Alexa, die Amazone – Die große Chance
Kachelofen, an dem die Struckat-Brüder mit ihren Gästen sitzen und meint zu Harald: »Verstehst du das? Die haben keinen Respekt mehr vor mir!«
Harald kann sich ein Grinsen nicht verkneifen.
»Werden sie schon wieder kriegen, wenn du mit mir jetzt das Buffet eröffnest.«
Er zwinkert ihm zu und steht auf.
»Alles mal herhören«, sagt er laut in den Raum. »Auch ich möchte euch herzlich danken, ihr macht meinem Namen alle Ehre.« EhrlicheFreude malt sich in die Mienen seiner Schüler. Harald Struckat lässt kurz den Blick schweifen und fährt dann, mit einer Handbewegung zu Hans-Ulrich Siebold fort: »Zur Feier des Tages haben wir im Nebenraum ein Buffet für euch herrichten lassen. Ich würde ja nun eigentlich darauf bestehen, das Buffet erst dann zu eröffnen, wenn der kleine schwarze Dackel gefunden ist und dabei sein kann, schließlich ist ja auch für die Tiere Weihnachten – aber Herr Siebold hat mich eben in seiner Gutmütigkeit und mit Rücksicht auf eure leeren Bäuche beschworen, das Buffet jetzt schon freizugeben.«
Gejohle und Gelächter ringsherum, Rufe »Hoch Siebold!« werden laut. Würdig, mit einem stillen Lächeln um die Augen, schreitet Hans-Ulrich Siebold zu dem anderen Ende des Raumes, stößt eine Flügeltür auf und gibt der nachfolgenden Meute den Weg frei.
»So, jetzt haben wir aber lange genug auf deine Reiterkameraden Rücksicht genommen«, findet Karin gegen zweiundzwanzig Uhr, »nun wollen wir dich einmal ganz für uns haben.«
»Eine gute Idee«, stimmt Bianca zu, »lasst uns zu uns rübergehen.«
Alexa, die ewig zwischen dem großen runden Tisch mit ihren Eltern, Kurt und den ganzen Reitschul-Führungskräften und der langen Tafel ihrer Freunde hin- und hergerissen war, atmet auf. Wenn sie erst einmal aus dem Blickfeld ist, kommt sie sich auch nicht so grauenhaft privilegiert vor, am »Prominententisch« zu sitzen. Und dann muss sie auch nicht immer Michaels Blick ausweichen. Das ist wirklich schon anstrengend genug. Was hat er denn plötzlich? Anscheinend nimmt er das »Fest der Liebe« etwas zu wörtlich. Dabei hat Alexa ganz andere Sorgen. Wie sie vermutet hat, ist Flavio von Bianca ganz hingerissen. Dummerweise sitzen die beiden auch noch nebeneinander. Harald, und das schlägt nun doch wirklich dem Fass den Boden aus, hat Flavio auch noch dazu aufgefordert. »Ich muss mich ein bisschen um meine Schüler kümmern«, hatte er zu Flavio gemeint, »übernimm eben du so lange meine Rolle«. Na, danke! Alexa war heiß und kalt geworden und widerstrebendhatte sie den Stuhl zwischen ihren Eltern gewählt. Flavio nickte ihr von schräg gegenüber manchmal lächelnd zu, aber für Bianca hatte er ganz andere Augen.
Selbst die Aufforderung von Kurt: »Komm, erzähl doch mal, was du hier so treibst und was du schon alles gelernt hast« ist ihr lästig. Obwohl sie Kurt doch alles zu verdanken hat. Wirklich alles! Sie erzählt ein bisschen, aber die rechte Begeisterung spricht nicht aus ihr. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtet sie Flavio.
Was ist bloß los mit mir?, überlegt sie und merkt, wie ihre Laune zusehends schlechter wird.
Immer wieder zieht es sie an den langen Tisch, wo die Stimmung gewaltig steigt und der Alkohol sich in haltlosem Lachen bemerkbar macht.
»Da kommt ja unser kleiner Dackel«, begrüßt Friedhelm sie ein ums andere Mal und immer brechen alle in Lachen aus.
»Das Einzige, was ich von eurem Edelmut hab, sind blaue Flecken«, gibt Alexa beim vierten Mal zurück.
»Oh, wo denn?«, fragt Michael und macht Miene, aufzustehen und zu ihr zu gehen, um genauer nachzusehen.
Alexa, spontan im Rückzug, besinnt sich plötzlich anders. Kann ja eigentlich nicht schlecht sein, wenn Flavio merkt, dass ich auch ein begehrenswertes weibliches Wesen bin, denkt sie sich und lächelt Michael aufmunternd zu.
»Hier ist einer«, sagt sie laut und zieht ihre weiße Bluse an der Seite ein Stück weit hoch. Allerdings so, dass es vom runden Tisch aus nicht zu sehen ist.
Friedhelm pfeift spontan durch die Zähne und die anderen hämmern vor Begeisterung auf den Tisch.
»Weiter ...«, schreit das Pickelgesicht.
Alexa hat genug und verzieht den Mund. »Just in your dream, boy!«
»Stell dich nicht so an, bist doch sonst auch nicht so zimperlich!«Peter grinst sie frech an und das Pickelgesicht zieht einen Zehn-Euro-Schein aus seinem Hemd. »Hier, wer bietet mehr?«
Schon flattert ein zweiter Schein auf den Tisch. Frank schiebt beide zu ihr hinüber. »Da, dann wollen wir
Weitere Kostenlose Bücher