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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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neuen Freund, nicht wahr?«
    Sie verzog das Gesicht, als hätte sie akute Ohrenschmerzen. Ich beschloss, sie nicht weiter in Verlegenheit zu bringen.
    »Was ist nun mit Leas Laptop?«
    »Ich hab mir überlegt, dass sie den Mercedes-Typ vielleicht auch schon länger kennt. Ich bin ihre Favoriten durchgegangen und ihre Lesezeichen und die ganzen Cookies hoch und runter. Sie schreibt nämlich doch noch Mails, da hast du recht gehabt. Sie hat sogar gleich drei E-Mail-Accounts: einen bei Google, einen bei web.de und einen bei Yahoo.«
    »Nur dumm, dass wir die Passwörter dazu nicht kennen.«
    »Ist das eigentlich erlaubt, was ich mache, Paps?«
    »Es ist sogar ausdrücklich verboten. Aber ich gebe dir hiermit die offizielle Erlaubnis dazu.«
    »Darfst du das?«
    »Nein. Aber wenn es herauskommt, dann bin ich schuld und nicht du. Außerdem fragt ihr sonst ja auch nicht, was erlaubt ist und was nicht.«
    »Sie benutzt für alle drei Accounts dasselbe Passwort«, verkündete meine Älteste triumphierend. »Und ich hab’s geknackt, in zwei Minuten! ChampagnerGirl94. Vierundneunzig ist ihr Geburtsjahr. Chip hat sich am Montag die Zähne dran ausgebissen, und dabei war’s voll easy.«
    »Darf man fragen, wie so was funktioniert?«
    »Sie hat eine Datei angelegt mit allen Log-In-Namen und Passwörtern. Machen viele so, weil man sonst den Durchblick verliert.«
    Unter anderem auch ich.
    Das Ergebnis der illegalen Ermittlertätigkeit meiner Tochter war einerseits ernüchternd, andererseits auch interessant. Zwei der E-Mail-Adressen hatte Lea seit einer halben Ewigkeit nicht mehr benutzt.
    »Da hat sich nur tonnenweise Spam angesammelt«, sagte Sarah.
    Über die dritte Adresse, die bei web.de, hatte Lea mit zwei Freundinnen in Bad Homburg in Kontakt gestanden.
    »Da gibt’s natürlich auch Spam. Der ist aber maximal eine Woche alt.«
    »Und das heißt?«
    »Das heißt, sie muss am Donnerstag letzte Woche noch mal drauf zugegriffen und aufgeräumt haben«, erklärte meine Tochter mir, dem Internetsaurier. »Von ihrem anderen Laptop aus, natürlich.«
    »Und wir können jetzt lesen, was sie in den Wochen davor geschrieben hat?«
    »Bingo, Paps.«
    Ich ließ meinen Koffer stehen und folgte Sarah in ihr Zimmer.
    In den Mails, die Lea in den vergangenen Monaten verschickt hatte, wurde viel über Heidelberg gelästert, über ihren ständig nervenden Vater, die Schule, den ätzenden Dialekt, den die Eingeborenen hier unten in der Nähe des Südpols sprachen. Hin und wieder hatte Lea sich bei Internet-Castings beworben. Als Model oder Statistin bei Film und Fernsehen.
    »Sie hat aber immer bloß Absagen kassiert«, kommentierte Sarah schadenfroh.
    Hauptthema waren natürlich Jungs. Auch der Name Henning fiel einige Male, wobei Lea sich meist über ihn lustig machte. Sogar dafür, dass er ihr einen teuren und noch sehr gut erhaltenen Computer geschenkt hatte, fand sie nur Worte des Spotts. Allmählich wurde mir das Mädchen immer unsympathischer.
    »Über den Mercedes-Mann hast du nichts gefunden? Mädchen können so was doch nicht geheim halten.«
    »Ich bin noch lange nicht durch. Kann aber sein, dass sie für ihn eine eigene Mailadresse angelegt hat, von ihrem neuen Laptop aus. Dann würde ich hier nichts finden. Sie hat Chip übrigens wirklich schon früher gekannt. Sein Name taucht zum ersten Mal Anfang Januar auf.«
    »Sie hat ihm auch Mails geschrieben?«
    »Na klar«, erwiderte Sarah.
    »Und er?«
    »Jeden Tag hundert. Und was für welche! Ich hab nur ein paar gelesen, weil ich sonst das Kotzen kriege. Chip war von Anfang an total verknallt in sie. Hat sich ein Loch ins Knie gefreut, wie sie geschrieben hat, dass sie nach Heidelberg kommt.«

15
    Die A5 war trotz Freitagnachmittag und beginnendem Feierabendverkehr ohne Stau. Das Wetter war freundlich, aber kalt. In den Wäldern links und rechts der Autobahn hingen noch verirrte Nebelfetzen. Theresas Linke lag entspannt auf meinem Oberschenkel, gefährlich nah am Sicherheitsbereich. Sie ließ sich das Gesicht von der tief stehenden Wintersonne wärmen und hielt die Augen die meiste Zeit geschlossen. Im Radio liefen Oldies. Erst an den endlosen Baustellen zwischen Baden-Baden und Offenburg kam der Verkehr ins Stocken. Als ich an der Ausfahrt Appenweier die Autobahn verließ, war es fast fünf, und es dunkelte bereits. Theresa hatte zwischendurch ein wenig geschlafen.
    »Hättest du was dagegen, meine Schöne, wenn wir in Kehl kurz Station machen?«, fragte ich mit scheinheiligem

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