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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Vorbereitungen, den nötigen Vereinheitlichungen der Maße, erklärte Tekhnef und Dymas einige der Hilfsmittel.
    »Wir stehen«, sagte er, »zum Beispiel auf einer Straße und wollen wissen, wie hoch ein Berg ist, der rechts von uns aufragt, und wie weit er von der Straße entfernt ist. Diese Lederschnur« – er deutete auf einen Pflock, um den vielfach gefärbtes Leder von der Dicke eines kleinen Fingers gewickelt war – »ist ein Stadion lang. Wir legen sie auf die Straße und peilen den angenommenen Mittelpunkt des Berges am Boden, also auf Höhe der Ebene an. Mit Hilfe von Peilstangen richten wir das Band dann so aus, daß die von beiden Enden des Bandes zum Berg führenden gedachten Strecken mit dem Band den gleichen Winkel bilden. Wenn wir die Grundstrecke und die beiden Winkel haben, können wir die Länge der Seitenstrecken berechnen – der Schenkel. Wo sie sich schneiden, den dritten Winkel bilden, liegt der Berg.«
    Er hielt ein Gerät hoch, das aus mehreren mit engen Ringen und Schnüren verbundenen Holzstöcken bestand, die jeweils durch Kerben und bunte Striche vielfach unterteilt waren.
    »Das ist zur Bestimmung der Höhe. Ein Mann preßt die Wange an den Boden, unmittelbar am Lederband; ein zweiter zieht dieses Gerät so weit auf, daß der Liegende den Gipfel des Bergs genau zehn Schritte entfernt hinter oder neben der Spitze des Meßstocks sieht. Wir bestimmen den Winkel, und da wir wissen, wie weit der Berg entfernt ist, können wir – jedenfalls ungefähr – die Strecke vom Gipfel zum Boden berechnen: die Höhe.«
    Ein größeres Problem war die Vereinheitlichung der Wegmaße gewesen. Aus seiner Kenntnis der verschiedenen Meßweisen hatte Aristoteles bei den vorbereitenden Beratungen folgende Einheiten vorgeschlagen: Grundlage solle sein das attische Stadion, bestehend aus einhundert Orgyien; eine Orgyia bestehe aus sechs Fuß, der Fuß aus sechzehn Daktylen oder Fingerbreiten. Dreißig Stadien wiederum sollten ergeben eine Parasange, das ursprünglich nur ungefähre persische Maß der Wegstunde eines guten Marschierers.
    »Das Rad des kleinen Karrens hat nicht ganz zwei Fuß Durchmesser; wenn es sich einmal dreht, hat es genau eine Orgyia zurückgelegt. Wir« – er kicherte leise – »bezeichnen diese Einheit inzwischen als ein ping . Man gewöhnt sich dran, übrigens; nach ein paar Tagen lassen die Ohrenschmerzen nach. Die Schrittzähler haben lange Zeit Ketten um die Fußknöchel getragen, mit Messerklingen vom. Wenn ihr eure empfindsamen Nasen und Augen über ihre Füße beugt, könnt ihr bei allen viele kleine Narben sehen. So haben sie sich daran gewöhnt, Schritte einer bestimmten Länge zu machen – drei Schritte für eine Orgyia, die ursprünglich als ein Doppelschritt galt. Aber gerade auf unebenem Boden ist es oft unmöglich, regelmäßig lange Schritte zu machen.«
    »Und die Perlenschnüre?« sagte Tekhnef. »Zum Zählen?«
    »Ja. Eine Perle für dreißig Schritte, zehn Orgyien. Zehn Perlen für ein Stadion; nach zehn Perlen folgt auf den Schnüren jeweils eine dickere. Die Schnüre reichen immer für drei Stadien; dann rufen die Bematisten es den Männern auf dem großen Karren zu, die Striche auf ihre Wachstafeln machen. Abends werden die Ergebnisse auf Papyros übertragen, zusammen mit den Aufzeichnungen der Männer, die sich um Biegungen, Wasserläufe, Berge und Ortschaften kümmern.«
    Die Grundlagen für die Berechnungen, sagte Eukleides, hätten vor Jahrzehnten schon Männer wie Pythagoras oder Thales geschaffen; er selbst habe sie mit Aristoteles’ Hilfe für die tägliche Verwendung vereinfacht.
    »Ich werde nicht mehr lange hierbleiben«, sagte er schließlich. »Was ich feststellen wollte, weiß ich jetzt. Im Herbst will ich wieder in Athen sein. – Macht ihr heute abend Musik?«
    An diesem Abend unterhielten sie die Geometer und andere Wissenschaftler; Eukleides kannte erstaunlich viele schäbige Verse über einzelne Körperteile und ihre Verwendung zu Lust oder Schmach; Dymas prägte sie sich ein, und Tekhnef entzückte die Zuhörer, die nicht mit schrägen Bemerkungen geizten, durch ihr Flötenspiel ebenso wie durch wüste Erzählungen aus ihrer Heimat im Süden Ägyptens.
    Am nächsten Tag banden sie die Zügel ihrer Pferde an den Karren, auf dem Drakon der Heiler saß und wie immer Kräuter, Zweige oder Halme kaute. Als sie sich zu ihm gesellten, war es ein Kirschzweig; er nahm ihn aus dem Mund, grinste sie mit starken, weißen Zähnen an und hielt den Zweig

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