Alibi
erinnern dürften, im Gartenhaus auflas.»
Er hielt mir einen kleinen Federkiel entgegen. Ich betrachtete ihn neugierig. Dann dämmerte in meiner Erinnerung etwas auf, was ich gelesen hatte. Ich glaubte mich zu entsinnen, dass solche Federkiele irgendwie mit Rauschgift zusammenhingen.
Poirot, der mich betrachtete, nickte.
«Ja, Kokain. – Manche Kokainsüchtigen benutzen solche Federn beim Schnupfen des Pulvers. Diese Art, Be täubungsmittel zu nehmen ist jenseits des großen Teiches sehr beliebt. Also noch ein Beweis, falls nötig, dass der Mann aus Kanada oder den Staaten kam.»
«Wie wurde eigentlich Ihre Aufmerksamkeit auf das Gartenhaus gelenkt?», fragte ich neugierig.
«Mein Freund, der Inspektor, nahm es als selbstve r ständlich an, dass jeder, der zum Haus ging, diesen Pfad als den kürzeren gewählt hätte. Aber auch jeder, der vom Haus zum Gartenhaus wollte, würde sicher diesen Weg eingeschlagen haben. Da nun der Fremde weder am Haupt- noch am Hintereingang gesehen wurde, kann man beinahe mit Sicherheit annehmen, dass er von irgend jemand im Hause erwartet wurde, der ihm entgegeng e gangen sein muss. Welcher Platz eignet sich aber besser für ein heimliches Zusammentreffen als jenes kleine Ga r tenhaus? Aus dieser Überlegung heraus durchsuchte ich das Innere und – fand dort eine Feder und ein Stückchen Batist.»
«Und was besagt das Stückchen Stoff?»
Poirot zog die Brauen in die Höhe.
«Sie strengen Ihre kleinen grauen Zellen nicht an», bemerkte er trocken. «Das Stückchen Batist sagt doch viel …»
«Aber mir nicht», rief ich ungeduldig und wechselte das Thema.
«Also, Ihrer Meinung nach begab sich der Unbekannte zum Gartenhaus, um dort mit jemandem zusammenz u treffen … Mit wem aber?»
«Das ist die Frage. Sie werden sich erinnern, dass Mrs. Ackroyd und ihre Tochter aus Kanada herüberkamen …»
«Darauf spielten Sie wohl heute an, als Sie mit uns allen auch die beiden bezichtigten, die Wahrheit zu verheiml i chen?»
«Vielleicht. Aber jetzt noch etwas anderes. Was halten Sie von der Erzählung der Zofe?»
«Welcher Erzählung?»
«Der Geschichte von ihrer Kündigung. Ist eine halbstündige Auseinandersetzung nötig, um ein Dienstmädchen zu entlassen?
War die Geschichte jener wichtigen Papiere glaubhaft? Und erinnern Sie sich: Obwohl sie angibt, die Zeit von halb zehn Uhr an in ihrem Zimmer verbracht zu haben, gab es niemanden, der diese Behauptung bestätigt hätte.»
«Die Sache wird immer verwickelter.»
«Für mich immer klarer. Aber verraten Sie mir jetzt Ihre Gedanken und Ansichten.»
Ich zog ein Papier aus meiner Tasche.
«Ich habe nur Vermutungen notiert», sagte ich entschuldigend.
«Ausgezeichnet! Sie haben Methode. Lassen Sie hören.»
Ich las ein wenig verlegen vor.
«Vor allem muss man die Dinge logisch betrachten …»
«Genau wie mein armer Hastings immer sagte», unterbrach Poirot.
«‹Erstens: Um halb zehn Uhr hörte man Mr. Ackroyd mit jemandem sprechen.
Zweitens: Zu irgendeiner Zeit an jenem Abend muss Ralph Paton durch jenes Fenster eingestiegen sein, was durch seine Fußspuren erwiesen scheint.
Drittens: Mr. Ackroyd war an jenem Abend unruhig und würde nur jemand eingelassen haben, den er kannte.
Viertens: Die Person, die um 9.30 Uhr bei Mr. Ackroyd war, bat um Geld. Und wir wissen, dass Ralph Paton sich in Geldverlegenheit befand.›
Diese vier Punkte beweisen, dass Ralph Paton mit dem Mann identisch ist, der um halb zehn bei Mr. Ackroyd war. Da wir aber auch wissen, dass Mr. Ackroyd noch um drei viertel zehn lebte, hat nicht Ralph ihn getötet. Ralph ließ das Fenster offen. Der Mörder stieg dann auf diesem Wege ein.»
«Und wer war der Mörder?» fragte Poirot.
«Der Amerikaner. Er war vielleicht mit Parker im Bunde, und möglicherweise haben wir in Parker den Mann gefunden, der die Erpressung an Mrs. Ferrars verübte. War es so, so musste Parker genug gehört haben, und der Amerikaner verübte dann das Verbrechen mit dem Dolch, den ihm Parker ausgehändigt hatte.»
«Auch eine Möglichkeit», gab Poirot zu. «Ihre grauen Zellen haben zweifellos Qualität. Doch vieles bleibt noch ungelöst.»
«Was zum Beispiel?»
«Der Anruf, der vorgerückte Lehnstuhl …»
«Scheint Ihnen wirklich dieser letzte Punkt so wichtig?»
«Vielleicht nicht», gab mein Freund zu. «Er mag zufällig vorgezogen worden sein, und Raymond oder Blunt haben ihn vielleicht unbewusst, in der Erregung des Augenblicks, zurückgerückt. Und dann die
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