Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
Vom Netzwerk:
und Cortisol, die bestimmte Prozesse im Gehirn blockieren. C- 12 soll in der Psychiatrie eingesetzt werden und gilt als Angstkiller und Erinnerungshemmer in der Behandlung von Patienten mit posttraumatischen Belastungsstörungen. Seine Zulassung steht wohl kurz bevor.«
    C- 12 . Hatte Kraft nicht davon gesprochen? Und vor allem: Warum hörte sie von dieser Analyse erst jetzt? Okay, Marcus hatte die Betablocker-Sache kürzlich beiläufig erwähnt – trotzdem hatte sie gerade das Gefühl als sei sie vor eine Wand gelaufen. »Ich … bin mir nicht ganz sicher«, sagte Alex und schluckte, »aber ich meine, Kraft hatte erwähnt, dass er C- 12 auch bekommen hat.«
    Marcus schürzte die Lippen, sagte aber nichts.
    »Nun«, schränkte Alex ein, »bis ein Medikament zugelassen wird, durchläuft es verschiedene Phasen, in denen es an zahlreichen Menschen getestet werden muss – natürlich vorzugsweise an solchen, die ein entsprechendes Krankheitsbild aufweisen.« Alex versuchte ein Lächeln und blickte in die Runde. Niemand erwiderte ihr Lächeln. »Wir könnten über den Hersteller herausfinden, wer in diese C- 12 -Studien eingebunden war.«
    »Oder Kraft etwas Blut abzapfen«, warf Reineking ein.
    Marcus kratzte sich am Kinn. »Das lässt der nicht mit sich machen. Ohne amtliche Anordnung streckt der nicht freiwillig den Arm aus.«
    »Aber«, sagte Alex, »ich will nicht ausschließen, dass auch Ludger Siemer gegen seine schwere traumatische Störung mit diesem Präparat behandelt worden ist. In jedem Fall sollten wir ihn uns genauer ansehen.«
    Alex ging zu ihrem Platz zurück. Murmeln im Saal und vereinzeltes Klopfen mit den Fingern auf Stuhllehnen. Statt sich über den dezenten Applaus zu freuen, versetzte es Alex einen Stich, dass keiner ihrer Kollegen es für nötig hielt, ihren Schlüssen die Beachtung schenkten, die sie ihrer Meinung nach verdient hatte. Marcus stierte vor sich hin und rieb die Unterlippe mit dem Daumen. Reineking gähnte, streckte sich und ließ die Finger in den Gelenken knacken.
    »Wieso erfahren wir erst jetzt von den E-Mails?«, fragte Marcus mit einem bedrohlichen Unterton.
    »Weil ich ebenfalls erst kurzfristig davon erfahren habe.« Genauso wie von den Ergebnissen über das C- 12 , die du eben aus dem Ärmel gezogen hast, fügte sie in Gedanken hinzu.
    »Okay. Das wäre dann also das einzige Konkrete, und das hältst du auch noch nicht in Händen. Alles andere ist eine sehr interessante, möglicherweise richtige oder aber falsche Interpretation, oder?«
    »Äh ja, wenn du so willst«, stammelte Alex.
    Marcus machte eine abwehrende Geste. »Schon gut. Der Vortrag war klasse und sehr aufschlussreich. Und dein Einsatz in allen Ehren. Aber im Moment bin ich mehr an Fakten interessiert. Interpretieren und zwischen den Zeilen lesen können wir später noch so viel, bis uns schlecht wird. Was haben wir noch?«
    Das war alles? Alles, was er dazu zu sagen hatte? Dabei hatte er sie explizit darum gebeten, ihm etwas zu liefern. Ebenso gut hätte er ihr eine Ohrfeige verpassen können.
»Bis uns schlecht wird.«
Wichser. Alex’ Stimmung sank auf den Tiefpunkt. Es war doch zu früh gewesen. Viel zu früh. Sie hätte noch einen Tag warten sollen, um von Kraft weitere Aussagen zu erhalten – zumindest so lange, bis sie die Mails schwarz auf weiß präsentieren konnte. So war es nicht mehr als heiße Luft. Jeder konnte behaupten, Post von einem Mörder zu erhalten. Aber sie hatte zumindest erwartet, dass ihre Darlegung über den Tierkreis …
    Ein junger Beamter meldete sich zu Wort. Er sprach mit einem leichten Ruhrgebietsakzent und stammte aus dem Ermittlerpool, das Marcus zur Verstärkung angefordert hatte. »Eine Frage nur, bevor wir weitermachen: Wenn König oder Siemer es auf Kraft abgesehen haben – warum dann der ganze Zirkus? Warum legen die ihn nicht einfach um – und fertig?«
    »Gute Frage«, lobte Alex mit bebender Stimme. »Allerdings müssen wir die Sachlage andersherum betrachten. Wir haben es nun mal mit dem zu tun, was du als Zirkus bezeichnest. Deswegen müssen wir erst begreifen, was das Vorgehen zu bedeuten hat, welchen Sinn es erfüllt, um an den Täter zu gelangen. Es ist völlig richtig: Er könnte Kraft sofort töten. Tut er aber nicht. Wahrscheinlich, weil er es nicht kann. Weil er Angst hat. Weil erst sein Ritual vollendet werden muss. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir es in jedem Fall mit einer sehr gestörten und äußerst komplexen Persönlichkeit zu tun

Weitere Kostenlose Bücher