Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
der Baustelle und entfernte sich auf der Straße in die entgegengesetzte Richtung. Alex konnte den Fahrer nicht sehen, schloss aber aus der Silhouette, dass es sich um einen Mann handelte und dass er allein war. Also war er der Scharfschütze. Alex sah ihm wutentbrannt nach. Die Sirenen der Schule schrillten immer noch und er hörte die ersten Polizeiautos eintreffen. Türen wurden zugeschlagen und Männerstimmen brüllten Befehle.
Alex durfte keine Zeit verlieren. Gleich würden die Straßen abgesperrt werden. Wenn er Pech hatte, konnte der Schütze entkommen, während er zurückbleiben musste.
Der Golf fuhr zügig, aber nicht schneller als erlaubt, als wollte er nicht unnötig auf sich aufmerksam machen. Alex nahm die Verfolgung auf, natürlich in gebührendem Abstand. Vor einem knappen Jahr war er schon einmal einem Auto hinterhergefahren. Damals war er einem Drogenhändler in einem Skoda zu einem Boot auf der Themse in der Nähe der Putney Bridge gefolgt. Er hätte nie gedacht, dass er das Gleiche noch einmal erleben würde, und das unter erschwerten Bedingungen. Denn der Drogenhändler hatte ihn nicht gekannt. Der Scharfschütze dagegen brauchte nur in den Rückspiegel zu blicken. Alex fuhr auf den Gehweg und duckte sich hinter die parkenden Autos, um nicht bemerkt zu werden.
London ist die Stadt mit dem langsamsten Verkehr ganz Europas. Die Autos fahren mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von neunzehn Stundenkilometern und es ist allgemein bekannt, dass man auf zwei Rädern am schnellsten vorankommt.
Während Alex den Gehweg entlangfuhr, musste er daran denken, wie sein Onkel Ian Rider einmal in einem Stau geschimpft hatte. »Ich weiß nicht, warum ich mir einen BMW mit Sechszylinder-Turbomotor gekauft habe. Mit einem Pferdefuhrwerk wäre ich genauso schnell.« Alex wusste, dass er mit seinem Fahrrad gegenüber dem Golf im Vorteil war. Er konnte zwischen anderen Autos hindurchfahren, rote Ampeln missachten und an Ecken über den Gehweg abkürzen. Solange sie auf keine vierspurige Schnellstraße kamen, konnte er mit dem Golf mithalten.
Der Golf war am Ende der Straße angelangt und bog nach links in Richtung King’s Road ab. Bevor er außer Sicht verschwand, prägte Alex sich noch rasch das Nummernschild ein. Es enthielt drei Buchstaben: DER. In London fuhren viele Volkswagen und die meisten davon waren silbern. Zum Glück konnte er sich die Buchstabenkombination leicht einprägen. Alex fuhr auf dem Gehweg um die Ecke und verfehlte nur knapp eine Frau mit einem Kinderwagen. Sein Rad war für solche Fahrten perfekt geeignet. Es war nicht zu schwer und ließ sich mit seinen leichtgängigen 28-Zoll-Rädern gut lenken. Die 21-Gang-Schaltung sorgte für die nötige Geschwindigkeit. Sie fuhren in Richtung Westen, aus der Stadt hinaus. Die Schule lag bereits weit hinter ihnen.
Der Golf blinkte rechts, obwohl dort keine Straße abführte. Sie kamen an einer Reihe von Geschäften vorbei. Den Abschluss bildete eine Esso-Tankstelle, in die der Golf jetzt einbog. Alex fluchte. Offenbar hatte er doch das falsche Auto verfolgt. Scharfschützen, die von einem Einsatz zurückkehren, halten gewöhnlich nicht an, um zu tanken oder sich ein Twix zu kaufen. Alex bremste und beobachtete keuchend, wie der Golf über den Platz vor der Tankstelle rollte. Er überlegte, ob er zur Schule zurückfahren sollte, entschied sich dann aber dagegen. Dort musste er zu viele Fragen beantworten. Am besten, er fuhr nach Hause zu Jack.
Der Golf tankte nicht. Er war, ohne anzuhalten, in die Autowaschanlage hineingefahren, was seltsam war, denn davor stand ein großes Schild mit der Aufschrift AUSSER BETRIEB. Verwirrt verfolgte Alex von der anderen Straßenseite aus, was nun geschah. Der Fahrer hatte nicht einmal das Fenster geöffnet, um eine Wertmarke einzuwerfen. Trotzdem begannen die Bürsten sich zu drehen, als der Wagen hinter dem Plastikvorhang verschwunden war, und Wasser spritzte aus den an den Wänden verlaufenden Schläuchen. Es war, als hätte die Anlage auf dieses Auto gewartet. Das Schild sollte offenbar nur andere Fahrer abhalten.
Alex blieb, wo er war, und wartete darauf, dass der Golf wieder auftauchte. Er war inzwischen überzeugt, dass hier etwas nicht stimmte und der seltsame Vorgang etwas mit der Schießerei in der Schule zu tun hatte. Von seinem Platz aus konnte er die Umrisse des Autos nur vage erkennen. Es war in eine Dampfwolke eingehüllt, die sich hinter dem Plastikvorhang ausbreitete. Wasser und Seifenschaum
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