Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)

verdient. Wenn Alex nicht gewesen wäre, wäre die Außenministerin jetzt tot und wir stünden auf Kriegsfuß mit den Amerikanern. Und das alles nur wegen des Parthenonfrieses! Es ist unglaublich.«
Blunt breitete die Arme aus. »Ich übernehme dafür die volle Verantwortung. Seien Sie unbesorgt. Sie können Ihre neue Stelle mit reinem Gewissen antreten.«
»Ich wünschte, es wäre so. Aber ich habe Alex Riders Einsatz ja von Anfang an zugestimmt – seit dem Fall Stormbreaker vor über einem Jahr. Ich habe damals meine Zweifel gehabt, ob es richtig ist, einen vierzehnjährigen Jungen mit hineinzuziehen, aber ich habe sie verdrängt. Er war so nützlich. In dieser Beziehung bin ich genauso schuldig wie Sie.«
Blunt hatte ihr beeindruckt zugehört. Die Stimme seiner früheren Stellvertreterin klang stählern. Er hatte diese Seite an ihr bisher nie wahrgenommen. »Wie schlimm ist sein Zustand?«
»Sie wissen sicherlich, dass er Julius Grief getötet hat«, sagte Mrs Jones. »Auch das ist so eine Sache. Wir hätten uns nie mit Griefs angeblichem Tod in Gibraltar abfinden sollen. Ich habe bereits angeordnet, die ganze Einrichtung zu schließen. Alex hatte nicht zum ersten Mal eine Schusswaffe in der Hand, aber diesmal hat er damit getötet. Er musste Julius erschießen. Ich denke nicht, dass man ihm Vorwürfe machen kann. Leider hatte es für ihn traumatische Folgen.«
Sie verstummte. Blunt wartete.
»Ich habe mit den Psychologen gesprochen. Sie sagten, es sei für Alex fast so, als hätte er sich selbst umgebracht. Schließlich sahen die beiden Jungen genau gleich aus. Anders ausgedrückt: Mit Julius Grief ist auch ein Teil von Alex gestorben. Der Teil, den es nie hätte geben dürfen.«
»Vielleicht der Teil, den wir geschaffen haben«, warf Blunt ein.
»Vielleicht. Jedenfalls ist die Akte Alex Rider ein für alle Mal geschlossen. Es war ein Experiment, das wir gar nicht erst hätten starten dürfen. Ich will nicht darauf herumreiten, aber wir haben damals falsch entschieden – wir beide. Es wird nicht wieder vorkommen.«
»Wollten Sie mich deshalb sprechen?«
»Nein. Sie sind mir noch eine Erklärung schuldig, bevor Sie gehen. Bezüglich des Attentats auf Alex in der Brookland School.« Mrs Jones wartete darauf, dass Blunt etwas sagte, doch er schwieg. Er betrachtete sie lediglich mit höflichem Interesse, genau wie sie erwartet hatte. »Ein Scharfschütze sollte Alex erschießen«, fuhr sie fort. »Seltsamerweise hat Erik Gunter nie davon gesprochen. Auch Razim nicht. Man könnte fast denken, die beiden wussten nichts davon. Und noch zwei weitere Fragen stellen mich vor ein Rätsel. Die erste ist ganz einfach: Warum hat der Schütze danebengeschossen? Es stimmt, dass Alex ihn bemerkt hat und blitzschnell ausgewichen ist. Trotzdem: Die Kugel hat seinen Schreibtisch getroffen, nicht seinen Stuhl. Das klingt, als hätte er gar nicht auf Alex gezielt. Und dann gibt es da noch den Vorfall im Industriegebiet von Wandsworth. Alex hörte den Schützen mit dem Hubschrauberpiloten sprechen. Er sagte: ›Alles in Ordnung. Auftrag ausgeführt.‹ Hat er gelogen? Oder am Ende doch die Wahrheit gesagt? Hatte er seinen Auftrag erfüllt?«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Das wissen Sie doch ganz genau. Sie dachten, die Schule in Kairo sei in Gefahr, und wollten Alex unbedingt hinschicken. Also haben Sie einen Scharfschützen und einen Hubschrauberpiloten engagiert. Sie haben das alles eingefädelt. Alex musste glauben, er sei in Lebensgefahr – schlimmer noch, auch seine Freunde könnten gefährdet sein –, also stimmte er Ihrem Vorschlag wohl oder übel zu. Ich habe übrigens herausgefunden, wem der Hubschrauber gehört, leugnen ist zwecklos.«
»Es würde mir nie einfallen, Ihren Verstand derart zu beleidigen«, erwiderte Blunt.
»Was wurde aus dem Piloten und dem Schützen?«
»Beide haben überlebt. Mit ein paar Knochenbrüchen, nichts Ernsthaftes. Sie erholen sich derzeit auf der Isle of Man.«
»Sind Sie sich eigentlich darüber im Klaren, was Sie da angerichtet haben? Sie haben eine Schießerei an einer britischen Schule arrangiert! Sie haben den Verkehr von halb London zum Erliegen gebracht und einige Tausend Stunden Polizeiarbeit verschwendet. Nur damit Sie Ihren Willen bekommen. Und was hat es Ihnen genützt? Nichts. Scorpia hat Sie hereingelegt.«
Alan Blunt nahm die Brille ab, putzte sie mit einem Taschentuch und setzte sie wieder auf. Seine Augen blickten auf einmal müde drein. »Wer weiß davon?«
»Nur