Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
wo seine Nase einmal gebrochen und zu einer Art Falkenschnabel geworden war.
Koinos schien zu befinden, daß das Schweigen lange genug gedauert hatte und alle wieder bei Sinnen sein mußten.
»Meine Leute?« sagte er. Er wies mit dem Daumen hinter sich. »Sie haben das Gold auf den Rüstungen der Satrapen gesehen und wollen Beute machen; sie denken an ihre Beutel, aber auch an ihre Bäuche. Sie sind müde und hungrig.«
Alexander nestelte an den Lederbändern, die den prunkvollen Helm mit den beiden weißen Federbüschen von einem Knopf des Brustschutzes baumeln ließen. »Lagern. Morgen früh greifen wir an.«
Ohne jemanden anzusehen, trieb er Bukephalos an, ritt zwischen Parmenion und Kleitos hindurch, fort. Kallisthenes öffnete den Mund, klappte ihn aber hörbar wieder zu, als Parmenion die Hand hob.
»An die Arbeit. Schweigen ist gut, wenn Dinge zu erledigen sind.«
»Was ich zu erledigen habe, ist nicht schweigsam«, sagte Kallisthenes. Er spitzte den Mund und starrte Parmenion an; dann grinste er. »Soll ich nach Hellas berichten, Alexander sei nach Überschreiten des Hellespont vom greisen, trottelig gewordenen Parmenion daran gehindert worden, dieses Rinnsal da zu überqueren?«
Kleitos legte die Hand an den Schwertgriff. Halblaut, durch die Zähne, sagte er: »Hüte deine freche Zunge, Schreiber. Nur die Achtung vor deinem Onkel ...«
»Laß Aristoteles aus dem Spiel. Wir sprechen von makedonischen Holzköpfen und dem, was ich Hellas von ihnen erzählen soll.«
Parmenion lachte. »Laß ihn, Kleitos. Er leidet an krankhaftem Beleidigungsdrang. Irgendwann wird er über seine Zunge stolpern. Schreib, was du willst, nur hindere uns nicht an der Arbeit.«
Kurz vor Sonnenuntergang kam Ptolemaios auf seinem Rundgang zum Lager der Taxis des Krateros; unter den 1500 Hopliten und ihren Unterführern waren viele alte Bekannte. Er tauschte eben mit dem langen Emes Erinnerungen an gewisse Knaben in gewissen Ausbildungslagern aus, als ringsum die Männer aufsprangen und zur Lagermitte drängten, unter großem Gejohle und Geschrei.
Alexander war erschienen, immer noch in schimmernder Rüstung. Bei ihm waren einige Offiziere des Stabs, außerdem Harpalos und ein paar seiner Leute, die einen schweren Handkarren zogen.
Alexander wartete, bis der Lärm sich gelegt hatte. Er wirkte gelassen, beinahe heiter, blinzelte Ptolemaios zu und klatschte in die Hände.
»Männer«, sagte er laut. »Freunde und Gefährten – ich weiß, viele von euch sind ungeduldig, aber es ist besser, sich ein wenig auszuruhen und zu stärken, bevor man einen Fluß durchquert.«
Einige Männer lachten; Krateros, der wie ein breiter Turm hinter Alexander aufragte, verkniff sich ein Grinsen.
»Ich weiß, daß ihr sofort das Wasser da durchqueren und einige kleinere Hindernisse am anderen Ufer beseitigen könntet.«
Wieder Gelächter und zustimmendes Murmeln.
»Die Götter waren gut zu uns; sie haben uns mit ihrem Regen erfrischt und dafür gesorgt, daß der Marsch nicht allzu langweilig war; Schlamm macht Dinge viel anregender, die sonst öde und gewöhnlich wären.«
Wie eine Kräuselwelle breitete sich Gekicher aus.
»Ihr seid frisch genug, um den Granikos zu überwinden und die Leute zu vertreiben, die auf dem anderen Ufer herumlungern. Es sind sogar einige gute Kämpfer dabei, Verräter – Söldner aus vielen hellenischen Städten. Aber fürchtet euch nicht, meine Kleinen; sie sind den Satrapen so kostbar, daß sie in den Hügeln bleiben, nicht am Ufer aufgestellt werden. Sie könnten ins Wasser fallen, naß werden, und ihre Schwerter würden rosten.«
Das Gekicher schwoll zu einer Flut des Gelächters an.
»Ich weiß, daß all dies für euch nur ein Abendspaziergang wäre, Freunde – aber danach wärt ihr vielleicht ein wenig müde und könntet den Sieg nicht so richtig genießen. Deshalb werden wir diese kleine Auseinandersetzung auf morgen früh verschieben. Unsere Feinde gähnen; sie langweilen sich; sie haben den halben Tag am Ufer gestanden und müssen die ganze Nacht damit rechnen, daß wir es uns doch noch anders überlegen. Morgen früh werden sie unausgeschlafen sein, unwirsch und in schlechter Verfassung. Deshalb wollen wir heute abend gut essen und gut trinken, und dann gut schlafen. Ich weiß, daß eure Vorräte knapp sind, aber das macht nichts; eßt, was ihr habt – morgen werdet ihr aus den reichen Vorräten der Perser Festmähler feiern!«
Er sah sich um, wartete, bis der Jubel und Beifall ebenso
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