Alex Rider 7: Snakehead
verbracht, bevor Dr. Tanner ihn hierhergeholt hatte. Die Arbeit im Krankenhaus gefiel ihm, und es machte ihm Spaß, die Patienten zu quälen, während sie immer schwächer wurden. Aber jetzt war er sauer. Er brauchte seinen Schlaf. Und er bekam solche nächtlichen Überstunden nicht bezahlt.
Als er sich dem Haus näherte, sah er im Gras vor der Tür etwas glänzen. Eine ausländische Münze. Quombi fragte sich nicht lange, wie die dorthin gekommen sein mochte. Geld war Geld. Er ging hin und bückte sich, um sie aufzuheben.
Irgendwie spürte er, dass von oben etwas herabstürzte, aber er kam nicht mehr dazu, nachzusehen, was das war. Der Aktenschrank hätte ihn erschlagen können, aber er hatte Glück. Das Ding erwischte ihn nur an der Schläfe. Dennochwar er auf der Stelle bewusstlos. Zum Glück machte der Schrank kaum ein Geräusch, als er auf dem weichen Gras aufschlug. Quombi kippte um wie ein gefällter Baum. Der Hund sprang auf und winselte. Er wusste, da stimmte etwas nicht, aber auf so etwas war er nicht vorbereitet. Er schnüffelte an der reglos liegenden Gestalt, setzte sich auf die Hinterbeine und kratzte.
Auf dem Balkon im ersten Stock stand Alex Rider und betrachtete sein Werk mit grimmiger Genugtuung.
Er hatte nicht geschlafen. Er hatte die Tabletten in der Hand verschwinden lassen und nur das Wasser geschluckt. Und seitdem hatte er gewartet.
Mehrmals war er in der Nacht aufgestanden, um nachzusehen, ob Jacko immer noch da war, und er hatte gehört, was der Mann zu dem Hund gesagt hatte. Und dann hatte er sich angezogen und sich an die Arbeit gemacht.
Er hatte es fast nicht geschafft, den schweren Aktenschrank die Treppe hochzutragen, nur die Verzweiflung hatte ihm die Kraft dazu verliehen, als er ihn mit beiden Armen umklammert und auf ein Knie gestützt in den ersten Stock gewuchtet hatte. Noch schwieriger war die Aktion dadurch, dass er darauf achten musste, nicht an die Wände oder die Treppenstufen zu stoßen. Schwester Isabel hatte ihr Zimmer im Erdgeschoss, und das leiseste Geräusch konnte sie wecken. Er hatte den Schrank in das Zimmer über der Eingangstür geschleppt und mit letzter Kraft auf dem Balkongeländer abgestellt, ihn dann mit einer Hand festgehalten und mit der anderen in seiner Hosentasche gewühlt.
Er hatte es noch rechtzeitig geschafft. Nur Sekunden nachdem Alex die 1 0-Baht-Münze als Köder auf den Rasen geworfenhatte, war Quombi aufgetaucht. Jetzt konnte die Falle zuschnappen.
Und sie war zugeschnappt. Jacko schlief. Auch Schwester Isabel hatte offensichtlich nichts gehört. Quombi war bewusstlos. Mit etwas Glück hatte er ihm vielleicht sogar den Schädel eingeschlagen. Und der Hund hatte ihm auch keinen Strich durch die Rechnung gemacht und war still geblieben.
Der Hund kam als Nächster dran.
Alex schlich die Treppe hinunter und ging zur Haustür. Spike knurrte, als er ihn sah, sträubte die Nackenhaare und starrte ihn mit seinen hässlichen braunen Augen an. Aber – wie Dr. Tanner – hatte ihm auch Schwester Hicks mehr erzählt, als gut für sie war. Sie hatte gesagt, der Hund sei darauf abgerichtet, niemals ins Haus zu kommen. Das Tier war eindeutig eine tödliche Waffe. Und extrem abstoßend, selbst für einen Pitbull. Aber er würde ihm nichts tun, solange er nicht nach draußen trat.
»Braver Hund«, flüsterte Alex.
Er streckte die Hand aus. Darin hielt er das Steak, das man ihm am ersten Abend gebracht hatte. Wie nett von Dr. Tanner, ihn auf den Hund aufmerksam zu machen. In das Fleisch hatte er die sechs Schlaftabletten gedrückt, die er in den letzten drei Tagen bekommen hatte. Die Frage war nur – würde der Hund den Köder schlucken? Da er sich nicht vom Fleck rührte, warf Alex das Steak ins Gras; es landete neben dem reglosen Wächter. Das Tier lief hin und wedelte mit dem Stummelschwanz. Ein Blick, ein Schnüffeln, und schon schnappte es gierig nach dem Fleisch und verschlang es mit einem Biss.
Genau wie Alex gehofft hatte.
Es dauerte zehn Minuten, bis die Wirkung der Tabletten einsetzte. Alex sah den Hund immer träger werden, bis er schließlich zur Seite kippte und reglos liegen blieb; nur seine Brust hob und senkte sich. Das Blatt schien sich endlich zu seinen Gunsten zu wenden. Er trat vorsichtig ins Freie, trotz allem immer darauf gefasst, dass der Hund oder Quombi plötzlich aufwachen konnte. Aber diese Sorge war unberechtigt. Er las die Münze auf – sie lag dicht neben dem Aktenschrank – und lief in die Nacht hinaus.
Aus weiter
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