Alex Rider 4/Eagle Strike
spurlos verschwunden war.
Ungleicher Tausch
E s war fünf Uhr abends, als Alex im Londoner City-Airport anka m – das Ende eines langen, frustrierenden Tages, an dem er zu Land und in der Luft durch drei Länder gereist war. Erst hatten Jack und er einen Linienbus von Amsterdam nach Antwerpen genommen, waren aber zu spät angekommen und hatten eine um die Mittagszeit startende Maschine nicht mehr erreicht. Drei Stunden lang hatten sie sich in der Wartehalle gelangweilt, bis sie schließlich eine altertümliche Fokker 50 besteigen konnten, die für die kurze Strecke über den Ärmelkanal nach England schier eine Ewigkeit brauchte. Alex überlegte, ob er nicht zu viel Zeit damit verschwendete, Damian Crays Leuten aus dem Weg zu gehen. Schon war ein ganzer Tag vergangen! Aber wenigstens lag der Flughafen auf der richtigen Seite von London, nicht zu weit von den Büros von MI6 entfernt.
Alex hatte vor, direkt vom Flughafen zu Alan Blunt zu fahren und ihm den Flash Drive zu übergeben. Er hätte sich gern telefonisch angemeldet, war aber nicht sicher, ob Blunt den Anruf überhaupt annehmen würde. Eines jedoch stand fest: Keine Minute lang durfte er sich sicher fühlen, solange er dieses Ding noch nicht los war. Erst wenn MI6 im Besitz des Flash Drive war, würde sich Alex entspannen können.
Das war sein Plan. Und er wurde genau in dem Augenblick zunichtegemacht, in dem Alex die Ankunftshalle betrat. Eine Frau saß vor einer Kaffeebar und las eine Abendzeitung. Sie hielt die Zeitung geöffnet, sodass ihm die erste Seite mit der Schlagzeile sofort entgegensprang, als sei alles extra für ihn arrangiert worden. Das Foto von Sabina fiel ihm zuerst auf. Dann die Headline:
SCHÜLERIN SPURLOS AUS KLINIK VERSCHWUNDEN
»Hier geht’s lang«, sagte Jack gerade. »Wir nehmen ein Taxi.«
»Jack!«
Sie sah ihm sofort an, dass etwas nicht stimmte, und folgte seinem Blick zur Zeitung. Ohne ein Wort lief sie zu einem Zeitungskiosk in der Halle und kaufte ein Exemplar.
Der Artikel war nicht sehr lang, denn zu diesem Zeitpunkt gab es noch nicht viel zu berichten. Eine 15-jährige Schülerin aus Südlondon hatte ihren Vater am Morgen im Krankenhaus von Whitchurch besuchen wollen. Er war vor Kurzem bei der Explosion einer defekten Gasleitung in Südfrankreich schwer verletzt worden. Unerklärlicherweise war sie nicht in der Krankenstation angekommen, sondern schien sich buchstäblich in Luft aufgelöst zu haben. Die Polizei appellierte an alle Personen, die etwas beobachtet haben konnten, sich zu melden. Ihre Mutter habe ihre Tochter bereits im Fernsehen dazu aufgefordert, wieder nach Hause zu kommen.
»Das war Cray!«, sagte Alex mit völlig tonloser Stimme. »Er hat sie geschnappt.«
»Oh mein Gott, Alex.« Jacks Stimme klang so trostlos, wie er sich fühlte. »Das macht er nur, um den Flash Drive zurückzubekommen. Wir hätten uns doch denken können, das s …«
»Damit konnten wir wirklich nicht rechnen. Woher wusste er überhaupt, dass ich mit ihr befreundet war?« Alex dachte kurz nach. »Yassen«, beantwortete er sich seine Frage selbst. »Er muss Cray davon erzählt haben.«
»Du musst jedenfalls sofort zu MI6. Das ist das Einzige, was du jetzt tun kannst.«
»Nein. Ich will zuerst nach Hause.«
»Alex, warum denn?«
Alex warf einen letzten Blick auf Sabinas Foto, dann zerknüllte er wütend die Zeitung. »Cray hat mir vielleicht eine Nachricht nach Hause geschickt«, sagte er.
Z u Hause wartete tatsächlich eine Nachricht auf ih n – aber in einer Form, mit der er nicht gerechnet hatte.
Jack hatte darauf bestanden, vor Alex das Haus zu betreten. Sie wollte sicherstellen, dass niemand im Haus auf ihn wartete. Jetzt stand sie an der Haustür und rief ihn herein. Aber ihr Gesichtsausdruck war grimmig.
»Es ist im Wohnzimmer«, sagte sie nur.
»Es« war ein brandneuer Fernseher mit modernem Breitbildschirm. Jemand war also in Alex’ Haus eingedrungen und hatte das Gerät mitten im Wohnzimmer abgestellt. Auf dem Fernseher stand eine Webcam und ein ebenfalls nagelneues Kabel schlängelte sich zur Anschlussdose in der Wand.
»Ein Geschenk von Cray«, murmelte Jack.
»Ich glaube nicht, dass es als Geschenk gedacht ist«, sagte Alex.
Neben der Webcam lag eine Fernbedienung. Alex nahm sie zögernd in die Hand. Er ahnte, dass ihm nicht gefallen würde, was er gleich zu sehen bekam, aber er konnte es andererseits auch nicht ignorieren. Also drückte er auf die Starttaste.
Der Bildschirm flimmerte kurz, wurde jedoch
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