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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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war und keine Supermarktkette besessen hat.«
    Das fanden sie keine zufriedenstellende Erklärung. Mir fiel ein, dass ich mich endlich einmal wieder bei meinen Eltern melden sollte. Die beiden hatten sich nach Vaters Pension in den Süden Portugals verzogen, um dort immerwährenden Urlaub zu genießen. Meine Mutter rief alle paar Wochen einmal an, um mir zu verstehen zu geben, dass auch viel beschäftigte Söhne hin und wieder zum Hörer greifen könnten. Vater rief grundsätzlich nie an, sondern ließ durch seine Frau Grüße ausrichten.
    Ich versuchte, vom Thema Führerschein abzulenken: »Wie war das eigentlich morgens im Bus? Ihr habt gesagt, Lea hätte dauernd telefoniert.«
    »Hat sie auch«, antwortete Sarah mit vollem Mund. »Sie hat ein iPhone. Das neueste Modell natürlich.«
    »Ist sie angerufen worden, oder hat sie selbst angerufen?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Louise. »Wie wir eingestiegen sind, hat sie das Handy schon am Ohr gehabt, und wie wir in Straßburg ausgestiegen sind, immer noch. Im Europaparlament bin ich mal raus, ich musste aufs Klo, und da hat sie im Foyer gestanden und schon wieder telefoniert.«
    »Wie spät war es da?«
    »Elf? Halb zwölf?«
    »Hast du verstehen können, was sie gesprochen hat?«
    Louise schüttelte den Kopf. »Sie hat sich weggedreht, wie sie mich gesehen hat, und extra leise geredet. Aber sie ist ziemlich im Stress gewesen, das hat man gemerkt. Und wie wir später mit dem Bus in die Stadt gefahren sind, hat sie eine ewig lange SMS getippt.«
    »Woher hat sie eigentlich das Geld, dass sie sich so teure Sachen leisten kann?«
    »Von ihrem Papa«, meinte Louise. »Von wem sonst?«
    »Die schmeißt ja mit Geld nur so um sich«, fügte Sarah hinzu, nachdem sie zu Ende gekaut und mit einem Schluck Kakao nachgespült hatte. »Immer die edelsten Klamotten, die teuersten Schminksachen … Du guckst so – hat ihr Vater nicht die fette Kohle?«
    »Arm ist er nicht gerade, aber … ich weiß nicht.«
    »Vielleicht der Mercedes-Typ?«, überlegte Louise. »Die lässt sich von dem aushalten. Würd ihr ähnlich sehen.«
    Sarah erhob sich und ließ Teller und Besteck dieses Mal souverän auf dem Tisch liegen. »Gibt’s was Neues von Chip?«
    Ich berichtete im Telegrammstil, was seit gestern Morgen geschehen war. Von den gelben Pillen erzählte ich vorsichtshalber nichts.
    »Was ist eigentlich mit seinem Laptop?« Louise schob ebenfalls den Stuhl zurück. »Den schleppt er doch ständig mit sich rum. War der auch in seinem Rucksack?«
    Gute Frage. Ich zückte mein Handy und wählte Doros Nummer.
    »Der steht auf seinem Schreibtisch«, antwortete sie aus dem Stegreif. »Deine Töchter haben recht, normalerweise hat er den Laptop immer bei sich.«
    Sie wirkte gefasster als bei unseren gestrigen Telefonaten.
    »Ihr duzt euch?«, fragte Sarah aufmerksam, als ich das Gespräch beendete.
    Es ist unmöglich, vor Kindern etwas über längere Zeit geheim zu halten. Ich erzählte ihnen, dass Doro und ich vor sehr langer Zeit in derselben Klasse gesessen hatten. Das fanden sie cool.
    Beim Telefonieren war mir eine Idee gekommen: »Wenn ich euch Leas Laptop besorge – ihr habt doch noch andere Freunde, die mit Computern fit sind?«
    »Wir könnten es selber probieren«, schlug Sarah vor, während sie ihre gefütterte Jacke überzog. »Ganz blöd sind wir ja auch nicht mit Computern.«

14
    »Wollen Sie mich veräppeln?«, fragte die junge Frau in der Tankstelle an der Speyerer Straße entgeistert. »Vor zwei Monaten?«
    Die Kassiererin war pummelig, hatte Akne im milchkaffeebraunen Gesicht, trug ein buntes Kopftuch, das ihr dunkles Haar nur notdürftig bedeckte, und sprach Deutsch mit Kurpfälzer Akzent. Ich legte Leas Foto auf die Glasplatte. Sie warf einen unwilligen Blick darauf. Ich legte meinen Dienstausweis daneben, und ihre Miene wurde noch eine Spur unfreundlicher.
    »Hier ist grad mächtig was los. Wenn Sie vielleicht einen Moment zur Seite …?«
    Hinter mir staute sich unruhige Kundschaft, die entweder ihre Tankrechnung bezahlen, eine Zeitung kaufen oder sich ein Frühstück organisieren wollte. Seufzend trat ich zwei Schritte zur Seite. Ein bulliger Russe, offenbar Fernfahrer, bezahlte mit bewundernswerter Ruhe seine astronomisch hohe Dieselrechnung und füllte anschließend noch seinen Getränkevorrat auf, als hätte er eine Saharadurchquerung vor sich. Der Nächste in der Reihe war vom Typ aufstrebender Außendienstmitarbeiter: schicker Anzug, großspuriges Auftreten,

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