Alicia
scharf die Luft ein, als sie das Blut an seinem Hinterkopf sah, wo ein Pfeil ihn gestreift hatte. Sie hörte schon die Verfolger, hatte keine Zeit zum Nachdenken. Der Waldboden war mit vertrockneten Blättern bedeckt. Da kam ihr eine Idee.
Sacht führte sie das Pferd von Stephen weg. Sie durfte nicht riskieren, das Tier mit einem Peitschenhieb anzutreiben. So nahm sie ihre Brosche und stach das Tier mit der Nadel in die Hinterbacke. Sogleich galoppierte es von ihr weg. Sie rannte zu Stephen zurück, ließ sich auf Hände und Knie fallen und schob ihn an einen umgestürzten Baum. Dann bedeckte sie ihn mit vertrockneten Blättern. Das Plaid in den Farben des Herbstlaubs Tamte ihn vorzüglich. Sie legte sich neben ihn und grub sich ebenfalls in die Blätter ein.
Sekunden später war sie von stampfenden, wütenden Männern umgeben. Sie drückte Stephen an sich und hielt ihm den Mund zu, falls er aus seiner Ohnmacht erwachte.
»Verdammnis über sie! «
Sie hielt die Luft an. Daveys Stimme würde sie überall wiedererkennen.
»Sie hatte schon immer sieben Leben wie eine Katze! Die werde ich ihr alle der Reihe nach nehmen«, fügte er heftig hinzu. »Und diesen Engländer, den sie zum Mann hat! Ich werde König Heinrich zeigen, daß die Schotten Schottland regieren! «
»Dort ist ihr Pferd! « rief eine andere Stimme.
»Los! « befahl Davey, »sie kann nicht weit gekommen sein! «
Es dauerte lange, ehe sich Alicia von ihrer Betäubung erholt hatte. Sie hoffte, daß ihre Männer jeden Moment zu ihrer Rettung herbeieilen würden. Doch als sich nach einer Stunde immer noch nichts regte, gab sie die Hoffnung auf.
Es war bereits dunkle Nacht, als Stephen stöhnend erwachte.
Er starrte zu ihr hinauf. Im Mondlicht wirkten seine Augen wie Silber. Sie beugte sich besorgt über ihn. »Wer bin ich? « hauchte sie leise.
Sein Gesicht war ernst, als denke er angestrengt nach.
»Ein blauäugiger Engel, der mein Leben gleichzeitig zum Paradies und zur Hölle macht. «
Sie stöhnte vor Empörung: »Du bist unglücklicherweise immer noch der gleiche. «
Stephen brachte ein klägliches Grinsen zustande und versuchte, sich aufzusetzen. Er hob eine Braue, als Alicia einen Arm um seinen Brustkorb schob, um ihn zu stützen. »Sind die Neuigkeiten so schlimm? « fragte er und rieb sich mit den Fingern die Schläfe.
»Was meinst du damit? « fragte sie mißtrauisch.
»Wenn du mir helfen willst, müssen die Neuigkeiten schlimmer sein, als ich ahnte. «
Sie wurde steif. »Ich hätte dich nicht mit Blättern zudecken, sondern sie auf deine Fährte führen sollen. «
»Mein Kopf bringt mich um. Ich fühle mich nicht zum Streiten aufgelegt. Und was, beim Satan, habt Ihr mit meinem Rücken gemacht? Ihn mit Stahlstiften gespickt? «
»Ihr fielt vom Pferd«, sagte sie nicht ohne Genugtuung. »Doch sollte ich wohl lieber beim Anfang beginnen. «
»Ihr erwieset mir einen großen Gefallen, wenn Ihr das tätet«, sagte er, sich mit einer Hand den Kopf, mit der anderen den Rücken reibend.
Sie berichtete ihm so kurz und bündig wie möglich von Daveys Plan, Stephen zu kidnappen.
»Und du warst zweifellos mit seinem Plan einverstanden«, sagte er böse.
»Natürlich nicht! «
»Aber wenn du mich losgeworden wärst, hätten sich doch deine Probleme von selbst gelöst. Ich verstehe gar nicht, warum du dich weigertest, mitzumachen. «
»Ich weiß es auch nicht«, sagte sie leise.
»Seine Argumente waren logisch, und der Plan ausgezeichnet. «
»Ich weiß es nicht! « Sie senkte den Kopf. »Vielleicht habe ich ihm nicht ganz getraut. Als wir uns hier unter dem Laub versteckten, hörte ich ihn sagen… er wollte uns beide töten. «
»Das dachte ich mir. «
»Wie konntest du! «
Er berührte eine Locke an ihrer Schläfe. »Eine reine Vermutung, die mir kam, als ich die Pfeile zählte, die auf dich gezielt waren. Und dann die Taktik, uns von unserer Begleitung zu trennen. Das hat dich sehr mitgenommen, wie? «
Ihr Kopf ruckte hoch. »Was würdest du sagen, wenn einer deiner Brüder eben versuchte, dich umzubringen? «
Sogar in der Dunkelheit vermochte sie zu erkennen, wie sein Gesicht erblaßte. Seine Augen waren starr vor Entsetzen. »Eine unmögliche Vorstellung«, murmelte er. Er sah sich um. »Wo sind wir? «
»Ich habe keine Ahnung. «
»Was ist mit unseren Männern? Sind die in der Nähe? «
»Woher soll ich das wissen? Ich bin nur eine Frau, weiß nichts von der Taktik der Männer. «
»Alicia! « sagte er warnend.
»Ich
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