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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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sondern die Hyde Road. »Sie schneidet den Regent’s Canal?«
    »Fast, Tommy.« Sie nahm die Schuhe entgegen und schlüpfte hinein. »Zu klein. Könnte ich vielleicht noch die Schuhe mit den Keilabsätzen im Schaufenster sehen?«
    »Sie passen wunderbar«, sagte er.
    »Sie drücken. Ich brauche …«
    »Sie passen.« Tom drückte der Frau einige Geldscheine in die Hand. »Gehen wir.«
     
    Die Hyde Road lief südlich des Kanals auf einer großen Kreuzung mit drei weiteren Straßen zusammen und endete in einer Brücke. Sie berührte den Kanal nicht, aber man hätte vom Bürgersteig einen Stein hineinwerfen können und ihn aufplatschen gehört. Was hatte Inch wirklich mitbekommen? Dass Earl vom Regent’s Canal gesprochen hatte … und von Hyde. Hyde Park, Hyde Street, Hyde Road. Das war’s. Bis dahin, und nicht weiter.
    Er gab dem Taxifahrer einen Extra-Schein. »Bringen Sie die Dame nach Hause.«
    »Unsinn!«, sagte Audrey. »Natürlich komme ich mit.«
    »Mir wäre es lieber …«
    »Tommy!«
    Er half ihr beim Aussteigen und tat so, als wäre er darüber nicht sonderlich erfreut.
    Zumindest in einer Hinsicht hatte Inch Recht: Ihre Stimmungen hielten nie lange an. Eine Prügelei im Park und ein Gewaltmarsch durch Camden Town, und sie hatte sich nicht darüber beschwert, noch nicht einmal, als sie am Kanal die Umgebung absuchten und ihre neuen Schuhe sie drückten. Sie folgte ihm, während er von Tür zu Tür ging, milderte sein harsches Auftreten bei den nervösen Ladenbesitzern und Lagerarbeitern – was alles umsonst war, bis sie mit einer Frau mittleren Alters sprachen, die vor einem Friseurgeschäft eine Zigarette rauchte.
    Sie betrachtete das Foto von Earl und sagte: »Hab ihn nicht gesehen, jammerschade.«
    »Hilft uns auch nicht weiter«, sagte Tom.
    »Ihr junger Mann hier«, sagte die Frau zu Audrey, »würde gut daran tun, auf seine Manieren zu achten.«
    »Sie müssen ihn schon entschuldigen, aber seine Mutter, die Ärmste, sie macht sich ja solche Sorgen um ihn.«
    »So? Nun … es ist also Ihr Bruder, sagen Sie?« Die Frau unterzog das Foto einer näheren Betrachtung. »Nein, ich hab ihn nicht gesehen. Ihre Mutter, die arme Frau. Ich hab auch schon zwei verloren, und zwei weitere sind noch im Krieg.«
    Audrey sprach ihr Beileid aus.
    »Einer in Norwegen«, sagte sie. »Der andere zehn Straßenzüge von hier entfernt. War noch keine vierzehn – wollte Pilot werden. Das wollen sie ja alle, nicht wahr?«
    »Die Infanterie mag keiner«, sagte Tom. Die Frau sah ihn lange an. »Wir leben in harten Zeiten. Was bleibt uns anderes übrig, als weiterzumachen …« Ihre dichten Wimpern blinzelten die Tränen fort. »Jedenfalls bin ich froh, dass ich so nah am Wasser wohne. Ich mag das Geräusch, auch wenn’s nur der Grand Union ist mit seinem Schilf und seinem Dreck.«
    »Der was?«, sagte Tom.
    »Der Dreck, mein Lieber.«
    »Der Grand Union? Das hier ist gar nicht der Regent’s Canal?«
    »Das ist jetzt der Grand Union«, sagte die Frau. »Wird schon seit zehn Jahren nicht mehr Regent’s genannt.«
    »Ich dachte, Grand Union ist ein Bahnhof.« Was hatte Highcastle gesagt, als Tom ihm zum ersten Mal begegnet war?
    »… haben zwei Aushilfsfeuerwehrleute am Grand Union, hinter den Ställen, seltsame Geräusche gehört. «Der Kreis hatte sich geschlossen. Hyde Road und Grand Union, Earl und Sondegger. »Ställe. Wo sind hier Ställe?«
    »Gibt’s hier nicht«, sagte die Frau. »Gibt’s hier nirgends.«
    »Es muss sie geben.«
    Sie sagte, es gebe sie nicht, und er zog Audrey mit sich fort.
    »Norwegen«, sagte die Frau hinter ihnen. »So weit von zu Hause weg.«
     
    Harriet konnte das leere Haus am Shepherd Market nicht ertragen, noch nicht einmal ihren Garten. Also kehrte sie ins Büro zurück – dort wartete schließlich Arbeit auf sie. Mittlerweile verstand sie das ALBANS-Memorandum. Der Agent hieß Sondegger, und wenn er das Doppelspiel-System hochgehen ließ, würden auch ihre Mädchen sterben.
    Sie setzte sich an ihren Schreibtisch, ohne Mr. Uphill Bescheid zu sagen. Die Tür zu seinem Büro war geschlossen, und sie genoss die Zeit, die sie für sich hatte. Sie öffnete die oberste Schublade und betrachtete Renards Plaidmantel. Sie musste ihren Vater zur Rede stellen. Morgen würde sie mit ihm sprechen. Der heutige Tag war schon lang genug gewesen, und dabei war er noch nicht mal zur Hälfte vorüber. Oh, Tommy …
    »Mrs. Wall«, sprach Mr. Uphill sie an. »Hab Sie gar nicht kommen

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