Alex Rider 6: Ark Angel
wandte er sich einer gründlichen Untersuchung der Wunde zu. Bei all dem sagte er fast kein Wort.
»Ein Glück für dich, dass du so fit bist«, meinte er schließlich. Er machte dazu ein Gesicht wie ein leidgeprüfter Schuldirektor. »Dieser ganze Unsinn hätte dir ernsthaften Schaden zufügen können, aber die Nähte haben ja offenbar gehalten, und du bist noch mal mit heiler Haut davongekommen.«
»Wann kann ich nach Hause?«
»Wir werden dich nur noch bis heute Abend hierbehalten. Ich fürchte, die Leute, für die du arbeitest, wollen mit dir reden.«
»Ich arbeite für niemanden«, sagte Alex.
»Na ja ... du weißt schon, wen ich meine. Jedenfalls ist nicht auszuschließen, dass dein Organismus doch noch auf die Prügel reagiert, die du ihm verabreicht hast. Ich möchte daher, dass du den ganzen Tag im Bett bleibst. Nach dem Tee komme ich noch einmal vorbei.«
Er erhob sich. »Und noch etwas, Alex. Ich verordne dir mindestens zwei Wochen Ruhe und Erholung. Ich muss darauf bestehen, dass du dich daran hältst.«
»Darf ich zur Schule gehen?«
»Bedaure, vorerst nicht. Deine Operation liegt erst ein paar Tage zurück. Ich weiß, du hast dich erstaunlich schnell erholt, aber es gibt immer noch alle möglichen Risiken – Infektionen und so weiter. Zwei Wochen Ferien, Alex. Keine Widerrede!«
Mit diesen Worten verließ Dr. Hayward den Raum, und Alex war allein. Aber er fand keine Ruhe. Um die Zeit totzuschlagen,spazierte er im Korridor auf und ab. Zimmer acht war leer. Niemand hatte Paul Drevin erwähnt, und wie es aussah, war der Junge nicht mehr da.
Kurz vor dem Mittagessen klopfte es und ein Mann trat ins Zimmer. Es war nicht die Person, mit der Alex gerechnet hatte.
Natürlich war ihm klar, dass der MI6 wissen wollte, was in den Hornchurch Towers passiert war, und dass sie jemanden schicken würden, der ihn befragen sollte. Er hatte Mrs Jones erwartet. Doch an ihrer Stelle kam John Crawley. Er trug einen scheußlichen blauen Blazer mit einem Krönchen auf der Brusttasche und brachte ihm eine Schachtel Pralinen mit. Crawley hatte einmal behauptet, er sei Personalchef, und Alex wusste immer noch nicht, was genau er beim MI6 eigentlich machte. Er war Ende dreißig, hatte schütteres Haar und blickte meistens ziemlich besorgt drein. Er sah irgendwie aus wie jemand, der dauernd seine Heftklammern nachzählte und seine Schreibstifte in einer eigenen Schublade aufbewahrte.
Crawley setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett. »Hab dir was mitgebracht«, sagte er und stellte die Pralinen auf den Nachttisch.
»Danke, Mr Crawley.« Aus der Nähe konnte Alex sehen, dass das Abzeichen auf dem Blazer zu einem Golf & Cricket Club gehörte.
»Mrs Jones bittet um Entschuldigung, dass sie nicht selbst kommen kann. Sie ist in Berlin. Sie hat mich gebeten, herauszufinden, was passiert ist. Die Polizei wollte auch mit dir sprechen, aber ich habe dafür gesorgt, dass sie dich in Ruhe lassen. Wie geht es dir überhaupt? Wir sind alle totalschockiert. Ich bin vor zehn Jahren selbst mit Scorpia aneinandergeraten und bin auch beinahe dabei draufgegangen. Aber kommen wir auf Force Three zurück. Was genau ist passiert?«
Crawley packte ein Diktiergerät aus und legte es aufs Bett. Alex erzählte rasch das Nötigste, angefangen von dem Moment, als die vier Männer ins St. Dominic gekommen waren. Er schilderte den Kampf im Krankenhaus, seine Begegnung mit Kaspar in dem leerstehenden Hochhaus, er berichtete von der Lösegeldforderung und von seiner Flucht vor dem Feuer. Crawley blinzelte mehrmals, unterbrach ihn aber nicht.
»Wow, das ist ja ziemlich abenteuerlich«, kommentierte er Alex’ Bericht und schaltete das Diktiergerät aus. »Ich weiß noch, wie wir beide uns zum ersten Mal begegnet sind. Ich habe sofort gesehen, dass du was Besonderes bist. Ich habe deinen Vater gekannt. Bis jetzt durfte ich dir das nicht sagen. Ich habe einige Male mit ihm zusammengearbeitet.«
»Im Einsatz?«
»Ja. Das war, bevor ...« Crawley fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. »Jedenfalls wurde ich verwundet und musste aufhören. Aber du bist genau wie er. Bemerkenswert. So, jetzt habe ich nur noch ein paar Fragen, und dann lass ich dich in Ruhe.« Er schaltete das Diktiergerät wieder auf Aufnahme. »Der Mann, der dich verhört hat. Du sagst, er hat sich Kaspar genannt. Kannst du ihn beschreiben?«
»Das ist einfach, Mr Crawley. So ein Gesicht vergisst man nicht.«
»Er war tätowiert?«
»Ja.« Alex beschrieb den Mann, der ihm
Weitere Kostenlose Bücher