Alex Rider 7: Snakehead
Vogelscheuche!«
»So fühle ich mich auch.« Alex unterbrach sich. »Wie viel Uhr ist es, Ben?«, fragte er dann.
Die Frage schien Ben zu überraschen. Er sah auf seine Uhr. »Zehn nach eins. Warum fragst du?«
»Wir müssen los. Uns bleiben keine zwölf Stunden mehr.« »Wozu?«
»Das erzähl ich Ihnen unterwegs ...«
A lex fühlte sich so gut wie seit Langem nicht mehr. Er hatte es warm, saubere Sachen an und war satt, und die Gefahren der letzten Tage waren nur noch eine blasse Erinnerung. Er lag in einer bequemen Koje auf einem Militärgelände außerhalb von Darwin, wo Ben Daniels ihn abgeliefert hatte. Er trug einen Kampfanzug, das Einzige, was Ben für ihn hatte auftreiben können. In den letzten Stunden hatte man ihn allein gelassen.
Draußen vor dem Fenster ging es hektisch zu. Soldaten liefen über den Exerzierplatz, Jeeps kamen im Eiltempo an und rasten wieder davon. Der Helikopter stand noch genau dort, wo er ge landet war. Vor einer halben Stunde war ein Tankwagen vorgefahren, und Alex hatte beobachtet, wie der Hubschrauberaufgetankt wurde. Er fragte sich, ob das etwas zu bedeuten hatte. Vielleicht passierte ja doch noch etwas.
Trotz allem konnte er sich nicht wirklich entspannen. Es war halb sieben, und sehr bald würde die Sonne untergehen; Erde und Mond bewegten sich unaufhaltsam auf die Konstellation zu, die Major Yu für seine Zwecke nutzen wollte. Um Mitternacht würde Royal Blue tief unter dem Meeresboden zur Detonation gebracht werden. Und dann nahm das Verhängnis seinen Lauf.
Und was unternahmen MI6 und ASIS dagegen?
Alex hatte Ben und einem ganzen Stab australischer Offiziere bereits alles erklärt. Seine Geschichte war unglaublich, absolut unfassbar, aber das Seltsame war, dass kein einziger seiner Zuhörer seine Darstellung in Zweifel gezogen hatte. Schließlich war das der Junge, der aus dem Weltraum gekommen war. Alex nahm an, dass man bei ihm jetzt alles für möglich hielt. Einer der Männer war Sprengstoffexperte und konnte bestätigen, was Major Yu gesagt hatte. Es sei in der Tat möglich, künstlich einen Tsunami auszulösen. Um Mitternacht werde die Verwerfungslinie einem enormen Gravitationsdruck ausgesetzt sein. Schon eine relativ kleine Explosion könnte ausreichen, um eine globale Katastrophe herbeizuführen, und Yu stehe immerhin die ungeheure Sprengkraft von Royal Blue zur Verfügung.
In einer Hinsicht war Scorpias Vorhaben allerdings schon gescheitert. Dank Alex wussten die Geheimdienste jetzt, was diese Verbrecher planten, und selbst wenn eine Monsterwelle alles Leben auf Reef Island auslöschen sollte, würde dies nun niemand mehr für einen Unglücksfall halten. Alex vermutete, dass die Insel sicherheitshalber sowieso schon längst evakuiertwar. Major Yu brauchte eigentlich gar nicht mehr auf den Knopf zu drücken. Wenn er vernünftig war, hatte er sich längst irgendwo in ein Versteck zurückgezogen.
Es klopfte. Alex richtete sich auf. Ben Daniels trat ein. Er machte ein grimmiges Gesicht.
»Die wollen dich«, sagte er.
»Wer?«
»Die Kavallerie ist soeben eingetroffen. Sie warten in der Offi ziersmesse ...«
Alex ging mit Daniels über den Platz und fragte sich, was nun schon wieder schiefgelaufen war. Aber wenigstens nahm man ihn hier ernst. Der MI6 hatte ihn immer abwechselnd wie einen Agenten oder wie einen Schuljungen behandelt und ihn einfach in die Wüste geschickt, wenn es ihnen passte. Die Messe war ein niedriges Holzgebäude auf der anderen Seite des Platzes. Daniels blieb hinter ihm, als er die Tür aufmachte und hineinging.
Die meisten Offiziere, mit denen er vor einigen Stunden gesprochen hatte, waren noch da und brüteten über Land- und Seekarten, die überall auf den Tischen ausgebreitet lagen. Neu hinzugekommen waren zwei Männer, die Alex sofort erkannte. Das war die Kavallerie, von der Ben gesprochen hatte. Ethan Brooke saß an einem Tisch, Marc Damon stand hinter ihm. Vermutlich hatte man sie von Sydney eingeflogen. Garth – der Blindenhund – wedelte mit dem Schwanz, als er Alex sah. Wenigstens einer hier freute sich, ihn zu sehen.
»Alex!« Der Blinde musste sein Eintreten irgendwie bemerkt haben. »Wie geht es dir?«
»Ganz gut.« Alex wusste nicht, ob er über die Anwesenheit dieses Mannes wirklich erfreut sein sollte. Ethan Brooke, derLeiter der Abteilung verdeckte Operationen des australischen Geheimdienstes ASIS, hatte ihn so kaltblütig manipuliert, wie Alan Blunt in London es auch schon mit ihm getan hatte. Diese Leute
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