Alexa, die Amazone – Die große Chance
dass er Sieboldnoch immer nichts davon erzählt hat. Er wirft seinem alten Freund einen Seitenblick zu. Der schaut ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und schüttelt dann lächelnd den Kopf. »Ich werde morgen die Ariane für dich satteln lassen«, sagt er im Spaß zu Klaus.
»Wirklich? Aber doch nicht Ariane!« Klaus schaut von einem zum anderen und wäre den beiden Männern am liebsten um den Hals gefallen. »Ich würde auch die Stallmaus reiten, wenn ich von Ihnen Unterricht bekomme«, sagt er dann ernsthaft und alle brechen in Lachen aus.
Am nächsten Morgen bittet Karin Birk ihre Tochter zu einem Gespräch unter sechs Augen. Alexa ahnt, was kommt. Es geht wieder einmal um ihre leidige Zukunft. Sie interessiert sich nun eben mal für nichts anderes als für Pferde. Wenn sie nur an einen Bürostuhl denkt, wird ihr schon übel. Dementsprechend gelaunt trifft sie sich mit ihren Eltern in der »Umkehr«.
»Ich freue mich so, dich zu sehen«, sagt ihre Mutter und schließt sie, kaum dass sie die Gaststube betreten hat, in die Arme. Alexa ist völlig weg. Damit hat sie nicht gerechnet.
»Mein Mädchen«, hört sie ihre Mutter sagen und spontan fühlt sie sich um Jahre zurückversetzt.
»Mutti«, erwidert sie und drückt ihre Mutter wie seit Jahren nicht mehr.
»Du sollst wissen, dass ich dich wahnsinnig lieb hab und mich einfach nur um deine Zukunft sorge!«
»Das brauchst du doch nicht!« Alexa löst sich und küsst dann ihren Vater, der zur Begrüßung vom Tisch aufsteht.
»Na?« Er nimmt sie ebenfalls in die Arme. »Meine Kleine.« Dann schaut er sie von oben bis unten an und korrigiert sich lachend: »Meine große Kleine, darf ich dich zum Frühstück einladen?«
Alexa hat schon gefrühstückt, sie bestellt sich nur einen Tee, ihre Elternordern dagegen ein komplettes Frühstück mit Rührei und gebratenen Speckstreifen.
»Ich bin froh, dass ihr da seid«, beginnt Alexa. »Weihnachten ohne euch hätte ich mir einfach nicht vorstellen können!«
»Es ist auch sehr schön hier«, nickt ihr Vater, »und Harald Struckat ist ein bemerkenswerter Mann, wie überhaupt diese Anlage hier einen sehr guten Eindruck macht. Disziplin und Verantwortungsbewusstsein lernt ihr hier jedenfalls, das ist mal sicher!«
Alexa muss lächeln.
»Jedenfalls mehr als zu Hause«, bestätigt sie und ihre Mutter schüttelt den Kopf: »Zu Hause hättest du dir so einen Ton doch überhaupt nicht gefallen lassen. Das musst du doch zugeben!«
Stimmt, überlegt Alexa. Eigentlich erstaunlich, was man freiwillig alles tut.
»Das ist hier sicherlich nicht schlecht für dich«, fährt ihre Mutter fort, »doch irgendwann hat der Spaß ein Ende. Ich hoffe, das hast du nicht vergessen!«
»Klar, Mutti, ich weiß. Im nächsten Jahr ...«, sagt Alexa und schaut zu den Reitbildern an der Wand. Das nächste Jahr ist ja noch so weit weg, denkt sie dabei. Im Frühjahr wird sie wohl zuerst einmal auf Turniere gehen und im Herbst sieht man dann weiter.
»Und noch etwas.« Ihre Mutter legt ihr die Hand auf den Arm.
»Ja?« Alexa löst ihren Blick von den Fotografien und schaut ihre Mutter an. Wie gut sie für ihre neununddreißig Jahre noch aussieht, denkt sie dabei.
»Bitte halt dich etwas mit den Jungen hier zurück. Du hast noch so viel Zeit ...«
»Aber, Mutti«, unterbricht sie Alexa entrüstet. »Mit keinem von denen würde ich etwas anfangen. Das sind meine Kameraden, sonst nichts!«
»Ich möchte dich ja nur vor einem unüberlegten Schritt schützen ...«
»Da gibt’s keinen unüberlegten Schritt«, sagt Alexa und muss unwillkürlich lachen. »Oder glaubst du, so einer könnte mir gefallen?« Sie deutet zum Fenster hinaus auf Friedhelm, der gerade in seinem Arbeitsmantel den Hof überquert. Dabei kratzt er sich ausführlich den kurzgeschorenen Schopf.
Ihre Mutter schaut sie an, grinst wie ein Teenager, schüttelt dabei aber leicht den Kopf.
»Du weißt genau, was ich meine!«
»Nun, gut, Harald ist zu alt für mich, außerdem hat er kein Interesse, er hat ja Bianca. Flavio ist schlicht und einfach blöd und die Jungs aus meinem Kurs sind wenig erotisch. Alles, was wir hier gemeinsam machen, ist, dass wir zusammen arbeiten, essen, reiten und vor allem – schwitzen! Und das macht nicht besonders an, das darfst du mir glauben!«
In dem Moment wird das Frühstück serviert.
Harry stößt ein: «Endlich! Ich habe einen solchen Hunger!«, aus und sagt zu Karin: »Na, denn. Sie ist sechzehn und kein Baby mehr. Lass es gut
Weitere Kostenlose Bücher