Alex Rider 6: Ark Angel
Erdgeschoss, wo alles angefangen hatte. Unten in der Halle war es ungewöhnlich still, nur die Kühlung des Getränkeautomaten summte leise vor sich hin. Die Cola- und Fantadosen, von hinten grell beleuchtet, warfen harte Schatten auf den Fußboden. Drei Empfangstische standen sich in dem großen Raum gegenüber, und hinter einem lag ein Toter, aber Alex konnte da nicht hinsehen. Durch die Glastüren sah er die Straße. Sollte er versuchen, nach draußen zu kommen? Und da um Hilfe rufen? Keine Zeit. Pitbull jagte bereits die Treppe hinunter. Alex ging hinter dem nächsten Schreibtisch in Deckung.
Und schon war Pitbull da. Von seinem Versteck aus sah Alex eine schwere Uhr aus mattiertem Metall an seinem Handgelenk glitzern. Ein riesiges, klobiges Ding, wie Taucher es tragen. Der Unterarm des Mannes war ungeheuer dick. Sein ganzer Körper war irgendwie überentwickelt, die einzelnen Muskelgruppen schienen miteinander zu kämpfen, wenn er sich bewegte. Die Tatsache, dass er der letzte im Killerkommando war, versetzte ihn offenbar nicht in Panik. Auch er trug eine FP9. Und er schien zu spüren, dass Alex in der Nähe war.
»Ich tu dir nichts!«, rief er. Das klang nicht sehr überzeugend, was er wohl selbst bemerkte, denn gleich darauf brüllteer: »Komm mit erhobenen Händen raus, oder ich schieß dir eine Kugel ins Knie.«
Alex startete genau in der richtigen Sekunde zu seinem Spurt durch die Empfangshalle. Hinter ihm knackte es zweimal dumpf und vor seinen Füßen riss der Teppich auf. Da wusste er, dass jetzt neue Regeln galten. Pitbull wollte ihn um jeden Preis, tot oder lebendig. Und wie es aussah, war tot ihm lieber. Doch Alex war schon außer Sicht. Er hatte den Korridor gefunden, der in die Radiologie führte – auch hier kannte er sich aus. Zu Beginn seines Krankenhausaufenthalts war er zweimal dort gewesen.
Vor ihm war eine verschlossene Tür – aber Alex hatte erst wenige Tage zuvor beobachtet, wie der Code eingegeben wurde. So schnell er konnte, aber hochkonzentriert, um nur ja keinen Fehler zu machen, drückte er die vier Ziffern. Die Tür ließ sich öffnen. In diesem Teil der Klinik war nachts nie jemand, aber er wusste, die Maschinen hier schliefen nie. Sie waren rund um die Uhr einsatzbereit, für den Fall, dass sie plötzlich gebraucht wurden. Und noch nie waren sie so sehr gebraucht worden wie jetzt.
Alex hörte Pitbull durch den Gang kommen und zwang sich, ruhig zu bleiben. Er hatte noch ein zweites Schloss zu entriegeln, das von einem Schalter an der Unterseite eines Schreibtischs gesteuert wurde. Alex dankte lautlos dem Pfleger, der, als er ihn hier hineinschob, einen Scherz darüber gemacht hatte. Vor ihm war eine große schwere Tür. Sie war mit Warnschildern bedeckt, und darüber stand nur das Wort:
Magnetom
Alex wusste, was die Warnschilder bedeuteten. Der Pfleger hatte es ihm erklärt. Er öffnete die Tür und trat ein.
Vor ihm stand eine schmale gepolsterte Bank. Dahinter eine große Maschine, die aussah wie eine Mischung aus Wäschetrockner, Raumkapsel und überdimensionalem Donut. In der Mitte war jedenfalls ein Loch, dessen innerer Rand langsam rotierte. Die Bank war so gebaut, dass sie hochgefahren und langsam in das Loch geschoben werden konnte. Alex hatte selbst daraufgelegen, nachdem er in die Klinik gebracht worden war, und der Arzt hatte ihm genau erklärt, was die Maschine machte.
Die Maschine war ein Kernspintomograf, so etwas Ähnliches wie ein Röntgenapparat. Als Alex dort hineingeschoben worden war, hatte ein Scanner ein dreidimensionales Bild seines Körperinneren aufgenommen, mit dem der Arzt die Schäden an seinen Brust-, Arm- und Schultermuskeln besser beurteilen konnte. Er erinnerte sich noch genau an die Worte des Arztes. Und dieses Wissen wollte er sich jetzt zunutze machen.
An der Tür bewegte sich etwas. Pitbull war ihm gefolgt. »Keine Bewegung«, befahl er. Er hielt die Pistole in Brusthöhe. Der Schalldämpfer zeigte auf Alex’ Kopf.
Alex ließ die Schultern sinken. »Sieht so aus, als säße ich in der Falle«, sagte er.
»Du kommst jetzt mit mir, du kleine Stinksocke«, erwiderte der Mann. Er leckte sich die Lippen. »Die anderen ... vielleicht wollten sie dir nichts tun. Aber wenn du jetzt irgendwas versuchst, schieße ich.«
»Ich kann mich nicht bewegen.«
»Was?«
»Ich bin verletzt ...«
Pitbull starrte Alex an, um herauszufinden, was mit ihm nicht stimmte. Er machte einen Schritt nach vorn. Und da geschah es.
Die Pistole wurde ihm
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