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Alfons die Weihnachtsgans

Alfons die Weihnachtsgans

Titel: Alfons die Weihnachtsgans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Koester-Loesche
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Als wärst du uralt. Bist du aber nicht. Heute ist auch deine Zeit, und es gibt auch gute neue Sachen, die man früher nicht hatte. Handys, zum Beispiel ...«
    »Schon gut. Ich nehme mir das zu Herzen«, murmelte Käte. Und schon wieder musste sich Tore aus einer Umarmung herauswinden. »Du hast dich verändert. Du bist erwachsener geworden.«
    »Das will ich meinen«, sagte Tore selbstbewusst. »Wer im Watt nach Puken suchen muss, die ihre Ringelgans verloren haben, und die Suche dann aufgibt, nimmt sehr viel Verantwortung auf sich.«
    Der Tag würde lang werden. Tore spielte mit den Kindern der Gäste, aber hauptsächlich musste er immer an die Grütze denken und daran, ob die Puken sich wohl auch bei Licht an die Schüssel trauten.
    »Pass doch endlich auf«, mahnte einer der Gastjungen ungeduldig, von dem Tore sich nicht einmal den Namen gemerkt hatte, und warf den grünen Mensch-ärger-dich-nicht-Spielstein zum vierten Mal aus dem Rennen.
    »Ja, ja«, sagte Tore und stand auf, »du hast gewonnen.« Ohne ein weiteres Wort lief er in Oma Kätes Wohnung hinüber.
    Das Wohnzimmer war inzwischen gesperrt, und dahinter rumorte Oma. Sie schmückte den Baum, was sonst immer Opa gemacht hatte.
    »Soll ich dir helfen?«, bot Tore hoffnungsvoll an.
    »Das könnte dir wohl gefallen. Kommt überhaupt nicht in Frage! Aber danke.«
    »Oma, essen Puken auch etwas anderes als Grütze?«, fragte Tore, den Mund dicht am Türspalt. »Würstchen, vielleicht? Ich könnte welche heißmachen.«
    »Ich glaube nicht, Tore. Und mit Würstchen wollen wir erst gar nicht anfangen. Es gibt heute Mittag wie immer Brot und Aufschnitt.«
    »Ich meinte ja bloß«, maulte Tore.
    »Kindschen kommt heute abends, Tore. Alles zu seiner Zeit.«
    Das dämpfte Tores Unruhe auch nicht. Er sah aus dem Fenster. Die Luft war grau von Nebel. Man konnte nicht einmal das Meer sehen. Das Eis auf dem Fething war längst geschmolzen, Schlittschuhlaufen war unmöglich. Schnee war nicht zu erwarten, dazu war es viel zu warm. Er überlegte, ob er Alfons besuchen sollte. Aber zu laufen hatte er keine Lust, und Oma hatte keine Zeit, ihn zu fahren.
    Endlich wurde es dunkler, das Warten würde bald überstanden sein. Nun musste nur noch das Essen bewältigt werden. Tore fragte sich, wie schon so oft, warum man unbedingt vor der Bescherung essen musste, statt es hinterher zu dürfen. Er hatte vor lauter Aufregung davor nie Hunger. Höchstens auf die Förtchen, die Oma gebacken hatte.
    Zwei Teller, auf denen sich die Förtchen häuften, standen auf dem Tisch. »Würdest du einen davon zu unseren Gästen bringen, Tore? Mit einem Weihnachtsgruß von Opa und mir.«
    »Ja, mache ich«, sagte Tore, aber dann fiel ihm ein, was Onkel Calle über die Pflichten von Stallbesitzern erzählt hatte. »Du musst mitkommen, Oma.«
    »Wie?« Käte drehte sich um und betrachtete Tore mit gerunzelter Stirn. »Du traust dich bei Dunkelheit allein ins Watt, aber nicht zu unseren Gästen? Das kann ich kaum glauben.«
    Wenn das für Oma eine Erklärung war, seinetwegen. Hauptsache, sie kam mit. Tore nickte heftig.
    »Na gut.« Oma Käte band ihre Schürze ab, und Tore ergriff den Teller.
    Die Familie war schon bei der Bescherung. Die Kinder, die jünger als Tore waren, packten gerade die Geschenke aus. Tore überreichte der Mutter den Teller mit einer vollendeten Verbeugung. »Im Namen meiner Großeltern«, sagte er höflich.
    Das trug ihm einen verwunderten und etwas belustigten Seitenblick von Käte ein. »Ich wünsche Ihnen Glück und Segen«, sagte sie, »und dass wir alle immer genug Arbeit haben, um uns aus eigener Kraft ernähren zu können.«
    »Ja, vielen, vielen Dank«, erwiderte die Frau gerührt. »In der heutigen Zeit ist bezahlte Arbeit und eine Sozialversicherung das Wichtigste, nicht wahr?«
    Jippiih, rief Tore innerlich. So ähnlich hatte Onkel Calle es bestimmt gemeint, obwohl Oma die Frau nicht direkt ermahnt hatte, fleißig zu sein.
    »Du warst ja so feierlich«, stellte Oma anerkennend fest, als sie wieder zurück in der eigenen Wohnung waren.
    »Ja. Weihnachten eben«, erklärte Tore sehr zufrieden.
    Die Ente duftete herrlich und hatte eine ganz knusprige Haut. Während sich Tore den Bauch mit Ente, Rotkohl und Salzkartoffeln mit Bratensoße vollschlug, vergaß er sogar vorübergehend, dass er sich eigentlich die Bescherung vor dem Essen gewünscht hatte.
    Aber dann endlich, endlich ...
    Das Paket, das Tore am meisten Kopfzerbrechen machte, hob er sich bis zum Schluss auf.

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