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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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gerechnet.
    Ich auch.
    »Was ist?«, fragte ich ungnädig in Richtung Sönnchen, die einen Schritt zur Seite trat, um Runkel vorbeizulassen.
    »Sie haben seit einer Minute Termin beim Chef«, sagte sie.

20
    Dr. Egon Liebekind war nicht nur Leiter der Heidelberger Polizeidirektion und damit mein direkter Vorgesetzter, sondern auch Theresas Ehemann. Die Zeiten, in denen ich wegen des letzten Punktes feuchte Hände bekommen hatte, waren jedoch glücklicherweise vorbei. So machte ich mich entspannt auf den Weg zu seinem Büro, das nur drei Türen von meinem entfernt lag.
    »Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie nach einer jungen Frau fahnden, ohne dass die Staatsanwaltschaft davon Kenntnis hat«, lautete seine Begrüßung. Er wirkte nicht wirklich sauer. Eher besorgt.
    »Fahnden ist nicht das richtige Wort.«
    »Ohne hinreichenden Verdacht auf eine Straftat.«
    »Immerhin dealt das Mädchen nachweislich mit synthetischen Drogen.«
    Mein Vorgesetzter sah mich ernst an. »Und vermutlich hat sie auch schon mal einen Kaugummi geklaut.«
    »Ich finde Drogenhandel wesentlich schwerwiegender als Ladendiebstahl.«
    Liebekind sah mich väterlich an. »Natürlich haben Sie recht. Und trotzdem geht so etwas nicht. Sie haben das Mädchen ja sogar zur Fahndung ausgeschrieben.«
    Ich wechselte zu der Taktik, die fast jeder Untergebene benutzt, wenn Ärger mit dem Chef droht. Ich stellte mich dumm: »Zur Fahndung …?«
    Wortlos drehte er seinen Monitor so, dass ich ihn sehen konnte.
    »Das kann nur ein bedauerliches Versehen sein. Von Frau Walldorf, nehme ich an. Wird umgehend gelöscht.«
    Liebekind drehte den Monitor wieder in die alte Position. Dann sah er auf seine Hände und atmete einmal tief durch.
    »Wissen Sie, Herr Gerlach«, sagte er dann mit ruhiger Stimme. »Vor vielen Jahren war Ihre gute Frau Walldorf noch meine Sekretärin. Damals hatte ich mich in eine Sache mit einem Immobilienhai verrannt, der alte Leutchen reihenweise um ihre Ersparnisse brachte. Leider hatte ich keinerlei Handhabe, um offiziell gegen den Mann vorzugehen. Das hat mich damals ganz verrückt gemacht, dass so einer ungestraft davonkommen sollte. Er war im Ausland, mal in der Schweiz, mal in Kroatien, und ich habe es einfach nicht geschafft, ein Auslieferungsersuchen zu bekommen. Und damals ist Frau Walldorf leider ein ähnlicher Irrtum unterlaufen.«
    »Und wie ist es ausgegangen?«
    »Drei Jahre.« Er sah mir befriedigt ins Gesicht. »Drei Jahre hat er gesessen, der Mistkerl. Aber die meisten seiner Opfer haben trotzdem keinen Pfennig ihres verlorenen Geldes wiedergesehen. Inzwischen soll er sich auf seine Villa in Spanien zurückgezogen haben.«
    Für Sekunden schwiegen wir uns an.
    »Nehmen Sie sich die Sache mit dieser Lea nicht ein wenig zu sehr zu Herzen?«, fragte mein Vorgesetzter dann mit ernster Miene.
    »Wahrscheinlich haben Sie recht. Aber ich habe mit jedem Tag stärker das Gefühl, dass an dieser Geschichte etwas oberfaul ist.«
    Ich berichtete in Kurzform von Gröwer, damit er später nicht sagen konnte, ich hätte hinter seinem Rücken gehandelt. Er hörte aufmerksam zu, ließ mich aber keine Sekunde aus den Augen. Am Ende meines Berichts war seine Besorgnis nicht kleiner geworden.
    »Wenn Sie hier weitermachen, Herr Gerlach«, sagte er sehr ernst und sehr langsam, »dann handeln Sie auf eigenes Risiko. Ich werde nicht zulassen, dass unsere Behörde beschädigt wird. Ich werde Sie nicht decken, wenn etwas schiefgeht.«
    »Das ist mir sonnenklar.«
    »Was werden Sie als Nächstes unternehmen?«
    Ich erhob mich, rückte den Stuhl zurecht und sagte: »Ich denke, es ist besser, wenn Sie nichts davon wissen.«
    In meinem Vorzimmer erwartete mich Sven Balke. Er hatte sich die Zeit damit vertrieben, meine Sekretärin zum Lachen und zum Erröten zu bringen.
    »Carsten Gröwer ist vor einundvierzig Jahren in Bad Rappenau zur Welt gekommen«, begann er, noch bevor er richtig saß. »Wohlhabende Familie, gut protestantisch, braves Kind. Später Musterschüler, Einserabi, schon mit sechzehn bei den Jungen Liberalen. Auf Deutsch: der perfekte Strebertyp.«
    Gröwers Vater – inzwischen über siebzig Jahre alt – führte bis heute ein alt eingesessenes Möbelgeschäft. Man bewohnte ein standesgemäßes Haus in einem besseren Viertel. Carsten war das einzige Kind und sollte eigentlich die Firma übernehmen.
    »Interessanterweise ist der Bursche trotz seiner tollen Noten ein stadtbekannter Aufreißer gewesen«, fuhr Balke fort. »Vor dem war nichts

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