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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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vielleicht ein trübes Kichern gewesen wäre; hier, in dieser Lage, war es nur ein Krächzen. » Wir; ich; also.« Er ächzte. » Wir haben, wenn überhaupt, nur zwei Gedanken gedacht. Wie furchtbar, so nah vor uns, und wir konnten nichts tun; er war unser König, Führer und Vorbild. Und das zweite– wenn Alexander etwas damit zu tun hat… Er ist unser Freund, und dann dürfen keine Spuren bleiben.«
    » Woher hatte Heromenes die Lanze? Alle, bis auf euch und die übrigen Lanzenträger, waren unbewaffnet.«
    Alexander hatte die Daumen wieder im Gürtel. Seine Stimme war beherrscht. Er stand mit gespreizten Beinen und wippte auf den Füßen. » Pausanias hat alles überwacht. Er hatte das Messer unterm Gewand. Er hat auch dafür gesorgt daß Heromenes die Lanze verstecken konnte.«
    Arrhabaios stieß ein hohles Kichern aus. » Ich hab ihm gesagt, es ist falsch. Aber er wußte alles besser.«
    Perdikkas warf ihm einen langen Blick zu. » Du kannst ja doch reden! Warum erspart ihr uns nicht dieses…« Wieder betrachtete er seine Hände.
    » Wenn das herauskommt, was ich befürchte«, sagte Alexander tonlos, » will ich nicht, daß irgendein Henker es hört.«
    » Warum tust du es dann nicht selbst?« schrie Heromenes. » Komm, Junge, pack zu. Es wären doch nicht die ersten Eier, die du anfaßt.«
    Alexander entblößte einen Moment lang seine Zähne. » Die such ich mir selber aus, Lynkeste. Außerdem«– er wandte sich Aristoteles und Demaratos zu– » würde mir niemand glauben. Was immer ich aus ihnen herausholte, wäre sinnlos, weil jeder sagen könnte, Alexander hat es sich ausgedacht, weil es ihm hilft, oder ihn selbst entlastet.«
    » Das wird man auch von deinen Freunden sagen.«
    » So ist es, Aristoteles mein Lehrer. Deshalb danke ich euch, daß ihr mitgekommen seid.– Perdikkas.«
    Der breitschultrige Mann mit dem fein ausrasierten, schwarzen Bart seufzte und nickte. Er wandte sich wieder zum Tisch. Demaratos schloß die Augen, als Perdikkas’ Hände nach den Hoden des Lynkesten griffen. Aristoteles beobachtete Alexander von der Seite. Im Gesicht seines ehemaligen Schülers regte sich nichts, als Heromenes aufbrüllte.
    Lähmung und Trübsinn wären vielleicht bei Regen erträglicher gewesen; das strahlende, heiße Sommerwetter über Aigai machte alles unwirklich und schrecklich. Gäste brachen auf, nur Gemurmel, die Räder und die Tiere striemten die Stille.
    Dymas versuchte, keinen Anteil zu nehmen, aber der Dunstkreis des Todes und der Trauer umschloß auch ihn. Er hatte keinerlei Bindungen an Makedonien; Philipps Leistungen erschienen ihm bemerkenswert; der Sohn und wahrscheinliche Nachfolger hatte ihn in Athen beeindruckt; all dies, ja, aber kein Grund zur Trauer. Irgendwie fühlte er sich jedoch an allem zumindest mitverantwortlich; er empfand sich als Todesboten– nicht einmal einen Tag, nachdem er die Botschaft des Persers überbracht hatte, war der König ermordet worden. Er schlurfte eine Weile durch die Stadt, ohne etwas zu sehen oder zu hören. Am späten Nachmittag saß er, den Rücken am Stamm, unter der Rotbuche auf dem Hügel am Fluß, wo er die Nacht verbracht hatte und wo seine Dinge– Beutel und Kithara– unberührt lagen.
    Eher wie von selbst nestelten seine Finger an der Tasche, in der das Instrument steckte. Er hielt die Kithara in den Händen, überrascht, betrachtete sie, dann seine Hände, die Adern darin und die Poren und Schwielen, als ob alles einem anderen gehörte. Mit der Außenseite des rechten Daumens strich er über die Saiten; die zweite und die fünfte klangen schräg. Er holte den kantigen Schlüssel hervor, steckte ihn in die Öffnungen der Wirbel, stimmte und zupfte ein paar Töne. Das Plektron aus Elfenbein, dann die Bronzekuppen für die Finger der Linken. Eigentlich tat er nichts dazu; nicht Dymas, sondern es spielte, wie es regnet oder dunkel wird.
    Zwischen Hügel und Fluß lagerten einige Krieger; als der Tag sich neigte, zündeten sie Feuer an, aßen und tranken. Da kein Wind ging, waren die Klänge von Dymas’ Kithara weit zu hören; er hielt die Augen geschlossen und ließ seine Finger über die Saiten irren. Als er irgendwann aufblickte, sah er, daß zwischen den Feuern und am Hügel fast fünfhundert Leute ihm lauschten, die meisten Krieger, ein paar mochten Bauern oder ärmere Bewohner von Aigai sein.
    Er seufzte, schloß die Augen wieder und spielte weiter. Langsame Tänze, Melodien alter Klagelieder, verbunden mit Abschweifungen, die kreiselnde

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