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Alex Rider 6: Ark Angel

Titel: Alex Rider 6: Ark Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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beiden Eimern erreicht. Solange er die Stange nicht fallen ließ, konnte er – physikalisch betrachtet – das Gleichgewicht gar nicht verlieren. Er hatte Spielzeug gesehen, das nach demselben Prinzip funktionierte. Eigentlich müsste es ganz einfach sein. Theoretisch.
    Alex machte den ersten Schritt. Er stand mit einem Fuß auf dem äußersten Rand der Dachkante und mit dem anderen auf der Trosse. Jetzt brauchte er sich nur noch nach vorn zu beugen, sein Gewicht von einem Fuß auf den andern zu verlagern, und schon würde er über das Seil balancieren. Wenn die Gesetze der Physik auch für ihn galten, würde er es auf die andere Seite schaffen. Wenn nicht, würde er sterben. So einfach war das.
    Er holte tief Luft und setzte den zweiten Fuß auf das Seil.
    Er spürte das Gewicht der Eimer, die die Stange an beiden Enden nach unten zogen. Einen schrecklichen Augenblick lang schien die ganze Welt seitlich wegzukippen, und er war sicher, dass er abstürzen würde. Aber die Panik verflog: Die Stange noch fester an seine Brust gepresst, schloss Alex die Augen und konzentrierte sich auf die Trosse vor ihm. Erschwor sich, nicht um sein Gleichgewicht zu kämpfen und sich von den Naturgesetzen führen zu lassen.
    Und es funktionierte. Er stürzte nicht ab. Die Trosse schnitt ihm in die Fußsohlen, aber wie durch ein Wunder hielt er sich aufrecht. Wie viele Schritte mochten es bis zur anderen Seite sein? Die Flammen wärmten seinen Rücken.
    Einen Schritt nach dem anderen bewegte er sich voran. Alles in ihm schrie danach, einen Blick nach unten zu werfen; sein Hals und sein Rücken verkrampften sich, so sehr kämpfte er gegen das Verlangen an. Denn genau das durfte er auf keinen Fall tun. Er versuchte sich vorzustellen, er sei auf dem Sportplatz der Brookland-Schule. Da war er oft genug auf den weißen Linien am Boden entlanggegangen. Das hier war genau dasselbe – nur ein bisschen höher.
    Er hatte etwa die Hälfte geschafft, als plötzlich etwas dazwischenkam. Und dann ging alles schief.
    Feuerwehr und Polizei waren eingetroffen. Alex hörte das Kreischen der Sirenen unmittelbar unter sich und senkte unwillkürlich den Blick, er konnte gar nicht anders. Das war ein Fehler. Jetzt ging er nicht mehr über einen Sportplatz. Er stand auf einem Drahtseil, irrsinnig hoch über der Erde. Er sah Männer in Uniform, die zu ihm hochzeigten und schrien; er konnte ihre Stimmen gerade noch hören. Einer der Feuerwehrwagen fuhr seine Leiter nach ihm aus, aber er bezweifelte, dass sie noch rechtzeitig bei ihm ankommen würde.
    Die ganze Welt begann sich um ihn zu drehen. Panik überschwemmte ihn, schien jeden Muskel in seinem Körper zu lähmen und machte ihn so kraftlos, dass er ohnmächtig zu werden glaubte. Gleichzeitig wurde der Wind stärker, und das Transparent unter ihm begann zu flattern wie ein Schiffssegel.
    Die Trosse schwankte hin und her. Alex wusste, nur die Gewichte an den Enden der Stange hielten ihn aufrecht. Er war gelähmt. Er konnte nichts mehr tun.
    Da explodierte das Dach. Endlich hatten die Flammen den Weg in die Freiheit gefunden. Ein Feuerball brach durch die Asphaltschicht. Die Polizisten und Feuerwehrmänner sprangen in Deckung, als Stein- und Metalltrümmer auf die Straße hagelten. Das Hochhaus konnte jeden Moment in sich zusammenstürzen. Alex spürte, wie sein Körper von unten nach oben in Vibration geriet, und bemerkte entsetzt, dass die Halterung der Trosse sich zu lösen begann. Er konnte nicht warten, bis die Feuerwehrleute zu ihm hochgeklettert waren. Ihm blieben nur noch wenige Sekunden.
    Der Schock der Explosion löste seine Lähmung. Alex rannte los, die Stange an die Brust gedrückt wie ein Sprinter, der durchs Zielband läuft. Die Eimer schaukelten wie wild an den Verbandsstreifen. Eine zweite Explosion, noch lauter als die erste. Alex wagte nicht, sich umzudrehen.
    Das Nachbarhaus kam näher, war aber längst noch nicht nah genug. Seine Arme schmerzten so sehr, dass er die schwere Last kaum noch halten konnte. Das Stahlseil schnitt ihm in die Füße. Windstöße attackierten ihn. Er würde es nicht schaffen.
    Und dann riss die Trosse.
    Es hörte sich an wie ein Peitschenknall, und Alex wusste sofort, was passiert war. Mit einem Schrei ließ er die Stange fallen, warf sich nach vorn und streckte die Arme nach dem Dach aus, das nur noch wenige Meter entfernt war. Trosse und Transparent sackten unter seinen Füßen weg. Seine Hände verfehlten die Dachkante, und plötzlich war er im freien

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