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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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erhielt jede fünfhundert Euro, von mir zweihundert. Ein kleines Vermögen für Sechzehnjährige. Ich tat, als hätte ich mir sehnlichst eine bunte Seidenkrawatte gewünscht, und würde nicht ständig an Lea und Henning denken. Zum farbenfrohen Schlips erhielt ich noch ein Set mit den Utensilien, die man zur Zubereitung von Crème brulée benötigt. Sogar ein Rezept lag bei, und meine Töchter hatten – ganz ohne Hintergedanken natürlich – auch schon die notwendigen Zutaten eingekauft.
    Unser traditionelles Heiligabendmenü war einfach: heiße Würstchen mit Kartoffelsalat, dazu Senf für mich und Ketchup für die Mädchen. In früheren Jahren war das immer eine enorme Schweinerei gewesen, die zur Tradition gehörte. Aber auch über dieses Alter waren sie inzwischen hinaus.
    Später wurde die Oma angerufen, und man bedankte sich artig. Meine Eltern hatten dieses Jahr auf einen Tannenbaum ganz verzichtet, da das sonnige Klima im Süden Portugals einfach keine weihnachtlichen Gefühle aufkommen lassen wollte.
    Als die Zwillinge später vor ihren PCs saßen, um sich mit ihren Freunden und Freundinnen über Geschenke auszutauschen, rief Theresa an, wünschte mir fröhliche Weihnachten, schwärmte von der herrlichen Landschaft und der himmlischen Ruhe über den Wolken und gestand mir schließlich, dass sie zwar an ihr Handy gedacht hatte, das Ladegerät jedoch in Heidelberg zurückgeblieben war. Und ihr Akku war schon jetzt fast leer.

35
    Am Sonntagvormittag brach ich, sobald es hell war, zu einem einsamen Spaziergang auf. Mein Ziel war die Kreuzung, wo sich vor fast genau einem Jahr der Unfall ereignet hatte. Mit Runkels Protokoll in der Hand fand ich problemlos die Stelle, wo Lea und ihre beiden Begleiter gestanden haben mussten. Die Görresstraße war hier leicht abschüssig, die Gehwege links und rechts schmal. An der Nordseite verlief parallel zur Straße ein Metallzaun, hinter dem sich der Bergfriedhof erstreckte, auf der Südseite standen große Häuser hinter Jägerzäunen. Am unteren Ende mündete die Straße in die heute kaum befahrene Rohrbacher Straße.
    Die Ecke, wo der dunkle Wagen die Radfahrerin gestreift hatte, war von meiner Position aus gut zu sehen. Sekunden zuvor musste er an den Schülern vorbeigekommen sein. Die drei hatten aber natürlich keinen Grund gehabt, sich für ihn zu interessieren. Jungs in diesem Alter haben keine Augen für Autos, wenn sie einem Mädchen wie Lea gegenüberstehen. Und Lea selbst hatte am wenigsten über den dunklen Wagen zu sagen gewusst. Sie war damals für einige Tage in Heidelberg gewesen, damit sie sich schon einmal mit ihrer neuen Heimat anfreunden konnte, wusste ich von Lassalle. Wer die beiden Jungs waren, mit denen sie damals zusammen war, hatte er nicht gewusst, und ich hatte versäumt, die Namen nachzusehen. In dem Protokoll, das ich in der Hand hielt, waren sie nicht vermerkt. Lassalle hatte sich erinnert, dass da ein Unfall gewesen war und Lea später Besuch von einem älteren und nicht allzu hellen Polizisten gehabt hatte.
    Als ich mich wieder auf den Heimweg machte, war ich überzeugt, dass dieser Unfall nichts bedeutete. Die drei hatten den Wagen nicht erkannt. Ein Jahr war verstrichen. Es war sinnlos, weiter darüber nachzudenken.
    Aber Gedanken lassen sich nicht abstellen. Auch an Weihnachten nicht. Was, wenn Lea den Wagen irgendwann später – über ein halbes Jahr später – doch wiedererkannt hatte? Vielleicht anhand irgendeines auffälligen Details? Einer Besonderheit, die ihr ins Auge stach, den beiden anderen jedoch entgangen war? Und die sie selbst schon am nächsten Tag wieder vergessen hatte? Oder dem blöden Polizisten, der sie mit lästigen Fragen löcherte, nicht auf die Nase binden wollte?
    Ein eisiger Wind blies mir ins Gesicht. Es nieselte ein wenig und roch nach kommendem Schnee. Mit hochgeschlagenem Kragen und eingezogenem Kopf überquerte ich die Rohrbacher Straße. Zwei Autos fuhren mit geringem Abstand in Richtung Stadt, wirbelten Gischt auf. Auch vor einem Jahr war die Straße feucht gewesen. Außerdem war es damals dunkel. Der Fahrer hatte vermutlich keine gute Sicht gehabt. Weshalb war er überhaupt geflohen? Dass er den Unfall nicht bemerkt hatte, war unwahrscheinlich. Angeblich hatte er ja sogar gebremst oder kurz angehalten. In diesem Punkt widersprachen sich die Aussagen der drei Jugendlichen. War Alkohol im Spiel gewesen? Oder hatte der Fahrer einen anderen Grund gehabt, die Polizei zu fürchten?
    Inzwischen war mir

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