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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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stärker als in der Innenstadt. An beiden Straßenrändern parkten Wagen des mittleren und oberen Preissegments. Ich bat den Taxifahrer, kurz zu warten, und lief den Gehweg entlang. Der zivile Opel aus dem Fuhrpark der Polizei stand etwa fünfzig Meter von Schillers Haus entfernt auf der linken Seite. Und ich sah es schon von Weitem: Er war leer. Immerhin war Runkel nicht schon wieder hinter dem Lenkrad eingeschlafen. Die Fahrertür stand einen Spalt offen. Schillers Haus war dunkel, soweit ich von meiner Position aus sehen konnte. Langsamer ging ich weiter. Meine Schultern wurden durch den Mantelstoff hindurch allmählich nass. Von meinen Haaren tropfte der Regen.
    Hatte Runkel sich vielleicht irgendwo in die Büsche geschlagen? Unsinn. Seit meinem letzten Anruf war fast eine Viertelstunde verstrichen, und kein Mensch pinkelte fünfzehn Minuten lang. Außerdem hätte er später meine Nummer auf seinem Handy gesehen und zurückgerufen.
    Mit jedem Schritt wurde mir kälter und unwohler. Schillers Haus war nur noch wenige Meter entfernt. Immer noch war dort kein Licht zu sehen. Der Vorgarten war übersichtlich, der Zaun niedrig. Über der protzigen Haustür die in Vierteln wie diesem übliche Alarmleuchte. An einem der gegenüberliegenden Häuser flammte ein Scheinwerfer mit Bewegungsmelder auf. Dadurch bemerkte ich etwas Dunkles, das in der Einfahrt der breiten, in den Hang eingelassenen Doppelgarage lag.
    Ein umgefallener Müllsack.
    Ein Bündel alter Kleider.
    Ein Mensch.
    Augenblicke später wählte ich die Eins-eins-zwei und raste zum Taxi zurück, um den eingenickten Fahrer wachzurütteln und lautstark seinen Verbandskasten und seine Taschenlampe zu verlangen. Noch halb benommen sprang er aus dem Wagen und rannte mit mir zusammen zurück zu meinem Untergebenen, der vor Schillers Garage in seinem Blut lag.
    In dieser Nacht musste ich am eigenen Leib erfahren, wie lang achtzehn Minuten sein können, wenn jede, jede, jede Sekunde zählt. Runkel blutete aus einer Wunde im Bauch und atmete nicht mehr. Aber noch fühlte ich Puls. Schwach zwar, aber er lebte. Mein inzwischen vollends wacher und glücklicherweise nicht auf den Kopf gefallener Helfer und ich wechselten uns ab bei Herzmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung. Zwischendurch versuchten wir vergeblich, die Blutung zu stillen. Wir verstanden uns stumm. Hätten auch gar keine Luft gehabt zum Reden. Abwechselnd pumpten und pusteten wir. Inzwischen war auch kein Puls mehr zu fühlen.
    Nach einer halben Ewigkeit tauchte ein drahtiger Mann auf, gab sich als Nachbar und Arzt zu erkennen und half uns. Sekunden später war auch eine Frau da, die ebenfalls vom Fach zu sein schien, und wir Ersthelfer konnten ein wenig durchatmen. Ein junger Mann in kostbarem Bademantel und billigen Latschen brachte eine Decke, um Runkel, der in einer immer größer werdenden Blutlache lag, warm zu halten.
    Dann, endlich, in der Ferne das erlösende Tatütata, das Rettung versprach, Hoffnung, Leben.
    Als der Notarzt aus dem Wagen sprang und das Martinshorn verstummte, war ich schweißüberströmt, restlos erschöpft, vollkommen durchnässt und überzeugt, mein vom Pech verfolgter Mitarbeiter sei tot. An immer mehr inzwischen erleuchteten Fenstern der umliegenden Häuser standen jetzt Menschen und beobachteten interessiert das Geschehen. Ich verspürte enorme Lust, jeden Einzelnen von ihnen wegen unterlassener Hilfeleistung anzuzeigen.
    Plötzlich gab es Licht von den Scheinwerfern des Rettungswagens. Runkel musste entweder einen Schuss oder einen Messerstich in den Bauch bekommen haben, wurde mir erst jetzt klar. Die Blutung war noch immer nicht gestillt, obwohl jetzt der Notarzt und seine beiden Begleiter sich um den Verletzten bemühten. Schlug sein Herz also doch noch? Blutet man, wenn der Kreislauf endgültig zusammengebrochen ist?
    Schillers Haus war als einziges noch dunkel. Wo steckte der Kerl? Was war seine Rolle in diesem Drama, das sich gewiss nicht zufällig vor seiner Haustür abgespielt hatte? Ich wandte mich an die glotzenden Nachbarn, von denen viele inzwischen ihre Fenster verlassen hatten und unter einer immer größer werdenden Ansammlung von Regenschirmen herumstanden.
    »Hat jemand von Ihnen in der letzten Stunde etwas Auffälliges gesehen oder gehört?«
    Allgemeines Kopfschütteln.
    »Wir haben ferngesehen«, erklärte mir ein aufgeregter weißhaariger Herr. »Meine Frau und ich, wir haben ferngesehen. Nein, wir haben nichts gehört. Überhaupt nichts, nein.«
    »Unser

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