Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
Vom Netzwerk:
und dem Büffel eine Rolle bei den Morden gespielt hatten. Sie musste das alles in eine Reihenfolge, in eine Methodik bringen und den Kollegen vorstellen. Sie war sich jetzt sicher, dass sie auf die Spur des Killers gelangt war – und es gab allen Grund, zu befürchten, dass er noch weitere Morde nach dem Tierkreis begehen würde, an deren Ende etwas stehen musste. Nur was?
    »Der Drache hier«, fragte Alex, deutete auf den sich schlängelnden gehörnten Lindwurm in dem Tierkreis und trank einen Schluck Wasser, »welche Bedeutung hat er?«
    »Nun.« Xenia Chen fuhr sich durch das Haar. »Für China eine ganz essenzielle. Man nannte den Thron des Kaisers den Drachenthron, und China kennt man auch als Land des Drachen. Man ist sich nicht sicher, woher das Wesen in der Mythologie Chinas stammt. Manche behaupten, es könne mit Dinosauriern zu tun haben, deren Knochen Bauern bei der Feldarbeit gefunden haben. Tatsächlich wurden sogenannte Drachenknochen beziehungsweise Fossilien in der Medizin als Wundermittel verabreicht, und ich meine, gelesen zu haben, dass unlängst gefiederte Dinosaurier in China entdeckt worden sind. Da mag man über die Flügel der Drachen seine Rückschlüsse ziehen.« Die Astrologin wedelte lächelnd mit den Händen, um das Schlagen der Flügel zu imitieren. Alex schmunzelte gequält und trank einen weiteren Schluck.
    »Wie auch immer – der Drache ist eher mit einer Gottheit als mit einem Dämon gleichzusetzen. Er beherrscht Flüsse, Seen und Meere, er ist für Fluten, Überschwemmungen oder Stürme genauso verantwortlich wie für Glück. Die wichtigsten Drachen sind die Drachen der Meere des Ostens, des Westens, des Nordens und des Südens, und es gibt auch einen Drachenkönig.«
    Vier Elemente. Vier Drachen. Und die Nummer fünf: der Drachenkönig, das fünfte Symbol im Tierkreis. Klingelt da was, Starling?
    »Nun, und als Psychologin können Sie auch bei Carl Gustav Jung nachschlagen«, erklärte die Astrologin und schloss das Buch. Alex merkte auf. »Drachen kommen in nahezu allen Mythologien vor, sie gelten unter anderem in der Traumdeutung als eine Umkehrung des Mutterarchetyps: von der gebärenden und Schutz gewährenden Frau zur zerstörenden und verschlingenden. Vielleicht nennt man deswegen die bösen Schwiegermütter manchmal Drachen«, schmunzelte Xenia Chen. »Der Drache kann auch für gesellschaftlich nicht erwünschte und unterdrückte Züge stehen.«
    »Eine Komponente«, murmelte Alex und zwirbelte immer schneller an ihrer Haarsträhne, »im Unterbewusstsein, die sich im Kampf des Helden mit dem Drachen wiederfindet – dem Kampf zwischen den zwei Teilen seiner Persönlichkeit, dem Kampf Gut gegen Böse, der in ihm tobt und droht, ihn zu zerreißen, weswegen er die Sehnsucht hat zu verschmelzen.«
    »Sie sind die Psychologin, nicht ich«, sagte Xenia Chen. »Nun, ich hoffe, ich konnte Ihnen etwas helfen, und wie gesagt, das alles ist sehr komplex und nicht leicht in ein paar Worte zu fassen.«
    Alex trank den Rest des Wassers aus. »Vielen Dank, Frau Chen, ich denke, Sie haben mir in der Tat weitergeholfen. Eine Frage habe ich noch beziehungsweise eine Bitte.«
    Xenia Chen hob eine Augenbraue. »Doch etwas Reiki?«
    »Danke«, lachte Alex, »vielleicht ein anderes Mal. Aber dieses Buch – ich will nicht unverschämt sein, aber würden Sie es mir vielleicht für einen Tag oder zwei ausleihen?«
    Die Frau zögerte einen Moment und strich über den fein verzierten Einband. »Nun, es ist recht kostbar, und ich denke nicht, dass ich es irgendwo wiederbekommen könnte, falls damit irgendetwas …«
    »Also, da müssen Sie sich keine Sorgen machen. Ich meine, hey, Sie leihen es der Polizei, und außerdem wohne ich sozusagen gegenüber.«
    »Oh, tatsächlich?«
    »Zwei Querstraßen weiter.«
    Xenia seufzte. »Also gut. Sie bringen es mir übermorgen zurück?«
    »Polizistinnenehrenwort. Und dann komme ich vielleicht auch auf das Reiki zurück.«
    »Jederzeit gerne«, lächelte die Astrologin und reichte Alex mit beiden Händen den schweren Folianten. »Ich muss mich nun auch entschuldigen, es ist gleich vier, dann kommt eine Klientin zu mir.«
    »Ich bin schon so gut wie weg. Und vielen Dank für Ihre Zeit, Frau Chen, Sie haben mir wirklich sehr geholfen.«
    »Nun, dann war es sinnvoll investierte Zeit.«
    Sechzehn Uhr, dachte Alex. Sie hatte noch den Nachmittag, den Abend und die ganze Nacht Zeit bis zur morgendlichen Teambesprechung. Bis dahin müsste sie das Wesentliche

Weitere Kostenlose Bücher