Alex Rider 7: Snakehead
Cholera, Gelbfieber und andere Krankheiten, die dieser Tropenfluss mit sich führen mochte. ASIS hatte ihm keinerlei Schutzimpfungen gegeben, bevor er nach Bangkok geflogen war. Aber darum konnte er sich später kümmern. Die Zeit würde noch kommen, wo er sich beschweren konnte ...
Er war noch nie so erschöpft gewesen. Das Wasser fühlte sich wie eine weiche Matratze an, und am liebsten hätte er sich auf den Rücken gelegt und etwas geschlafen. Wie weit war er gekommen? Dr. Tanner hatte gesagt, die Bora-Fälle seien eine Meile vom Krankenhaus entfernt, aber er hatte das Gefühl, er habe mindestens die doppelte Strecke zurückgelegt. Von dem Hubschrauber gab es keine Spur. Das war gut. Sie hielten ihn für tot. Dann würden sie ihn ja wohl in Ruhe lassen.
Etwas später lag er im Ufersand. Er hatte gar nicht gemerkt, dass er dort angespült wurde, und war dann eingeschlafen, denn die Sonne stand jetzt viel höher am Himmel. Er ließ die Wärme in sich eindringen. Soweit er das beurteilenkonnte, hatte er sich nichts gebrochen. Hals und Rücken waren böse zerschunden und taten höllisch weh – sein Rückgrat hatte die volle Wucht des Aufpralls abbekommen –, und überall an Oberkörper und Beinen hatte er Schürf- und Schnittwunden. Seine Chancen, den Wasserfall zu überleben, waren schon sehr gering gewesen, aber dass ihm das ohne eine ernsthafte Verletzung gelungen war, grenzte an ein Wunder. Er erinnerte sich, was Ash ihm von seinem Vater erzählt hatte. Er hatte immer unglaubliches Glück. Offenbar hatte Alex das von ihm geerbt.
Ash.
Reef Island.
Der Tsunami, der auf Westaustralien zuraste.
Alex hatte so viel mit sich selbst zu tun gehabt, dass er alles andere aus dem Blick verloren hatte. Wie viel Zeit blieb ihm noch, ehe Major Yu die Bombe detonieren ließ, die eine so verheerende Wirkung auf die tektonischen Platten der Erde ausüben sollte? War es schon zu spät? Alex setzte sich mühsam auf und hoffte, dass die Sonne wieder Leben in seine müden Knochen bringen würde. Er dachte nach. Yu hatte etwas von vier Tagen gesagt. Um Mitternacht des vierten Tages gerate die Erde in ein ungewöhnlich starkes Gravitationsfeld, und die Verwerfungslinie tief unter dem Meeresboden sei dann besonders anfällig für Erschütterungen.
Vier Tage. Drei davon hatte Alex als Gefangener verbracht. Also würde es heute Nacht geschehen! Jetzt war es höchstens zehn Uhr vormittags. Also blieben ihm noch etwa zwölf Stunden, eine furchtbare Katastrophe zu verhindern: die Ermordung von acht Leuten auf Reef Island und der Tod von Tausenden auf dem australischen Kontinent.
Und plötzlich ging ihm die völlige Hoffnungslosigkeit seiner Lage auf. Schön und gut, es war ihm gelungen, dem entsetzlichen Tod zu entrinnen, den Major Yu ihm zugedacht hatte. Aber wo war er jetzt? Alex sah sich um. Den Regenwald hatte er hinter sich gelassen. Er befand sich am Rand einer Flussebene. In der Ferne, etwa fünfzig Meilen entfernt, waren Berge zu erkennen. In der Nähe gab es weit und breit nur kleine, dickstämmige Bäume, deren Namen er nicht kannte, einzelne Felsbrocken und Termitenhügel. In der Luft hing ein dumpfer, süßlicher Geruch wie von vermoderndem Holz. Das war alles. Er war mitten im Nirgendwo.
Er konnte nichts machen. Niemand würde ihn operieren, aber sterben würde er trotzdem – an Entkräftung oder an irgendeiner Krankheit. Vorausgesetzt natürlich, dass er vorher nicht von einem Salzwasserkrokodil gefressen wurde. Alex fuhr sich mit einer schmutzigen Hand übers Gesicht. Seit er diesen Auftrag übernommen hatte, schien alles schiefgelaufen zu sein. Er war nie Herr der Lage gewesen. Er dachte an die Szene in Sydney, als Ethan Brooke ihm die Sache erläutert hatte. Er sollte bei einer Operation als Tarnung dienen, das war alles. Ein Kinderspiel. Stattdessen hatte er die zwei schlimmsten Wochen seines Lebens erlebt. Gott! Er hätte auf Jack hören sollen.
Er schaute zu den Bergen. Bis dorthin würde er mindestens einen Tag brauchen. Das war zu lange. Und wer sagte ihm, dass dort jemand lebte? Vom Flugzeug aus hatte er keinerlei Straßen oder Häuser gesehen. Wenn er nur mit dem MI6 Kontakt aufnehmen könnte. Er sah auf sein Handgelenk. Trotz allem, was er durchgemacht hatte, war die Uhr noch heil. Die Frage war: Warum funktionierte sie nicht? Smithers hatte siefür ihn persönlich konstruiert. Die Uhr musste ein Signal aussenden. Welchen Grund könnte der MI6 haben, es zu ignorieren? Alex dachte an sein Treffen mit Mrs
Weitere Kostenlose Bücher