Alicia II
Lebens hinuntertreiben, auf seiner sanfte Wellen schlagenden Oberfläche fortschwimmen. Natürlich benahm ich mich nicht so trottelhaft. Obwohl ich zu schnell ging, die Stufen zu hastig nahm, erledigte ich die Arbeit ohne tänzerische Anmut und mit sachlicher Tüchtigkeit. Mein mit Absorber-Wissen gefülltes Gehirn dachte nicht mehr, es funktionierte bloß noch.
Vielmehr es funktionierte, bis ich um eine Ecke bog und den anderen Schatten sah oder vielleicht den gleichen, den wir eben erst in den Besenschrank gestopft hatten. Er stand in meinem Weg, hielt Stacy fest und drückte eine Waffe gegen Stacys Hals. Die Waffe kam mir als die größte Pistole vor, die ich je gesehen hatte, massig, mit verschwommenen Umrissen.
Ich konnte meine Augen nicht darauf konzentrieren.
»Bleiben Sie stehen, wo Sie sind«, sagte der Mann zu mir. Ich hatte nicht daran gedacht, irgend etwas anderes zu tun. Sein Gesicht hatte den Ausdruck erschreckender Stupidität angenommen.
»Ich kann mir nicht vorstellen, welche Gemeinheit ihr vorhabt«, sagte er. »Aber was es auch sein mag, dies ist das Ende davon.«
Im Geist rechnete ich nach, wie groß der Teil meiner Aufgabe war, den ich erledigt hatte. Wohl das meiste, schätzte ich. Wenn die giftige Substanz so gut arbeitete, wie Ben behauptete, mochte ich genug Mikronium verstreut haben, um mehr als die Hälfte der schlafenden Seelen im gesamten Lagerraum zu vernichten. Ich konnte es mir leisten, selbstzufrieden vor unserm Feind zu erscheinen.
»Wir verpassen die Besichtigung«, sagte ich. »Vielleicht sollten wir zurückkehren. Ich wollte gern die Forschungslaboratorien sehen.«
Meine Leichtfertigkeit ärgerte den Mann, und er versuchte, seine Waffe tiefer in Stacys Hals zu bohren. Zwei Arbeiter waren im Rücken unseres Schattens stehengeblieben und sahen schweigend zu. Die gedämpfte Beleuchtung des Raums schien sich zu ändern, alles schien trüber zu werden. Unser Angreifer wußte es nicht, aber der Tod war rings um ihn, schwamm an uns vorbei, wuchs von Minute zu Minute, multiplizierte sich.
»Sie haben genug gesehen, Geraghty. Jetzt sind wir an der Reihe, uns mit Ihnen und Ihrem Freund hier zu befassen.«
»Ich bin überzeugt, Sie werden uns bis zum letzten Tropfen ausquetschen. Aber wir sind bereit, freiwillig mit Ihnen zu kommen. Warum gehen Sie nicht etwas lockerer an die Sache heran, vor allem mit dieser Pistole?«
Er bewegte die Waffe ein wenig, und in Stacys Wangen kehrte die Farbe zurück. Ich nahm mir vor, den Mann noch mehr zu verwirren, und sagte zu Stacy: »Wie weit bist du gekommen, Stacy?«
»Weit genug.«
»Gut.«
Dieser dunkle Austausch ärgerte den Mann, wie ich erwartet hatte, aber statt uns Fragen zu stellen, stieß er Stacy vor sich her.
»Gehen wir«, sagte er und führte uns über einen langen Gang zu einem anderen Ausgang. Stacy und ich gingen schweigend Seite an Seite. Unser Feind folgte uns und erinnerte uns ein paarmal daran, daß er die Waffe auf uns gerichtet hielt.
An dem neuen Ausgang fiel mir sofort das Schema seiner Laser-Barriere ein. Es freute mich richtig, wie unser Absorber-Wissen an jeder Station zur Stelle war, auch wenn es gerade nicht gebraucht wurde. Unser Wächter befahl uns, zur Seite zu treten. Er zog einen Schlüssel hervor und steckte ihn in das Schloß, das die Laser-Barriere abstellen würde. Bevor er ihn drehte, winkte er Stacy und mich vor sich.
»Wir haben nur dreißig Sekunden, um die Barriere ungefährdet zu durchqueren. Also kommen Sie nicht auf dumme Gedanken, oder Sie werden ebenfalls sterben. Okay, Geraghty, Sie gehen als erster. Ihr Freund wird Ihnen auf den Fersen folgen, und ich komme nach ihm, diese Pistole auf seinen Rücken gerichtet. Versuchen Sie es mit einem Trick, und Sie werden tot sein. Okay.«
Er drehte seinen Schlüssel. Ich konnte das schwache Klicken hören, mit dem das Laser-System sich abschaltete.
»Vorwärts, marsch!« rief der Mann.
Ich betrat den Durchgang. Bevor mir klar wurde, was geschah, traf mich ein Fußtritt und schickte mich zu Boden.
Ich drehte mich um und sah hoch, und da merkte ich, daß der Tritt von Stacy gekommen war. Jetzt rang er mit dem Mann.
Ich stand auf und wollte ihm zu Hilfe eilen.
»Nein!« brüllte er. »Mach, daß du auf die andere Seite kommst!«
Ich zögerte einen Augenblick, dann wandte ich mich von ihm ab und rannte vorwärts. Als ich das andere Ende des Durchgangs erreichte und in den sicheren Korridor sprang, hörte ich das Klicken, mit dem das System sich
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