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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Parkplatz an der Nordseite des Bahnhofs und bewachte Schillers Bentley oder Mercedes.
    »Lassen Sie es mich so ausdrücken: Wir erfahren manche Dinge ein wenig früher als andere und können so rechtzeitig reagieren. Manchmal geht es in diesem Geschäft ja um Minuten, wenn nicht Sekunden, wenn Sie verstehen, was ich meine. Trotzdem würde ich von Aktien abraten, solange man nicht weiß, wie das Elend mit dem Euro weitergeht. Amerika kränkelt seit Jahren, und seit nun nicht mal mehr China auf festen Beinen steht …«
    »Was wäre Ihr Vorschlag?«
    »Darf ich fragen, wo zurzeit Ihr Grenzsteuersatz liegt, verehrter Herr Dr. Kleinschmidt?«
    Ich zögerte. Tat, als würde ich nachdenken. Und wusste nichts von einem Grenzsteuersatz. »Zu hoch«, sagte ich schließlich. »Entschieden zu hoch.«
    Schiller lachte, als hätte ich einen köstlichen Witz gemacht. Nun wusste er endgültig, woran er bei mir war.
    »Wir arbeiten eng mit einer Bank auf den Virgin Islands zusammen. Da kann man geradezu Wunder vollbringen, was die Steuer angeht. Allerdings sind die Dinge bei solchen grenzüberschreitenden Anlagen natürlich etwas komplizierter. Deshalb liegt in solchen Fällen unsere Provision auch ein klein wenig höher.«
    Unsere Flammkuchen kamen. Wir begannen zu essen.
    »Wir sprachen von Ihrer Provision«, sagte ich nach den ersten Bissen. »Womit müsste ich im Fall des Falles rechnen?«
    »Fünfzehn.«
    »Das ist aber ganz schön viel …«
    »Bedenken Sie auf der anderen Seite die enorme Steuerersparnis! Sie kämen von – lassen Sie mich schätzen – viel zu viel auf null.«
    »Ich weiß nicht, fünfzehn Prozent …«
    »Dann lassen Sie uns doch erst mal sehen, woran wir sind«, unterbrach mich mein Anlageberater begütigend. »Möglicherweise kann ich Ihnen ja noch ein wenig entgegenkommen. Sie haben heute den Vorzug, mit dem Chef persönlich zu sprechen und nicht mit einem meiner Angestellten.«
    »Diese Anlagen auf den … wie heißt diese Insel noch mal?«
    »Virgin Islands. Eine Inselgruppe der Kleinen Antillen, wie Sie sicherlich wissen. Von dort aus wird unsere Partnerbank Ihr gutes Geld in Anleihen der Emerging Markets investieren. Asien hauptsächlich, die Tigerstaaten. Gut gemixt selbstverständlich. Die Frankfurt Invest setzt niemals auf ein Pferd allein. Darf ich fragen, wo das Geld zurzeit liegt?«
    »Nicht bei einer deutschen Bank.«
    »Das ist gut.« In seinen Augen blinkten jetzt goldene Dollarzeichen. »Das ist sogar sehr gut.«
    Der Hase war nicht nur fett und strohdumm, sondern auch noch gehbehindert. Ein Anleger, der das Finanzamt betrügen möchte, wird später im Fall des Falles nicht vor Gericht ziehen, um seinen Berater zu verklagen.
    Eine Weile kauten wir schweigend. Schiller bemühte sich nach Kräften, mich sein Glück nicht spüren zu lassen.
    »Ich schlage jetzt Folgendes vor, lieber Herr Dr. Kleinschmidt«, sagte er, als er das krümelübersäte Brettchen mit einer schwungvollen Bewegung zur Seite schob. »Sie lassen sich die Sache durch den Kopf gehen. Ich habe jedes Verständnis dafür, dass Sie nichts überstürzen möchten.« Er packte die Papierserviette, wischte sich energisch über den Mund und knüllte sie zu einer Kugel zusammen. »Und bei unserem nächsten Gespräch, das wir aus besagten Gründen nicht allzu weit in die Zukunft schieben sollten, werden wir dann konkreter. Geld und schöne Frauen vertragen nun mal keine Eile, nicht wahr?«
    Wieder dieses Zwinkern, als hätten wir soeben einen Banküberfall verabredet.
    »Das ist gut, ja«, erwiderte der hinkende Hase. »Ich darf aber jetzt schon sagen, dass ich ein … ähm … gutes Gefühl habe bei der Sache. Ein sehr gutes Gefühl.«
    »Sehen Sie, lieber Herr Dr. Kleinschmidt, ohne Vertrauen ist eben alles nichts«, sprach Schiller, als hielte er einen Vortrag vor großem Publikum. »Sie sind mir sympathisch, sehr sympathisch sogar. Und ich hoffe, das beruht auf Gegenseitigkeit. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, dann treffen wir uns beim nächsten Mal in meinem Haus hier in Heidelberg. Da sind wir ungestört, und Sie müssen nicht extra nach Frankfurt fahren. Und nach dem Abschluss gehen wir groß feiern, was? Ich bin überzeugt, wir werden gute Gründe zum Feiern haben.«
    Dieses Mal fiel unser Händedruck noch um einiges herzlicher aus als bei der Begrüßung.
    »Ich müsste dann jetzt«, murmelte ich mit Blick auf die Armbanduhr. »Mein Zug geht bald.«
    »Überlegen Sie aber nicht zu lange«, gab Schiller mir noch mit auf den Weg

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