Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
Gemisch von Sprachen, Trachten, Waffen, Gesichtsformen. Auch die meisten Nichthellenen beherrschten wenigstens einige Brocken der Umgangssprache.
Die Ebene, in der sie lagerten, war keineswegs gesprenkelt von Feuern wie der Himmel von Sternen. Es gab zu wenig Brennholz, und davon wurde das meiste für die Kochfeuer benötigt. Dymas erzählte – da saß er bei Achaiern, allesamt Hopliten – mit einem leichten Grinsen von den Gepflogenheiten der Karawanenmänner Arabiens und Asiens, die den Dung ihrer Tiere sammelten, trockneten und als Brennstoff nutzten.
»Wir sind Fußkämpfer und haben keine Tiere«, sagte einer der Männer; er hatte eine ausgezackte Narbe auf der Wange. »Und wenn wir welche hätten – baah.«
»Ihr werdet euch dran gewöhnen, später.«
Dann redeten sie wieder von der Schlacht, die bald an einem Fluß stattfinden würde. Natürlich gab es eine einfache Erklärung: Irgendwer hatte etwas von einem der Aufklärer oder Meldereiter aufgeschnappt. Aber so, wie die Männer davon sprachen, wurde der Fluß, der vermutlich eher ein Bach war, zum Strom am Rande der Welt, und die Schlacht zum gewaltigen Ringen zwischen Alexander, Herrn des Lichts, samt seinen Mitstreitern einerseits und einer düster drohenden Finsternis jenseits des Wassers. Einer der Achaier kam spät nachts von den Karren herbeigetorkelt, wo die Dirnen mit den Kämpfern zechten und kreischten, wenn nichts anderes anlag. Er lallte ein wenig, war aber noch gut zu verstehen.
»Zwei Tage. Dann, am dritten, geht’s rund.«
»Wer sagt das?« knurrte einer der anderen.
Der Mann deutete mit dem Daumen über die Schulter. »Eine von den Frauen ... Hat sie aus nem Hammelknochen gelesen.«
Die Sterne begannen bereits zu verblassen, als Tekhnef endlich den kleinen Hügel fand, wo die beiden Pferde mit zusammengebundenen Vorderbeinen gegrast und gelegen hatten und nun den Morgenwind schnupperten. Sie wühlte sich auf der großen Lederdecke unter die Felle an Dymas’ Seite. Im unsicheren Licht wirkten ihre Augen angstvoll.
»Was ist, Liebste?« Dymas hatte sich gesorgt und kaum geschlafen, sagte es aber nicht.
Sie drückte sich an ihn. »Ich war bei den Ägyptern«, flüsterte sie. »Heimweh austauschen. Und dann hab ich mich verlaufen. Es ist so ... riesig. Und wirr. Ich ersticke.« Sie bebte.
Dymas legte beide Arme um sie. »Wir treiben im tosenden Meer; keine Zeit, nach Luft zu schnappen. Aber die Strömung verändert die Welt.«
»Laß uns der Strömung von weitem zusehen.« Unter den Fellen nestelte sie an seinem Schurz. »Ich will wieder allein bei dir liegen, unter den Sternen oder zwischen Holzwänden, aber nicht umgeben von fünfzigtausend Kriegern. Durch die Hafenstädte ziehen, trinken, Musik machen, Geschichten hören, die Sonne sinken sehen über den Wellen.« Sie setze sich auf und streifte den Chiton ab.
Dymas streckte die Hände nach ihren Brüsten aus. »Schwarze Tränen des Zwielichts«, murmelte er.
Später, als sie keuchend und erhitzt nebeneinander lagen, erzählte er von der seltsamen Schlacht am seltsamen Fluß: einem Ereignis in der Zukunft, das vorzeitig zum fernen Mythos geworden war.
»Nach der Schlacht ... Nach der Schlacht gehen wir.«
Am nächsten Tag schien das Gewirr des Heerbanns noch zuzunehmen. Pausenlos jagten Meldereiter zwischen den aufbrechenden, marschierenden oder rastenden Gruppen hin und her. Einige Abteilungen erhielten offenbar besondere Befehle, marschierten schneller, ließen ihren jeweiligen Troß zurück; im Lauf des Nachmittags verschwanden sämtliche Söldner, und plötzlich bestanden die Marschsäulen nur noch aus Fußkämpfern. Von den makedonischen und thessalischen Reitern war nichts zu sehen; abends, auf der Suche nach einem Lager, trafen Dymas und Tekhnef lediglich einen kleinen Trupp berittener Burschen, die aber keine Auskunft gaben: Hochfahrende makedonische Adelssöhne, Königsknaben, hatten es nicht nötig, mit hergelaufenen Musikern zu reden. In der Heimat, bei Philipps Kriegszügen und auch auf den ersten Unternehmungen Alexanders hatte die alte Regel gegolten, daß jeder edle Krieger der Hetairenreiterei einen ebenfalls berittenen Burschen haben solle, die besten Fußtruppen einen Sklaven, Waffenträger oder Burschen für je vier Mann, die Hopliten der gewöhnlichen Phalanx einen für je zehn Krieger; für den Feldzug in Asien waren auch diese alten Regeln aufgehoben oder geändert worden, um nicht den Troß unendlich aufzublähen. Deshalb erlaubte die Anzahl
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