Alex Rider 4/Eagle Strike
helfen.«
Alex warf Sabina einen Blick zu. Was sie wohl von Crays Gerede hielt? Aber sie saß regungslos auf ihrem Stuhl und hatte die Teetasse nicht einmal angerührt. Ihr Gesicht war kreidebleich, ihr Blick ging in die Ferne, aber sie hatte sich vollkommen unter Kontrolle. Niemals würde sie zeigen, wie ihr wirklich zumute war.
»Das Gute war jedenfalls«, fuhr Cray fort, »dass meine Eltern mir nicht mehr im Weg stehen konnten. Und noch besser war, dass ich ihr ganzes Vermögen geerbt hatte. Mit einundzwanzig kaufte ich mir eine Wohnung in London, eigentlich war es eher ein Penthouse, und gründete meine eigene Band. Wir nannten uns Slam ! Ich bin sicher, dass ihr den Rest der Geschichte kennt. Fünf Jahre später trennte ich mich von der Band und trat solo auf, und bald darauf war ich der größte Sänger der Welt. Und das war der Zeitpunkt, als ich anfing, über die Welt nachzudenken, in der ich lebte.«
Cray trank einen Schluck Tee und stellte Tasse und Unterteller völlig geräuschlos auf den Tisch zurück. »Ich wollte den Menschen helfen. Mein ganzes Leben lang habe ich den Menschen helfen wollen. Du schaust mich an, Alex, als sei ich eine Art Monster! Aber das bin ich nicht! Ich habe Millionen Pfund als Spenden für mildtätige Zwecke eingesammelt. Millionen und Abermillionen. Und ich darf dich daran erinnern, falls du es schon vergessen haben solltest, dass ich von der Königin zum Ritter geschlagen wurde. Ich bin eigentlich Sir Damian Cray, auch wenn ich den Titel nicht oft benutze, denn schließlich bin ich kein Snob. Übrigens eine reizende Frau, die Queen! Wisst ihr, wie viel Geld allein meine Weihnachtssingle Something for the Children eingebracht hat? Genug, um ein ganzes Land zu ernähren!«
Cray lehnte sich in seinem Stuhl zurück und hob den Zeigefinger. »Aber das Problem ist, dass es manchmal nicht genügt, reich und berühmt zu sein. Ich wollte unbedingt eine wirklich bedeutende Tat vollbringen. Doch was konnte ich tun, wenn die Leute mir einfach nicht zuhörten? Ich meine, denkt nur einmal an dieses Milburn-Institut in Bristol. Das war ein Forschungslabor, das für mehrere Kosmetikfirmen arbeitete. Ich fand heraus, dass sie dort viele ihrer Produkte in Tierversuchen testeten. Ich bin sicher, dass du in dieser Sache auf meiner Seite stehen würdest, Alex. Ich versuchte jedenfalls, sie davon abzubringen, und führte eine Kampagne durch, die ein ganzes Jahr lang dauerte. Wir sammelten zwanzigtausend Unterschriften, aber sie wollten nicht auf uns hören. Ich hatte eine Menge Beziehungen und natürlich hatte ich auch jede Menge Geld. Eines Tages wurde mir plötzlich klar, dass es am besten wäre, wenn ich Professor Milburn beseitigen ließe. Und das hab ich dann auch getan. Sechs Monate später ging das Institut pleite und die Sache war gegessen. Von da an wurde kein Tier mehr gequält.«
Crays Hand kreiste über der Keksschale; sorgfältig wählte er einen Keks aus. Ganz offensichtlich war er mit sich selbst sehr zufrieden.
»In den nächsten Jahren ließ ich ziemlich viele Leute umbringen«, fuhr er fort. »Da waren zum Beispiel ein paar ausgesprochen unangenehme Typen, die den Regenwald in Brasilien abholzten. Diese Leute sind heute noch im Regenwald, nur eben zwei Meter unter der Erde. Auch die japanischen Walfänger wollten mir nicht zuhören. Ich habe dafür gesorgt, dass sie in ihrer eigenen Gefrieranlage tiefgefroren wurden. Das wird ihren Freunden eine Lehre sein, nie mehr vom Aussterben bedrohte Wale zu töten! Und das Unternehmen in Yorkshire, das Landminen verkaufte? Diese Leute mochte ich überhaupt nicht! Als die Direktoren zu einem Überlebenstraining ins schottische Hochland reisten, ließ ich sie dort alle einfach verschwinden. Damit war auch die Sache mit den Landminen ein für alle Mal erledigt.«
Er wandte sich an Sabina. »Ich habe in meinem Leben ein paar sehr schlimme Dinge getan. Echt. Es war mir wirklich zuwider, deinen Vater in die Luft blasen zu müssen. Aber wenn er mir nicht nachgeschnüffelt hätte, wäre das gar nicht nötig gewesen. Ich kann nicht einfach zulassen, dass er meine Pläne durchkreuzt! Das musst du doch einsehen!«
Sabina saß wie erstarrt; ihre Hände krallten sich immer fester in die Armlehnen, sodass die Knöchel weiß hervortraten. Nur mit äußerster Anstrengung konnte sie sich beherrschen, sich nicht auf Cray zu stürzen. Aber Yassen saß direkt neben ihr und sie wusste, dass sie nicht einmal in Crays Nähe kommen würde.
Cray fuhr fort,
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