Alexa, die Amazone – Die große Chance
alles, zerfließt zu einem bunten Brei. Sie fasst sich an den Kopf. Ihr Gesicht hat jede Farbe verloren. Harald und Kurt fahren erschrocken auf, Harald stürzt zu ihr hin und fängt sie genau in dem Moment auf, als ihr die Beine wegsacken. Er trägt sie zur Couch.
»Was ist denn mit ihr los? Ist sie krank?«
Besorgt beugen sich die beiden Männer über Alexa, die wie leblos daliegt.
»Ich vermute, sie hat meinen letzten Satz mitbekommen, Harald. Damit dürfte alles gesagt sein!«
»Wieso? Weil du über einen Verkauf gesprochen hast? Ja, aber ...«
»Du siehst es doch jetzt. Sie liebt Chicolo, wie ich seine Mutter geliebt habe! Du weißt, dass mein Leben nach ihrem Tod für mich völlig sinnlos war. Ich habe mich an dem Unglück schuldig gefühlt, an allem. Ich habe plötzlich die Frau, die ich mit Charisma hierherholen wollte, mit der ich ein neues Leben angefangen hätte, nicht mehr geliebt, sondern gehasst! So wie ich mich selbst hasste. Auch sie war schuld an Charismas Tod. Wir alle! An diesem qualvollen langsamen Sterben! Harald, ich habe danebengekniet! Ich habe ihren Kopf gehalten, ihre Augen gesehen. Damals bin auch ich ein Stück gestorben. Ich habe neu anfangen müssen. Du weißt es, Harald. Warum erzähle ich dir das!«
»Es tut mir leid, Kurt. Ich hätte nicht davon anfangen sollen!«
»Nein, lass nur. Jetzt ist es Alexa, die leidet. Vielleicht nützt ein Whiskey – bei Reitern nützt das doch meistens.«
Harald füllt an der Bar ein Glas. Dann hält er es Alexa unter die Nase.
Alexa reagiert mit einem kräftigen Niesen, schlägt die Augen auf, starrt die über sie gebeugten Gesichter kurz an und richtet sich dann ruckartig auf.
»Du«, stammelt sie und ihre Augen werden wässerig, »du willst mir Chicolo wegnehmen! Und ich dachte, du seist mein Freund! Ich habe dir vertraut! Du bist gemein, so gemein!« Tränen laufen über ihr Gesicht, Alexa versucht aufzustehen, aber Harald drückt sie zurück. Das bringt sie nur noch mehr aus der Fassung. Sie will an ihm vorbei – hinauslaufen – nur weg – irgendwohin. Aber Harald hält sie an den Oberarmen auf die Couch gedrückt.
»Komm, Alexa, beruhige dich doch. Es passiert doch gar nichts! Chicolo bleibt doch hier! Bei dir! Komm doch, sei ganz ruhig!«
Alexa schluchzt auf und wirft sich in die Kissen. Sie drückt das Gesicht gegen das Polster, ihr ganzer Körper bebt.
»Großer Gott!« Harald steht dem Problem hilflos gegenüber. Kurt setzt sich in einen tiefen Sessel und deutet durch eine Handbewegung an: Das ist nun deine Aufgabe, mein Lieber! Du hast das herausgefordert!
Harald wirft ihm einen ratlosen Blick zu und beugt sich dann wieder zu Alexa. Er setzt sich neben sie auf die Couch und hebt sie an den Schultern zu sich hoch. Alexa wehrt sich. Sie presst ihre Augen gegen Haralds Jeanshemd, um so ihr verheultes Gesicht zu verdecken. Harald spürt, wie seine Brust feucht wird. Er hat seine Arme um sie gelegt und hält sie stumm fest. Allmählich versiegen Alexas Tränen. Sie schnieft vor sich hin.
»Hast du denn kein Taschentuch?«, fragt sie aus seinem Hemd heraus. Harald schaut sich um, streckt sich dann ein bisschen und zieht eine Serviette vom Tisch.
»Da!«, sagt er und schiebt ihr das gestärkte Tuch hin.
»Danke!« Alexas Nase löst sich von seiner Brust. Ihr Gesicht verschwindet hinter weißem Leinen. Dann steht sie auf und läuft hinaus.
»Du großer Heiliger, da hab ich ja was angerichtet«, stöhnt Harald. Kurt ist schon wieder über seine trübsinnige Stimmung hinweg. Er lacht: »Na, wir sind eben eine sentimentale Familie. Da kann man Pferde nicht einfach hin- und herschieben wie einen Gummiball. Kannst es ja mal mit Nevada versuchen. Bin gespannt, was dann passiert!«
»Gehört der auch zum Kreis der Heiligen? Wo ist er überhaupt?«
»Wahrscheinlich wartet er in ihrem Zimmer auf sie. Er ist eifersüchtiger als ein sizilianischer Ehemann, das sage ich dir. Ein Bild für die Götter!«
»Nun, Sierra hast du ja jedenfalls für dich bewahren können!«
Harald weist mit dem Kopf auf die Hündin hin, die auf Kurts Füßen liegt.
»Klar, das ist ja auch ein Mädchen. Aber unsere gesamte männliche Tierwelt ist verrückt nach Alexa!«
»Tierwelt? So? Und die anderen? Flavio zum Beispiel?«
»Wenn du auf mich anspielst ... ich hege väterliche Gefühle für die Kleine. Und was Flavio betrifft – die beiden sind sich bis vor Kurzem wie Katz und Maus begegnet – wobei nie sicher war, wer welche Rolle spielt. Das hat sich erst
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