Alex Rider 5: Scorpia: Alex Riders fünfter Fall
war Australier.
Die hier Versammelten kamen aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt, aber eines hatten sie alle gemeinsam: eine ihnen innewohnende Ruhe oder eher eine Kälte, die diesem Raum die Atmosphäre einer Leichenhalle verlieh. Nicht einer von ihnen grüßte Mr s Rothman, als sie am Kopfende des Tischs Platz nahm. Und niemand von ihnen sah auf die Uhr. Sie wussten: In diesem Augenblick musste es genau eins sein. Denn exakt um diese Zeit hatte die Besprechung anfangen sollen. Und Mr s Rothman war pünktlich.
»Guten Tag«, begann sie.
Einige Männer nickten, aber keiner von ihnen sagte etwas. Grüße waren Zeitverschwendung.
Die neun Personen um den Glastisch in der dritten Etage des Witwenpalasts bildeten den Vorstand einer der skrupellosesten und erfolgreichsten kriminellen Organisationen der Welt. Der Name des alten Mannes war Max Grendel; der Chinese hieß Dr . Three. Der Australier hatte überhaupt keinen Namen. Sie alle hatten sich in diesem fensterlosen Raum versammelt, um die letzten Einzelheiten einer Operation zu besprechen, die sie innerhalb weniger Wochen um satte einhundert Millionen britische Pfund reicher machen sollte.
Die Organisation hieß Scorpia.
Das war ein sonderbarer Name, das wussten sie alle, wahrscheinlich von jemandem erfunden, der zu viele James-Bond-Filme gesehen hatte. Aber irgendwie mussten sie sich ja nennen, und am Ende hatten sie sich für diesen Namen entschieden, den man auch als Abkürzung ihrer vier wichtigsten Tätigkeitsfelder sehen konnte.
Sabotage. Corruption oder zu Deutsch Korruption. Informationsbeschaffung. Attentate.
Scorpia. Ein Name, der in erstaunlich vielen Sprachen funktionierte und sich von jedem, der ihre Dienste beanspruchte, gut aussprechen ließ. Scorpia. Sieben Buchstaben, die längst in den Datenbanken der Polizeien und Nachrichtendienste aller Länder der Welt gespeichert waren.
Gegründet wurde die Organisation Anfang der Achtzigerjahre im sogenannten Kalten Krieg, jenem heimlichen Krieg, den die Sowjetunion, China, Amerika und Europa jahrzehntelang miteinander geführt hatten. Jede Regierung der Welt besaß ihr eigenes Heer von Spionen und Attentätern, die allesamt bereit waren, für ihr Land zu töten oder zu sterben. Nur auf eines waren sie nicht vorbereitet, nämlich dass sie alle plötzlich nicht mehr gebraucht wurden; und zwölf von ihnen hatten diese Gefahr frühzeitig erkannt. Sie hatten das Ende des Kalten Krieges und damit das Ende ihrer Arbeit vorausgesehen. Und deshalb hatten sie beschlossen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
An einem Sonntagmorgen trafen sie sich zu ihrer ersten Besprechung in Paris, im Maison Berthillon, einem bekannten Eiscafé auf der Ile St . Louis, nicht weit von Notre-Dame. Sie kannten einander alle gut, denn sie hatten oft genug versucht, sich gegenseitig umzubringen. Aber in dem hübschen alten Lokal mit den holzvertäfelten Wänden und den alten Spiegeln und Spitzenvorhängen aßen die zwölf einträchtig Berthillons weltberühmtes Walderdbeereis und entwickelten einen Plan, wie sie zusammenarbeiten und alle miteinander reich werden könnten. Das war die Geburtsstunde von Scorpia.
Und das Geschäft hatte sich großartig entwickelt. Scorpia agierte auf der ganzen Welt. Die Organisation hatte zwei Regierungen gestürzt und einer dritten durch Manipulation zu ihrem Wahlsieg verholfen. Sie hatte Dutzende von Konzernen zerstört, Politiker und Beamte bestochen, mehrere große Umweltkatastrophen herbeigeführt und jeden getötet, der sich ihr in den Weg stellte. Inzwischen gingen zehn Prozent aller Terroranschläge in der Welt auf ihr Konto. Scorpia führte diese Anschläge im Auftrag aus und sah sich selbst als Großkonzern des Verbrechen s – nur dass die meisten Großkonzerne im Vergleich zu Scorpia kleine Fische waren.
Von den ursprünglich zwölf Mitgliedern waren nur noch neun übrig. Einer war an Krebs gestorben; zwei waren ermordet worden. Aber nach zwanzig Jahren Schwerkriminalität war das kein schlechtes Ergebnis. Die Geschäftsführung von Scorpia war so organisiert, dass alle neun Mitglieder gleichberechtigte Partner waren und für jedes neue Projekt einer von ihnen zum Leiter ernannt wurde, und zwar in alphabetischer Reihenfolge.
Das Projekt, um das es an diesem Nachmittag ging, trug den Codenamen Unsichtbares Schwert und wurde von Julia Rothman geleitet.
»Ich kann dem Vorstand mitteilen, dass alles nach Plan verläuft«, erklärte sie.
Sie war in Aberystwyth geboren und sprach
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