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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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fasste, als wäre er dort plötzlich verletzt worden. Auch Renard sah zu Rugg – er war abgelenkt –, und Tom sprang mit dem ausgestreckten, umwickelten Arm vor. Er musste sich von Renard treffen lassen, musste das Messer mit dem Kleiderbündel abfangen und Renard dann ins Wasser stoßen. Würde ihn schon nicht umbringen, wenn er noch mal ein wenig aufgeschlitzt wurde.
    Renard täuschte an, dann traf er mit einem Rückhandstoß Toms verbundene Hand. Der Schmerz schoss Tom in den Arm, Tränen traten ihm in die Augen, während er Renard mit der linken Hand im Gesicht traf. Renard wich zurück. »Scheißkerl!«
    »Muss schon verdammt hart sein« – Tom täuschte links an, aber Renard ging darauf nicht ein –, »gegen jemanden anzutreten, der sich nur mit einer Hand verteidigen kann.«
    Renard umkreiste ihn. »Wenn ich mit dir fertig bin, hast du überhaupt keine Hand mehr.«
    Tom hob den umwickelten rechten Arm, er wollte versuchen, damit Renards Messer abzublocken, und die Angelegenheit zu Ende bringen.
    »Rugg hat sich ’ne Kugel eingefangen«, sagte Tom. Renard sah zu dem großen Mann, und in diesem Moment schleuderte Tom Renard das Jackett ins Gesicht und zielte mit der linken Handkante auf dessen Hals, traf ihn aber nur hoch an der Brust. Renard fiel nach hinten, ließ das Messer durch die Luft streichen, das kaum drei Zentimeter an Toms Wange vorbeischnitt. Tom trat vor und schlug Renard mit der rechten Faust gegen den Hals. Es war, als würde ihm ein Nagel in die Hand getrieben. Renard röchelte, schlug wild mit dem Messer um sich, während Tom sich wegduckte und zu einem Football-Tackling ansetzte – und dabei auf den nassen Planken ausrutschte und zu Boden krachte. Kurz verschwamm ihm alles vor Augen, und dann sah er Rugg, zwanzig Meter entfernt, der wie ein von Bienen umschwärmter Bär den Kopf hin und her schüttelte. Hörte ihn in Richtung des dunklen Unterholzes fluchen, und dann sah er etwas aufblitzen und erkannte den Umriss eines gut gekleideten Mannes, der etwas nach Rugg warf. Renard kam geduckt auf ihn zu, Tom trat mit dem Fuß nach ihm, traf nichts Festes, aber das metallische Klappern sagte ihm, dass er Renard das Messer aus der Hand geschlagen hatte.
    Er biss die Zähne zusammen. Nun würden sie ja sehen, wer die Oberhand behielt.
    Er rollte sich weg, und aus dem Nichts stürzte sich Audrey auf Renard. Sie kreischte und krallte sich mit starrem Blick in dessen Gesicht fest und stach mit den Absätzen ihrer Schuhe, die sie wie einen Totschläger gepackt hielt, auf Renards Nacken ein. Er grunzte, holte mit dem Arm aus und schüttelte sie ab. Sie fiel gegen das Geländer und rutschte auf den Planken weg. Tom packte Renard am Bein, zog und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Renard taumelte an ihm vorbei und stürzte sich auf das Messer. Tom rollte sich nach hinten weg, spürte im Rücken das Geländer, wollte mit dem Arm das Messer abfangen und mit den Beinen Renard in den Kanal stoßen. Aber Renard war verschwunden. Tom war mit Audrey allein auf der Brücke. Durchnässt, zitternd kniete sie sich neben ihn. Sie sagte etwas, das kaum zu verstehen war.
    »Sind Sie verletzt?«, sagte er. »Sind Sie verletzt, Audrey?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich hab den Mann gesehen. Er ist Ihnen gefolgt. Ich bin Ihnen gefolgt … Sie bluten.«
    Er sagte, es sei alles in Ordnung, und sie begann zu weinen. Er nahm sie in die Arme und hielt über ihr zerzaustes schwarzes Haar hinweg nach Rugg und Renard Ausschau. Vier Männer, die durch ihre Schreie aufgescheucht worden waren, näherten sich ihnen.
    »Ziehen Sie die Schuhe an«, sagte er. »Und verhalten Sie sich ruhig. Es ist höchste Zeit, dass wir abhauen.«
    Sie fasste nach dem Schuh, der neben ihr lag und mit dessen Absatz sie auf Renard eingeschlagen hatte. »Da ist Blut …«
    »Ziehen Sie ihn an, Liebes. Gehen wir.«
    »Den anderen hab ich verloren.« Sie weinte. »Er ist in den Kanal gefallen.«
    »Wir müssen los, Audrey.«
    »Ich hab den Mann gesehen – ich dachte, Sie brauchen mich.«
    »Er treibt sich noch immer hier irgendwo rum. Ich brauch Sie noch immer.« Tom griff sich sein Jackett und stand auf.
    »Gehen wir.«
    Er zog Audrey auf die Beine. Sie war so leicht wie eine Feder. Ohne Absätze reichte sie ihm kaum bis zum Kinn. Sie war auf Renard losgegangen, hatte ihn angespuckt und angefaucht und ihm dabei kaum einen Kratzer zugefügt, aber das spielte keine Rolle. Vielleicht war Renard abgehauen, weil er das Messer verloren hatte, vielleicht,

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