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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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gebraucht?«
    »Reisekasse?« Balke sah zur Decke und kaute auf der Backe. »Sie musste aus irgendeinem Grund dringend untertauchen. So dringend, dass sie nicht mal Gepäck mitgenommen hat. Vielleicht hat sie ihre Drogenlieferanten nicht bezahlt? Diese Leute sind keine Chorknaben.«
    »Der Schlüssel ist Henning. Und der Laptop. Was ist nun eigentlich mit der Festplatte?«
    »Ich war dabei, wie Klara gestern mit Thessaloniki telefoniert hat«, berichtete Balke. »Auch wenn ich kein Wort verstanden habe, war ich heilfroh, dass ich nicht der arme Kerl am anderen Ende war. Wusste gar nicht, dass Klara so laut werden kann.«
    Draußen schien die Sonne. Die Vögel zwitscherten immer noch. Heute war Samstag. Und was wir hier taten, führte zu rein gar nichts. Balke wollte noch rasch in seinem Büro vorbeischauen, »Mails checken«, und anschließend ebenfalls nach Hause fahren.
    Ich hatte gerade die Kleinschmidtstraße erreicht, als mein Handy zu brummen begann. Auf dem Rad war es eine ziemliche Fummelei, es aus der Hosentasche zu ziehen, und um ein Haar wäre ich dabei auf einen Lieferwagen aufgefahren, der vor der Buchhandlung in der zweiten Reihe parkte. Es war Balke.
    »Diese Griechen!«, sagte er. »Sag noch mal einer, die kriegen nichts gebacken!«
    »Heißt das, sie haben doch noch Daten rekonstruieren können?«
    »Bruchstücke. Keine kompletten Dateien, aber einzelne Sektoren. Im Moment arbeiten sie noch dran und laden Stück für Stück alles, was sie finden, auf einen Server hoch, zu dem ich das Log-in habe.«
    »Und was ist das, was Sie bisher gesehen haben?«
    »Schulkram. Hausaufgaben, Referate, tonnenweise MP3-Files, Videos und, und, und. Mails haben sie bisher keine gefunden … Moment, da kommt wieder was.« Er verstummte für Sekunden und sagte dann mit veränderter Stimme: »Also, jetzt blick ich gar nichts mehr.«
    Ich hatte inzwischen das Haus erreicht, wo ich mit meinen Töchtern wohnte, und kettete mein gutes altes Motobécane-Rad am schmiedeeisernen Vorgartenzaun an.
    »Nun sagen Sie schon!«
    »Pornos.«
    »Pornos?«
    »Männer, die Sex mit kleinen Mädchen haben.«
    Die Mädchen waren dann doch nicht so klein, wie ich befürchtet hatte. Es handelte sich auch nicht um mehrere Mädchen, sondern um immer dieselbe junge Frau: Lea. Eine Viertelstunde nach unserem Telefonat saß ich wieder mit Balke zusammen – dieses Mal in seinem Büro –, und wir sahen uns gemeinsam die Videoschnipsel an, die die Spezialisten in Thessaloniki von Leas Festplatte gerettet hatten. Es handelte sich um etwa achtzig jeweils weniger als eine Sekunde lange Bruchstücke. Balke hatte die Teile wahl-und zusammenhanglos zu einem kurzen Film zusammengefügt. Lea hatte sich – vermutlich mithilfe ihres Handys – selbst beim Sex mit einem Mann gefilmt. Die Filmchen waren so verwackelt und die Perspektivenwechsel so häufig, dass man vom Zusehen seekrank werden konnte. Was ich sah, erregte weniger mein Interesse als Übelkeit.
    »Und Sie sind sicher, dass sie es ist?«, fragte Balke.
    »Das Tattoo am Po«, erwiderte ich so leise, als wäre Sprechen hier untersagt. »Der kleine Schmetterling. Eindeutig.«
    Leider war das Gesicht des Mannes nie richtig zu sehen, da Lea die Kamera auf die unteren Körperbereiche gerichtet hatte. Er schien um einiges älter zu sein als sie. Und sehr viel erfahrener.
    »Sie mag es auf die harte Tour«, meinte Balke durch die Zähne. »Er zwingt sie zu nichts.«
    »Ist das Gröwer, was meinen Sie?«
    Balke zog eine Grimasse. »Bisher habe ich kein Gesicht gesehen, obwohl ich mir den Mist schon mindestens zehnmal angetan habe. Sie hat sich eindeutig mehr für die unteren Körperpartien interessiert. Wahrscheinlich kommt noch mehr aus Griechenland. Dann sind wir hoffentlich schlauer.«
    »Wenn Henning das gesehen hat …«
    Der Mann gab Ton und Takt an. Er bestimmte die Stellungen, die man durchexerzierte. Einmal das Kamasutra kreuz und quer, dachte ich und musste mich zwingen, überhaupt noch hinzusehen. Das Einzige, was mich veranlasste, den Blick immer wieder auf den Monitor zu richten, war die Hoffnung, irgendwann doch einen Blick auf das Gesicht von Leas Bettgenossen erhaschen zu können.
    »Statur und Körpergröße würden schon passen«, meinte Balke unsicher.
    Schließlich hielt ich es nicht mehr länger aus und beschloss, das Weitere Balke zu überlassen. Er hatte keine Töchter im Alter dieses Mädchens, bei dem ich mir inzwischen nicht mehr sicher war, ob ich Mitleid haben sollte oder

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