Alex Rider 5: Scorpia: Alex Riders fünfter Fall
mit einem leichten walisischen Akzent. Ihre Eltern hatten als walisische Nationalisten Brandanschläge auf Häuser verübt, die von Engländern in Wales als Ferienhäuser gekauft worden waren. Dabei hatten sie leider auch ein Haus abgefackelt, das gerade bewohnt gewesen war, und als ihre Eltern für den Rest ihres Lebens ins Gefängnis gesteckt wurden, kam Julia in das städtische Kinderheim. Und das war der Beginn einer außergewöhnlichen kriminellen Karriere, ihrer eigenen.
»Es ist jetzt drei Monate her«, fuhr sie fort, »seit unser Klient aus dem Nahen Osten an uns herangetreten ist. Zu behaupten, er sei ein reicher Mann, wäre eine Untertreibung. Er ist Multimilliardär. Er hat sich die Welt angeschaut, die vorherrschenden Machtverhältnisse, und ist zu dem Schluss gekommen, dass da etwas nicht stimmt. Er hat uns gebeten, für eine neue Ordnung zu sorgen. Kurz gesagt: Unser Klient ist der Überzeugung, dass der Westen zu mächtig geworden ist. Vor allem Großbritannien und Amerika. Die Freundschaft dieser beiden Länder hat den Ausgang des Zweiten Weltkriegs bestimmt. Und dieselbe Freundschaft erlaubt es den Ländern des Westens jetzt, in jedes beliebige Land einzumarschieren und sich alles zu nehmen, was sie haben wollen. Unser Klient hat uns gebeten, die britisch-amerikanische Allianz ein für alle Mal zu beenden. Was kann ich Ihnen über unseren Klienten sagen?«, fragte Mr s Rothman lächelnd. »Vielleicht ist er ein Träumer, der den Weltfrieden herbeisehnt. Vielleicht ist er aber auch komplett verrückt. Wie auch immer, uns kann das gleichgültig sein. Er hat uns einen enormen Betrag dafür angebote n – einhundert Millionen britische Pfund, um genau zu sei n –, dass wir seinen Wunsch erfüllen: Großbritannien und Amerika demütigen und dafür sorgen, dass sie nicht mehr als Weltmacht zusammenarbeiten. Und ich kann Ihnen berichten, dass die erste Rate, zwanzig Millionen Pfund, gestern auf unserem Schweizer Bankkonto eingetroffen ist. Wir können daher also zu Phase zwei übergehen.«
Niemand sagte etwas. Während die Männer warteten, dass Mr s Rothman weitersprach, war nur das Summen der Klimaanlage zu hören. Von draußen kein Ton.
»Phase zwe i – die Endphas e – wird in weniger als drei Wochen abgeschlossen sein. Ich kann Ihnen versichern, dass Briten und Amerikaner sich sehr bald an die Gurgel gehen werden. Und mehr noch: Am Ende des Monats werden beide Staaten erledigt sein. Die ganze Welt wird Amerika hassen; und die Briten werden einen Horror erleben, der ihre schlimmsten Albträume weit übertreffen wird. Wir alle werden sehr viel reicher sein. Und unser Freund aus dem Nahen Osten wird sich freuen, sein Geld so gut angelegt zu haben.«
»Entschuldigen Sie, Mr s Rothman, aber ich habe noch eine Frag e …«
Dr . Three verneigte sich höflich. Sein Gesicht sah aus wie aus Wachs, und seine pechschwarzen Haare wirkten zwanzig Jahre jünger als alles andere an ihm. Die waren garantiert gefärbt. Er war sehr klein und hätte ein pensionierter Lehrer sein können. Genau genommen hätte er alles Mögliche sein können, tatsächlich aber war dieser Mann der weltbeste Experte in Sachen Folter und Schmerz. Er hatte bereits mehrere Bücher über dieses Thema geschrieben.
»Wie viele Leute beabsichtigen wir zu töten?«, fragte er.
Julia Rothman überlegte. »Es ist schwer, genaue Angaben zu machen, Dr . Three«, antwortete sie. »Aber ich denke, es werden sicher einige Tausend sein. Viele Tausend.«
»Und ausschließlich Kinder?«
»Ja. Hauptsächlich zwischen zwölf und dreizehn Jahre alt.« Sie seufzte. »Das ist natürlich sehr bedauerlich. Ich liebe Kinder, auch wenn ich froh bin, dass ich selber keine habe. Aber so ist nun einmal der Plan. Und ich muss sagen, die psychologische Wirkung der Ermordung so vieler junger Menschen wird uns von Nutzen sein, denke ich. Macht Ihnen das Sorgen?«
»Nicht im Geringsten, Mr s Rothman.« Dr . Three schüttelte den Kopf.
»Hat jemand irgendwelche Einwände?«
Keiner sagte etwas, aber aus ihren Augenwinkeln bemerkte Mr s Rothman, dass Max Grendel auf seinem Stuhl am anderen Ende des Tischs unruhig hin und her rutschte. Mit seinen dreiundsiebzig Jahren war er der Älteste der Anwesenden; er hatte herabhängende Wangen, und seine Stirn war voller Altersflecken. Und immerzu tränten seine Augen, die er auch jetzt gerade mit einem Papiertaschentuch abtupfte. Kaum zu glauben, dass er als Kommandeur der deutschen Geheimpolizei einmal einen ausländischen
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