fiel auf, wie krampfhaft er seinen Blicken auswich.
»Hier ist sie, Alex, wie du siehst«, sagte Cray. »Vielleicht ein wenig verängstigt, aber sonst völlig unverletzt.«
»Warum haben Sie sie gefesselt?«, fragte Alex aufgebracht. »Warum darf sie nicht sprechen?«
»Weil sie mich ständig beleidigt«, antwortete Cray. »Außerdem hat sie versucht, mich anzugreifen. Überhaupt muss ich sagen, dass sie sich sehr undamenhaft benommen hat!« Er starrte Alex wütend an. »Jetzt aber zu uns. Du hast mir etwas mitgebracht.«
Vor diesem Augenblick hatte sich Alex gefürchtet. Jetzt musste er seinen Plan ausführen. Im Zug von London nach Bath, im Taxi und sogar noch beim Betreten der Villa hatte sich Alex völlig zuversichtlich gefühlt, dass sein Plan funktionieren würde. Jetzt, da er Damian Cray gegenüberstand, war er nicht mehr so sicher.
Er griff in die Tasche und holte den Flash Drive heraus. Die silbern glänzende Kassette hatte einen Deckel, den Alex geöffnet hatte; darunter wurde die Elektronik sichtbar. Alex hatte mit Klebeband eine in hellen Farben leuchtende kleine Tube darauf befestigt, deren Spitze direkt in den Flash Drive hineinzeigte. Er hielt das Gerät hoch, damit Cray es genau sehen konnte.
»Was ist das?«, fragte Cray misstrauisch.
»Superkleber«, antwortete Alex. »Ich habe zwar keine Ahnung, was in Ihrem kostbaren Flash Drive gespeichert ist, aber ich hab ziemlich starke Zweifel, dass das Ding noch funktioniert, wenn ich eine Tube Superkleber reinspritze. Ich muss die Tube nur mit einer Hand pressen, dann können Sie Eagle Strike vergessen. Dann können Sie überhaupt die ganze Sache vergessen.«
»Wie einfallsreich!«, rief Cray höhnisch. »Aber ich verstehe nicht ganz, worauf du hinauswillst.«
»Ist doch ganz einfach«, gab Alex zurück. »Sie lassen Sabina frei; sie geht hier raus und zur nächsten Kneipe oder zu einer Telefonzelle und ruft mich hier an. Sie brauchen ihr nur Ihre Nummer zu geben. Sobald ich absolut sicher weiß, dass sie in Sicherheit ist, gebe ich Ihnen den Flash Drive.«
Das war natürlich gelogen.
Sobald Sabina verschwunden war, wollte er trotzdem auf die Tube drücken. Der Superkleber würde sich auf dem Flash Drive ausbreiten und in Sekundenschnelle aushärten. Alex war sicher, dass der Drive unbrauchbar würde. Er hatte keine Gewissensbisse, Cray auf diese Weise auszutricksen, das hatte er sowieso geplant. Allerdings wollte er lieber nicht darüber nachdenken, was Cray dann mit ihm, Alex, anstellen würde. Aber das spielte jetzt keine Rolle. Sabina würde jedenfalls frei sein. Und sobald Jack wusste, dass sie in Sicherheit war, würde sie ebenfalls handeln: Jack würde MI6 benachrichtigen. Alex musste es nur irgendwie schaffen, so lange am Leben zu bleiben, bis der Geheimdienst eingriff.
»War das deine eigene Idee?«, fragte Cray, aber Alex gab keine Antwort. »Ziemlich clever, wirklich ziemlich clever. Ich frage mich nu r …« Er hob wie ein Oberlehrer mahnend den Zeigefinger. »Ich frage mich nur, ob sie funktionieren wird?«
»Ich meine es genau so, wie ich sage.« Alex hielt drohend den Flash
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