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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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und klatschten ins lehmige Wasser.
    Es war dunkel geworden, die unsichtbare Sonne gesunken, und es regnete noch immer. Sie begannen zu schwimmen, suchten die Kanalwand nach Treppen ab. Die obere Uferkante, von Regen durchtränkt, geriet ins Rutschen; Schlammschlieren glitten die Uferwand hinab und bedeckten, verschlossen, verbargen den Ausgang der Unterwelt.

    Bei der nächtlichen Beratung begann Kleitos zu niesen; er fühlte sich fiebrig. »Wenn wir das alles nur geträumt haben, dann war es der unangenehmste feuchte Traum, den ich je hatte.«
    Hephaistion lachte. »Vielleicht sind wir wirklich nur zum Kanal gegangen, haben dieses Gesicht gehabt und sind reingefallen, wie?«
    Ptolemaios und Drakon wechselten einen langen Blick; der Lagide sagte verdrossen: »Ich glaube nicht an Träume; gebt mir Tatsachen.«
    »Mein Niesen. Mein Fieber. Die Erkältung, die ich morgen haben werde; sind das nicht Tatsachen genug?« Kleitos wischte sich die Nase.
    Aristandros verwendete eines seiner seltenen feinen Lächeln; Alexander schnitt eine Grimasse. Der Seher räusperte sich.
    »Tatsachen für dich, Kleitos; für uns sind es nur phainomena. Etwas, was man sieht, ohne es glauben zu müssen. Vielleicht hat dich einfach etwas befallen.«
    »Wenn es denn ein Gesicht war, eine Botschaft«, sagte Alexander, »wie ist deine Deutung?«
    Aristandros stand von seiner Kline auf und fuchtelte mit den Armen, bis die Musikerinnen zu spielen aufhörten. »Eine Botschaft? Nun ja ... Sie sagt viele Dinge, glaube ich. Die Wirklichkeit ist ein riesiger Turm, ein großer, weiträumiger Turm, den alle Menschen aller Jahrhunderte erbaut haben. Du kannst niemals erwarten oder hoffen, diesen Turm zu verändern oder zu zerstören, denn alle, die ihn bauten, und alles, was sie gesehen, gedacht, gewußt und geträumt haben, all das ist in diesem Turm, kraftvoll und lebendig. Du kannst darin wohnen, du kannst kleine Teile ändern, umbauen, neu einrichten, aber selbst wenn es dir gelänge, den ganzen Turm abzureißen, würden die Menschen sich an ihn erinnern und ihn wiedererrichten, durch Worte und Gedanken.«
    Parmenion machte ein Geräusch, als ob er ausspucken wollte. »Kannst du das auch so sagen, daß ein dummer alter Krieger es versteht?«
    Aristandros wandte sich ihm zu. »Du verstehst nur zu gut, edler Parmenion. Babylon ist die Welt, die Menschheit, innerhalb und außerhalb der Oikumene. Alles was war, was ist und was sein wird – alles ist hier, gleichzeitig, zusammen, unauflösbar verwickelt. Wer die Welt beherrschen will, sollte versuchen, mit Babylon in Eintracht zu leben. Alles andere ist eitel. Das ist es, was die Botschaft sagt – das Gesicht, Alexander. Du wirst keinen anderen Ort finden, wohin du auch ziehst, zu Wasser oder zu Lande. Diese Stadt ist überall.«
    Alexander bleckte die Zähne. »Du willst also, daß ich hier bleibe? Nicht weiterziehe? Ein Babylonier werde? Diesen alten Lehmhaufen zu meiner Hauptstadt mache?«
    Niemand antwortete. Kleitos nieste wieder. Demaratos schien seine Finger zu zählen, Drakon starrte an die ferne düstere Decke des Saals. Schließlich hob Philotas die Hand.
    »Vielleicht nicht der schlechteste Vorschlag, Alexander. König der Makedonen, hegemon der Hellenen – das Ziel, der Auftrag ist, die Perser für alte Schmach zu strafen, Makedonien zu stärken, den Athenern ein paar Heiligtümer und Standbilder zurückzubringen, die, ah, Xerxes geklaut hat. Nicht daß mir etwas an ihnen läge, aber ... Warum nicht Babylon zur östlichen Hauptstadt machen? Eine Grenze ziehen? Eine Grenze, die wir von hier aus gut überschreiten können – nach Persien gehen, den Kern der persischen Macht zerstören, Standbilder suchen, dann zurückkommen. Ein oder zwei Jahre hier, Alexander, alles ordnen, dann ein oder zwei Jahre Pella, dann wieder hier. Wäre das so schlecht?«
    Einige nickten, andere schwiegen; fast alle beobachteten Alexander, dessen Gesicht keine Regung zeigte.
    Demaratos sagte halblaut: »Diese Botschaft, euer Traum ... Vergeßt nicht: Alexander war der einzige, der sich dagegen wehren konnte. Gegen die Götter – oder gegen den, wer immer es sein mag, der diesen Traum geschickt hat.«
    Alexander schloß die Augen; er nickte leicht. »Ja, Philotas, es wäre so schlecht. Der hegemon der Hellenen soll die Perser strafen. Nicht daß jemand bei Erteilung des Auftrags geglaubt hätte, daß das Heer weiter als bis, sagen wir, Sardeis kommt. Der König der Makedonen möchte vielleicht Persien zu seiner

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