Alias - Moederischer Nebenjob
amerikanischer Akzent war. Es bereitete ihr ein fast schon perverses Vergnügen festzustellen, dass Mr. Perfect letzten Endes auch nicht ohne Schwächen war.
Yvettes Stimme bekam einen koketten Tonfall. »Vous
parlez tres bien, monsieur.«
Noahs radebrechende Antwort wurde begleitet von weiterem Gekicher Yvettes, diesmal jedoch versetzte es Sydney einen kleinen, schmerzhaften Stich. Trotz Noahs lausiger Aussprache, so musste Sydney zugeben, klang sein Französisch irgendwie unheimlich romantisch.
Yvette sah das offensichtlich genauso.
Am liebsten wäre Sydney nach vorne in den Präsentationsraum marschiert und hätte dem Geturtel ein Ende gemacht.
Was bedeuten würde, dass ich eifersüchtig bin, was wiederum heißt. Reiß, dich zusammen, Sydney, dachte sie, verärgert über sich selbst. Ich hab ihm gesagt, er soll Yvette irgendwie hinhalten, und nichts anderes tut er. Ganz abgesehen davon, selbst wenn er total auf sie abfährt.
»Ich geh jetzt los«, flüsterte sie, ihren Gedankengang abrupt abwürgend, und öffnete die Tür.
Noah unterbrach sein Süßholzgeraspel gerade lang genug, um sich zu räuspern.
Ein kräftiger Adrenalinstoß wurde jäh durch ihre Adern gepumpt, als sie, in der linken Hand ihre Handtasche und die Abhörwanzen in der rechten, auf Strümpfen auf den Flur hinaustrat.
KAPITEL 6
Direkt vor der Tür zu ihrem Anproberaum, gegenüber der Ecke, wo der Flur seine Richtung änderte, löste Sydney eine der Miniatur-Kameras aus der Innenfläche ihrer Hand und befestigte sie an der Tapete, indem sie vortäuschte, mit den Fingern einfach nur so an der Wand entlangzustreifen. In dem lebhaften Blumenmuster ging das winzige, nahezu farblose Überwachungsgerät vollkommen unter.
Das war Nummer eins, dachte sie und spürte, wie sich vor Aufregung - und auch ein klein wenig vor Angst -ihr Atem beschleunigte. Auch wenn es nur eine simple Aufklärungsmission war und Noah sich gleich nebenan befand, konnte sie doch den beunruhigenden Gedanken nicht loswerden, dass möglicherweise irgendjemand vom K-Direktorat in diesem Augenblick jeden ihrer Schritte beobachtete.
Sie atmete tief durch, schlenderte ein paar Meter weiter und schlüpfte sodann durch den Vorhang, der den ersten Flur von dem abknickenden zweiten trennte.
Schlagartig änderte sich das Dekor. Während der vordere Bereich des Modesalons ausgesprochen opulent gehalten und mit Antiquitäten geradezu überladen war, regierte jenseits des Vorhangs reine Zweckmäßigkeit. Kahle weiße Wände, graue Industrieauslegware und kalte Neonröhren vereinten sich zu einem Ambiente bar jeglichen Charmes. Der einzige Lichtblick war ein großes Fenster am Ende des Flurs, das noch aus der Zeit zu stammen schien, in der das Gebäude erbaut worden war. Ohne übertriebene Eile ging Sydney darauf zu, lehnte sich, dort angekommen, auf das Fensterbrett und ließ, während sie einige Augenblicke in dieser Stellung
verweilte, eine Abhörwanze in eine Holzritze fallen.
Draußen empfing sie der Anblick einer ihr bereits vertrauten Gasse; sie blickte durch eines der Fenster im Erdgeschoss des Gebäudes, an denen sie heute Morgen vorbeigejoggt war. Sie konnte den Müllcontainer sehen, hinter dem sie sich versteckt hatte und der nun einen großen viereckigen Schatten auf den abschüssigen Streifen mit Büschen und Unkraut warf. Etwas weiter rechts befand sich die Treppe, die hinab zu der Kellertür führte; dorthin hatten die beiden geheimnisvollen Männer mit dem Lieferwagen in aller Herrgottsfrühe ihr merkwürdiges Paket gebracht.
Wenn ich irgendwie ein Stockwerk tiefer käme, ging ihr durch den Kopf, könnte ich mich womöglich genau bis zu dem Eingang vorarbeiten, durch den der eine Typ heute Morgen hereingekommen ist. Vielleicht liegt dort sogar noch dieses Paket herum.
Sie stieß sich von dem Fensterbrett ab, schaute sich ein wenig verloren um und öffnete dann die nächstgelegene Tür. Wie sie gehofft hatte, befand sich auf der anderen Seite eine Treppe.
Sydneys Herzschlag hämmerte mit doppeltem Tempo, während sie die Stufen hinabstieg, nicht ohne auf halber Strecke eine weitere Kamera zu deponieren. Mittlerweile hatte sie sich ziemlich weit vom Umkleidezimmer entfernt, und mit jedem weiteren Schritt wurde die Sache riskanter. Noahs immer noch auf Französisch daherplaudernde Stimme wurde nun für sie zu einer Art Rettungsanker. Sie hatte es längst aufgegeben, dahinter kommen zu wollen, was genau er da eigentlich erzählte, doch sein ruhiger, gleichmäßiger
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