Alfons die Weihnachtsgans
und langsam verläuft.«
»Oh, ich wusste gar nicht, dass du die Puken kennst«, sagte Tore verlegen.
»Aber natürlich, Tore! Das kleine Volk lebt doch unter uns! Die Puken sorgen für unser Vieh, wenn wir selbst keine Zeit haben, und das machen sie sehr verantwortungsbewusst. Auf der Hallig kommen kaum jemals Schafe, Rinder, Gänse, Enten oder Hühner um. Hast du das noch nicht bemerkt?«
»Doch«, gab Tore zu.
»Wenn ausnahmsweise etwas passiert, dann nur, weil der Besitzer nicht merkte, dass sein Stallpuk gerade Urlaub hatte.«
Tores Kopf glühte inzwischen. »Das ahnte ich nicht ...«
»Schon gut«, sagte Käte beruhigend. »Du kannst nicht alles wissen. Wir sprechen über Puken eigentlich auch nicht. Lieb von dir, dass in diesem Jahr du ihnen das Weihnachtsessen bereitest.«
»Aber im vergangenen Jahr ...«
»Du hast es bemerkt? Da habe ich die Grütze vergessen«, gab Oma zu und wurde rot. »Das war nicht gut.«
Sie meinte Opas Unfall. Man müsste etwas Besonderes für die Puken tun, überlegte Tore. »Ob Meier mit seinem besten Apparat nicht versuchen könnte, die Puken ...«
»Auf keinen Fall«, widersprach Käte entschieden. »Wir können doch nicht die Puken an einen Fotoreporter verraten.«
»Ich will sie doch nicht verraten«, beteuerte Tore. »Ich dachte an eine Reportage ...«
»Nein, du tust ihnen damit keinen Gefallen«, sagte Käte. »Wahrscheinlich würden sie die Hallig sogar verlassen.«
»Wegen der Fotos in einer Zeitung?«, fragte Tore entsetzt.
Käte nickte.
»Das möchte ich natürlich nicht!«
»Dann solltest du über die Puken gar nicht sprechen. Sie arbeiten am liebsten im Geheimen. Deswegen bleiben sie auch unsichtbar. Es gibt nur ganz, ganz wenige Menschen, denen sie sich jemals gezeigt haben. Andernfalls wüssten wir von ihnen ja auch gar nicht. Es heißt, dass man schweigen muss, wenn man sie zu Gesicht bekommen will, damit sie Vertrauen fassen können. Und wenn man sie gesehen hat, darf man erst recht nicht darüber reden.«
Endlich begriff Tore, warum ihm außer Onkel Calle niemand von den Puken erzählt hatte. Er nickte und kniff die Lippen zusammen. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, kochte er nach Rezept den Brei, gab die Butter darüber und balancierte die Schüssel ganz vorsichtig in den ehemaligen Stall, in dem gerade die Familie zu Gast war. Im Eingangsbereich der Ferienwohnung stellte er sie ab.
Als Tore in die Wohnstube zurückkam, in der der Tannenbaum zwar schon stand, aber noch ungeschmückt war, telefonierte Käte gerade mit Opa. »Ja, Anna hat Zwillinge bekommen. Ich habe das nicht deuten können. Anna hätte es selbstverständlich wissen müssen, und ich wäre dann nicht so beunruhigt gewesen. Ich verstehe gar nicht, dass bei all dieser Betreuung, die heutzutage möglich ist, niemand auf die Idee kam, ihr die Zwillinge anzukündigen. Oder war es eineVerwechslung, weil mehrere Hebammen und Ärzte beteiligt waren? Zu meiner Zeit wäre das jedenfalls nicht passiert ...«
Tore schüttelte missmutig den Kopf, und Käte reichte ihm erschrocken den Hörer, obwohl sie gar nicht wusste, worüber sich Tore ärgerte.
»Opa«, sagte er, »während du da so herumliegst, könntest du dir einen Gänsehandyhaltegurt ausdenken. In Zukunft kriegen Gänse für die Fahrt über die Hallig ein Handy umgeschnallt. Für alle Fälle. Notfälle.«
»Und wer soll es bedienen? Die Gans?«
»Entweder ein Verunglückter, der im Watt liegt, oder die Gans. Jedenfalls muss ab sofort bei jeder Fahrt einer Lore eine Rettungsgans dabei sein. Ähnlich wie ein Bernhardiner mit Rumfässchen.«
»Tja«, murmelte Opa Fedder unentschlossen.
»Vielleicht könnte man auch die Puken dafür interessieren. Eigentlich brauchen sie eine neue Aufgabe, weil es doch gar nicht mehr so viel Vieh auf der Hallig gibt.«
Fedder gab ein krächzendes Geräusch von sich.
»Oma und ich haben offen über die Puken gesprochen. Warum sollte man ihnen nicht einen Job als Begleiter von Rettungsgänsen anbieten? Falls etwas passiert, können sie Hilfe herbeirufen.«
Fedder seufzte so laut, dass es im ganzen Raum zu hören war. »Gut, ich werde darüber nachdenken, Tore. Zeit genug habe ich ja.«
»Fein. Danke, Opa«, sagte Tore und beendete das Gespräch.
»Was war denn los mit dir, als ich über die Zwillinge sprach?«, fragte Käte. »Passte dir etwas nicht?«
»Na, ja«, sagte Tore. »Schon wieder die Zwillinge! Außerdem hört es sich immer so blöd an, wenn jemand sagt: zu meinerZeit und so weiter.
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