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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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gespitzten Ohren auf einem bräunlichen Pferd hing; oder vielleicht doch lieber nicht. Alexanders Augen waren blutunterlaufen, die Schläfenadern kleine böse Schlangen. Parmenion saß reglos auf seinem Rappen; der rote Umhang hing locker von den Schultern, Gesicht und Hände schienen entspannt. Um die Mundwinkel mochte ein winziges Lächeln zucken, es konnte aber auch ein Spiel der Sonne im ergrauten Bart sein. Hinter ihm, als einziger zu Fuß, stand einer der technischen Offiziere, Aristoboulos. Die Krempe des Schlapphuts verdeckte sein Gesicht; die Beine waren bis zu den Knien verschlammt.
    »Die da drüben«, sagte Parmenion ruhig, »sind ausgeruht und haben gegessen. Unsere Männer waren nicht vier, sondern sechs Stunden unterwegs, und nicht auf gutem Boden, sondern im Schlamm. Sie sind erhitzt und müde; der Fluß ist eisig.« Er beugte sich vor; der Rappe stellte die Ohren auf. »Alexander, diese Schlacht ... Wenn wir siegen, ist es nur der Anfang. Es sind kaum iranische Truppen dabei, der Großkönig ist weit, Asiens Macht fast nicht gefordert. Wenn wir geschlagen werden, ist es das Ende. Deshalb.«
    Alexander schwieg; er starrte den erfahrenen Strategen an, als ob er ihn mit Händen und Zähnen zerreißen wollte. Ptolemaios fühlte sich gestreift von etwas wie einem heißen Hauch; er wußte, wenn er dort säße, auf dem Rappen, spränge er jetzt ab, um Alexanders Knie zu berühren und in seinen Augen Befehle zu lesen.
    Parmenion rührte sich nicht. Lange Zeit sprach niemand. Endlich räusperte sich Kleitos; er winkte Koinos herbei, der weiter entfernt scheinbar unbeteiligt den Nacken seines Pferdes getätschelt hatte.
    »Kriegsrat. Was sagen deine Leute, Koinos?«
    Der Führer jener Taxis, deren Männer hauptsächlich aus der Orestis stammten – wie er –, zögerte mit der Antwort. Er schob den schlichten Kesselhelm in den Nacken und hob die Brauen. Ptolemaios erwartete unbewußt das spöttische Lächeln, mit dem Koinos die Leistungen seiner Zöglinge während der Ausbildung in Beroia bedacht hatte; aber einer dieser Zöglinge war der zornige König, und andere wie Meleagros oder Perdikkas waren inzwischen ranggleich mit ihrem ehemaligen Führer. Ptolemaios hatte immer versucht, in gewissen Hinsichten Koinos nachzueifern, wie dies auch der »Bär« tat, Krateros. Koinos war ein vorzüglicher Männerführer, umsichtig, kaltblütig im Gefecht, hart und erfahren schon unter Philipp; anders als viele der jüngeren Offiziere – besonders Hephaistion, aber auch Leute wie Perdikkas – beharrte er jedoch nicht auf seiner edlen Herkunft, behandelte die einfachen Krieger nicht von oben herab. Er war beliebt bei den Hopliten – wie Parmenion, wie Krateros. Und wie Kleitos, der durch das eine Wort »Kriegsrat« alles zurechtgerückt hatte: Es war das Recht der Edlen und Offiziere, vor einer wichtigen Entscheidung den König zu beraten; es war ihr Recht, nicht immer seiner Meinung zu sein. Er mochte später die Gegenstimmen mißachten, aber er mußte sie hören.
    Alexander bewegte sich; der Zorn des Achilles schwand. Der König zupfte an seinem braunen Regenumhang, streifte ihn ab und enthüllte den weithin leuchtenden vergoldeten Brustschutz. Er war zur Schlacht bereit gewesen, mußte sich nun fühlen wie ein schneller Läufer, der um eine Ecke gebogen ist und vor eine Mauer prallt, mit der er nicht rechnen konnte.
    Ptolemaios stieß die Luft aus, die angehalten zu haben ihm nicht bewußt war. Parmenions Härte, Alexanders Zorn, Kleitos’ Worte, Koinos’ Zögern ... Plötzlich sah er einen Abgrund, in den beinahe alle gestürzt wären, und einen eisigen Augenblick lang zweifelte er, daß dieser Riß unter ihren Füßen sich wieder schließen lassen würde. Die alten Offiziere, das von Philipp und Parmenion geformte Heer einerseits, Makedonen mit ihren Vorzügen und Beschränkungen; auf der anderen Seite der junge König und seine jungen Freunde, Makedonen auch sie, aber hellenisch erzogen; dazwischen, mehr als unbehaglich dazwischen, all jene, die zwangsläufig auf beiden Seiten standen: Hektor, Nikanor und Philotas, Freunde des Königs und Söhne Parmenions; Kleitos, dessen Schwester Alexanders Amme gewesen war und der den Jungen immer bewundert und gefördert hatte, wie ein junger Onkel oder älterer Bruder; oder Ptolemaios, der sich zu Alexanders engsten Freunden zählte und in diesem Moment wußte, daß ihm das Heer ohne Parmenion unvorstellbar war. Mit der Spitze des rechten Zeigefingers rieb er die Stelle,

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