Alex Rider 7: Snakehead
Eigentlich mussten Bug und Heck ausbalanciert im Wasser liegen, aber leider befand sich das Loch, das er gemacht hatte, nicht in der Mitte. Als er sein Gewicht zu verlagern versuchte, geriet er so heftig ins Schwanken, dass er zu kentern drohte, er schaffte es gerade noch im letzten Augenblick, sich wieder zu fangen. Er versuchte es noch einmal, diesmal vorsichtiger, und jetzt gelang es ihm. Sein Kajak schwamm waagerecht auf dem Wasser. Er ließ eine Schulter sinken. Das Fiberglas presste sich in seinen Rücken und der Kajak legte sich leicht auf die Seite. Er hatte es unter Kontrolle.
Er holte tief Luft und stieß ab.
In letzter Sekunde knipste er das Feuerzeug an. Die winzige Flamme sprang auf und musste gleich gegen den Regen kämpfen. Alex hielt sie ans Gras, und im selben Augenblick raste das Feuer auch schon auf das Krankenhaus zu, das jetzt im schnell heraufkommenden Morgenlicht deutlich zu sehen war. Alex wartete nicht, bis die Flamme es erreicht hatte. Er paddelte bereits aus Leibeskräften. Bei dem Versuch, sich mit vorgebeugten Schultern noch schneller voranzutreiben, geriet er ein paarmal ins Schwanken, aber das gab sich allmählich und der Schwimmer machte seinem Namen nun doch alle Ehre. Er trug ihn sicher davon.
Hinter ihm erreichten die Flammen das Krankenhaus.
Die Wirkung war spektakulärer, als Alex erwartet hatte. Das Regenwasser hatte das Flugbenzin überallhin ausgebreitet, und so nass das Holz außen auch sein mochte, innen war es nach Jahren in der australischen Sonne knochentrocken. Alex hörte die dumpfe Detonation, als das Feuer mit einem Schlag ausbrach, und spürte die Hitze auf seinen Schultern. Er warf einen Blick zurück und sah das ganze Gebäude in Flammen stehen. Auf dem Dach verdampften die Regentropfen. Feuer und Wasser lieferten sich einen erbitterten Kampf.
Noch war niemand herausgekommen, aber dann war plötzlich Jacko da, aus dem Schlaf gerissen und noch nicht imstande zu begreifen, was eigentlich geschehen war. Ihm folgte Dr. Tanner. Inzwischen stand nicht mehr nur das Krankenhaus in Flammen. Das Verwaltungsgebäude und eins der anderen Häuser brannten jetzt ebenfalls. Das ganze Gelände war ein einziges Chaos. Nun erschien auch der Amerikaner, R. V. Weinberg, in einem gestreiften Schlaf anzug. Alex, der hektisch weiter durch den prasselnden Regen paddelte, musstefast lachen beim Anblick seiner brennenden Hosenbeine. Der Mann würde nicht nur seine Augen behandeln lassen müssen.
Jetzt entdeckte Tanner den Aktenschrank im Gras und daneben den immer noch bewusstlosen Quombi. Er begriff sofort.
»Der Junge!«, schrie er. »Sucht den Jungen!«
Weinberg wälzte sich kreischend in einer Pfütze. Die anderen ignorierten ihn und verteilten sich auf der Suche nach Alex auf dem Gelände. Aber selbst wenn sie auf die Idee gekommen wären, einen Blick auf den See zu werfen, wäre es zu spät gewesen. Alex war längst hinter dem Regenvorhang verschwunden.
Es gab einen ohrenbetäubenden Knall. Der Generator spuckte Funken und einen schwarzen Rauchschwall aus. Die vereinte Attacke von Feuer und Wasser hatte ihn außer Gefecht gesetzt. Tanner schrie auf.
»Sir – das Flugzeug!« Jacko hatte die Piper entdeckt, die bedenklich schief auf ihrem einen Schwimmer ruhte.
Tanner, das Gesicht von Regen überströmt, starrte die Bescherung an und reimte sich die Geschichte zusammen. Jetzt wusste er, wohin Alex verschwunden war. Er suchte angestrengt den Fluss ab, aber der Rauch, der Regen und das Dämmerlicht des Morgens waren undurchdringlich. Doch der Junge konnte noch nicht weit gekommen sein. Noch war es nicht vorbei.
Dr. Tanner nahm sein Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer.
A lex hörte die ersten Stromschnellen schon, bevor er sie sah. Der See war überhaupt kein See – nur ein sehr breiter Abschnitt des Flusses. Wahrscheinlich gab es ein Wort dafür, aber es war lange her, seit er das letzte Mal im Erdkundeunterricht gesessen hatte. Am anderen Ende wurde der See wieder schmaler, die Ufer liefen aufeinander zu, und Alex spürte die Strömung immer stärker werden. Er brauchte kaum noch zu paddeln. Gleichzeitig rückte der Regenwald auf beiden Seiten immer näher, die Bäume ragten hoch über ihm auf, das Laub der überhängenden Zweige wurde immer dichter. Und dann ein Geräusch, an das er sich gut erinnerte. Es war noch fern, aber gewaltig, und erfüllte ihn sofort mit Grauen. Tosendes Wasser, irgendwo hinter der nächsten Biegung. Es klang wie eine drohende
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