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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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trieb die träge Masse dunkler Wolken nach Norden; über den Gemüsefeldern und den Hütten der nördlichen Vorstadt zeigten sich erste Risse. Bis der letzte der zwanzig einachsigen Kastenwagen den Platz zwischen den Felsen erreichte, war auch dort der Boden aufgewühlt und tief. Einer der Skythen hob den angewinkelten Unterschenkel und betrachtete seine grüne, mit schwarzweißen Rhomben besetzte Tuchhose; unterhalb des Knies war alles ein nasser finsterer Schlammstiefel. Er rümpfte die Nase, zupfte an der Ohrenklappe seines spitzen Helms und pfiff auf zwei Fingern.
    Die Sklaven begannen mit dem Abladen: Dreck, Kot, Abfälle, Knochen, Tierkadaver, teils zu Haufen aufgeschüttet, teils in Bottichen und Flechtkörben. Die Behälter wurden von den Karren gehoben und zum Rand der weiten Senke geschleppt. Leere Körbe trug man zu den Karren zurück, auf denen andere Männer mit groben Schaufeln, dreizinkigen Gabeln und Reisigbesen warteten. Der Skythe kratzte sich den Bart; als ein Mann– sein Oberkörper ein verdrecktes Flechtwerk aus Narben und Muskelwülsten– den aufgedunsenen Kadaver eines Hundes zur Felskante schleifte, wandte er sich ab und ging langsam zu den drei übrigen Bognern. Aus der Pfeiltasche an der Hüfte holte er eine Lederflasche, einen Brotfladen und ein paar Zwiebeln. An den Felsen neben der Straße gelehnt, wo der Gestank nicht so gewaltig war und sie gleichzeitig die Sklaven, das Land und den Weg beobachten konnten, verzehrten die Skythen ihr Morgenmahl.
    Plötzlich rissen die Wolken auf; Sonnenvorhänge fielen blendend über die Welt. Jenseits der Straße leuchtete etwas auf: Metall an der Wand einer schiefen Bretterhütte, neben der zwei Bauern in schmierigbraunen Chitonen arbeiteten.
    Weiter nördlich flatterten kreischend einige Vögel auf; dann kamen Jungen die Straße herabgerannt. Sie hatten Früchte aufgelesen, die vom Unwetter der Nacht abgeschlagen worden waren. Aber sie liefen ohne Körbe.
    » Makedonen! Die Makedonen kommen!«
    Überall auf den Feldern brachen Leute ihre Arbeiten ab, ließen Karren und Gerät zurück und flohen zur Stadt. Die Sklaven standen starr, blickten die Straße hinauf und begannen zu tuscheln.
    Langsam und ruhig nahmen drei der Skythen die Bogen von den Schultern, zogen Pfeile aus den Köchertaschen und legten auf die Sklaven an. Der vierte entrollte ebenso gelassen eine lange Peitsche.
    » Ihr weiter Scheiße schippen.« Seine Stimme war tief und heiser. » Makedonen nix euch wollen. Los.« Er zog das lange Leder durch die Luft, ließ die Peitsche knallen. Mit steifen Bewegungen machten die Sklaven weiter.
    Die Truppe kam schnell näher. Sie bestand aus etwa vierhundert Fußkämpfern– zur Hälfte Leichtbewaffnete, zur Hälfte Hopliten dazu je sechzig schwere thessalische und leichte thrakische Reiter, alle mehr oder minder unbewaffnet. Sie redeten, lachten, aßen im Gehen; nicht einmal die Panzer waren verschnürt. Nur die beiden Flügelleute mit den Feldzeichen– Makedoniens goldene Sonnenscheibe, des Großkönigs liegender Adler auf goldenem Grund– waren voll bekleidet und bewaffnet. Am Schluß kam der Troß: Pferde- und Maultierkarren mit Waffen, Rüstungsteilen, Zelten, gebündelten Sarissen und Kampfspeeren, Vorräten, Werkzeug, Weibern und Heilern.
    Hinter der ersten Reitergruppe, wie von den anderen geleitet, ritten fünf Männer. Drei von ihnen trugen verzierte Brustpanzer und Helme mit rotem Busch, die beiden anderen nur den hellen Chiton und Reiseumhang. Als sie an der Senke vorbeikamen, hielt einer der Offiziere sich die Nase zu.
    » Das muß die Akademie sein.« Er lachte wiehernd.
    Der jüngere der beiden Helmlosen lächelte. » Kaum. Philosophen riechen anders.«
    » Bist du sicher? In welchem Ruch stehen Philosophen denn bei dir?« Der Ältere zupfte an seiner Nase. Er hatte als einziger der gesamten Truppe einen gestutzten dunklen Vollbart.
    » Also, mit Scheiße oder toten Hunden hat ein Philosoph in Athen keinen Umgang. Der riecht eher…« Der Jüngere streckte den Arm aus und schnippte mit den Fingern. » Na ja, nach Staub, nach Papyros, allenfalls nach Maden. Übrigens auch nur selten nach redlichem Schweiß.«
    Der vor ihm reitende Offizier drehte sich halb um. » Und egal wonach sie sonst riechen, Peukestas– sobald wir in Athen sind, hört der Spott auf, klar?«
    Der junge Mann legte die flache Hand auf die Brust. » Götter und Feldherren finden mich allezeit gehorsam, o Kleitarchos.«
    Die Hütten und Häuser der Vorstadt

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