Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
Lager an Parmenions Tisch saßen: Philotas war dabei, der Sohn des Strategen, ein paar Schreiber, ein älterer makedonischer Reiterführer namens Lysandros, und der rundliche Hellene Eumenes. Auf dem Tisch, umgeben von Rollen und Schreibzeug, standen Becher und zwei Krüge, Wein und Wasser.
Parmenion blickte auf. »Ah, der edle Kitharode. Woher kommst du?«
Dymas deutete mit dem Daumen hinter sich. »Von Ilions trüben Auen, Herr der Schwerter.«
Parmenion grinste kurz. »Trübe Auen? Regnet es da, oder was?«
Dymas legte Sack und Kithara in eine Nische des Zelteingangs, setzte sich auf einen Hocker und goß Wasser und Wein in einen unbenutzten Becher.
»Auf dein Wohlergehen und deinen unsterblichen Ruhm, Stratege. Nein, es regnet nicht. Alexander hat heute früh Altäre errichten lassen; jetzt tanzen er und Hephaistion nackt und mit Kränzen im Haar um die Gräber von Achilles und Patroklos. Kallisthenes brüllt dazu Verse aus den Werken des hehren Homeros, und Aristandros zählt Krähen oder derlei.«
»Welch edles Tun«, sagte Eumenes. »Haben sie wenigstens zahlreiche Zuschauer?«
»Einige tausend Mann, ja. Rhythmisches Klatschen und alles, was dazugehört. Zum Lobe der Götter und Heroen. Inzwischen sind sie wahrscheinlich mit dem Tanzen fertig und plündern den Tempel der Athene.«
»Spotte nicht.« Parmenion faltete die Hände hinter dem Kopf, ächzte und drückte den Rücken durch. »Es sind die großen Gebärden, die das Heer liebt. Das Volk, ganz allgemein. Dann wird er also etwa jetzt seine Rüstung und seine Waffen der Athene weihen und zum Ausgleich dieses große Schwert empfangen, das man dort im Tempel gehütet hat? Das Schwert des Achilles?«
»Ich nehme an, damit sind sie inzwischen auch fertig. Was weißt du von diesem Schwert?«
Parmenion hob die Schultern; Philotas betrachtete seinen Vater von der Seite und lachte.
»Er mag es nicht sagen, also hörst du es von mir. Es gab da ein riesiges, rostiges, schartiges Ungeheuer von Schwert. Vor eineinhalb Jahren traf es sich, daß der Priester, der den Tempel hütete, sterbenskrank wurde; zufällig zu einem Zeitpunkt, als einer der vielen Freunde des Korinthers in der Nähe war. Da das Gebiet ...«
»... unter unserer Aufsicht stand«, sagte Parmenion, »und die Krankheit des Priesters eine war, die durch gewisse Kräuter bewirkt worden sein könnte ... Nun ja. Jedenfalls gab es einen neuen Priester, und durch die Wunder der Götter auch ein neues Schwert – nicht ganz so riesig, dafür aber ein scharfes, neues Wunderwerk der Kunst meines besten Waffenschmieds.«
Dymas schüttelte langsam den Kopf; dabei lächelte er. »Weiß er das?«
»Wer? Alexander?« Parmenion runzelte die Stirn. »Es war sein Einfall. Ein sehr guter dazu. Demaratos hat nur dafür gesorgt, daß die Idee durchgeführt werden konnte. – Dann werden sie also am mittleren Nachmittag hier sein, nehme ich an. Und wo ist deine schwarze Göttin?«
»Sie ergötzt sich am Anblick nackter Makedonenfürsten, der mich vertrieb. Sie wird mit ihnen herkommen. Ist für die Nacht vor dem Aufbruch Raum in einem der Zelte hier?«
Parmenion grunzte. »Seid meine Gäste. – Weiter, Eumenes.«
Der Hellene tippte mit dem zerkauten Schreibried auf eine Rolle. »Die Bedürfnisse der Heiler – vor allem Kräuter und reine Tücher. Es sind Berechnungen für die Zukunft; in den nächsten Tagen kann man sich darum kümmern. Die Schmiede jammern über zu wenig Eisen ...«
»Alle jammern immer.« Parmenion klang beinahe heiter. »Was ist das Nächste?«
Dymas stand auf, den Becher in der Hand. Er nickte den anderen zu und machte sich auf den Weg zu den Latrinen, um sich zu erleichtern. Bevor der Lagerlärm zu laut wurde, hörte er Eumenes über den Mangel an Brennstoff für Kochfeuer sprechen.
Als er von den Latrinen zum kleinen Hügel oberhalb der Bucht ging, ließ er sich den Becher neu füllen, an einem langen Tisch, wo Sklaven und Köche die Speisung der Offiziere vorbereiteten.
Vom Hügel hatte er sich einen weiten Blick auf den Hellespont erhofft, aber es war ein dunstiger Tag. In der Bucht lagen einige kleinere Lastkähne, teils im Wasser, teils halb auf dem Strand. Weiter draußen glitzerten zahlreiche Segel durch den dünnen Dunst nahe dem asiatischen Ufer; wie viele Schiffe es insgesamt sein mochten, ließ sich nicht schätzen. Zum ersten Mal bedachte Dymas die ungeheuren Schwierigkeiten der Versorgung. Das Heer befand sich nicht auf feindlichem Gebiet; das nördliche,
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